Parley P. Pratt – Eine Stimme der Warnung (1837)

(7. deutsche Auflage, 1923)

7. Auflage

Parley Parker Pratt war einer der bekanntesten Persönlichkeiten der mormonischen Gründungsperiode. Ursprünglich war er in Ohio Campbellite unter der Führung Sidney Rigdons, als er mit 23 Jahren das Buch Mormon kennenlernte. Im September 1830 wurde er getauft und zum Ältesten ordiniert. Er nahm großen Einfluss auf die Entwicklung der Kirchenlehre und hat an zahlreichen Veröffentlichungen mitgewirkt.

Dieses Buch, in dem er den Glauben und die Lehren der Kirche vorstellt, erschien erstmals 1837. Es wurde mehrmals überarbeitet, wie man z. B. an einem Einschub erkennen kann, der von seinem Bruder Orson – ebenfalls einer der zwölf Apostel – 1840 in Großbritannien veröffentlicht wurde (siehe Seite 70). Zweifellos muss diese Präsentation als eine offizielle Darstellung der (damaligen) Kirchenlehre anerkannt werden. In deutscher Sprache erschien das Buch erstmals 1853 als Herausgabe der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ und erlebte mehrere Auflagen.

Der Inhalt des Buches erlaubt einen Einblick in die Ansichten und Lehren, wie sie in den Anfängen dieser Religion vorherrschten, wovon viele bis in die heutige Zeit hinein überdauert haben. Es gibt Antworten auf die Frage nach der Art der Auslegung von Bibel und Buch Mormon. Es zeigt auch deutlich, auf welche Weise 4. Auflage in damaliger Zeit gegen andersgläubige Menschen argumentiert wurde. Es legt die einfachen Denkstrukturen offen, die insbesondere die Verweise auf die geschichtlichen Wissenschaften charakterisieren, zum Beispiel der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Archäologie.

Das Vorwort enthält folgende Sätze: „Und sollte der Verfasser sein Leben für die Sache der Wahrheit opfern müssen . . . Dieses ist in Erfüllung gegangen; er hat sein Leben für die Sache der Wahrheit opfern müssen, indem er am 14. Mai 1857 auf ruchlose Weise ermordet wurde.“ Im Jahr 1999 veröffentlichte Deseret News, ein Verlag der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Salt Lake City, einen Artikel über das Mountain Meadows Massaker, bei dem 120 begüterte Männer, Frauen und Kinder aus Arkansas auf der Durchreise nach Kalifornien von Kirchenmitgliedern im heutigen Süd-Utah ermordet wurden. Darin wurde auf den Mord an Parley P. Pratt wie folgt eingegangen: „Pratt, ein Mitglied des Rates der Zwölf Apostel und ein sehr beliebter Führer, wurde in Arkansas nach dem Freispruch in einem Rechtsstreit erschossen. Viele Mitglieder der HLT-Kirche konnten kaum einen Unterschied zwischen diesem und dem Mord am Propheten der HLT-Kirche Joseph Smith erkennen.“ Sollte diese Aussage als Rechtfertigung für den (seit dem 11. September 2001) drittgrößten Terroranschlag in der Geschichte der Vereinigten Staaten dienen? Da von Seiten der HLT-Kirche der angesprochene Mord am Verfasser des Buches kaum erwähnt wird, soll hier noch kurz darauf eingegangen werden.

Der Tod von Parley P. Pratt

PPPratt Diese Darstellung des Todes von Parley Parker Pratt wurde von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage immer wieder veröffentlich. Einige Beispiele: „Wir möchten noch erwähnen, daß Apostel Parley P. Pratt im Jahre 1857 auf der Reise von St. Louis nach Arkansas von blutdürstigen Feinden kaltblütig ermordet wurde, nachdem er als letzte Tat im Kampf für die Wahrheit auf dieser Welt versucht hatte, unschuldige Menschen von ihren wilden Verfolgern zu befreien.“ (Der Stern, 1924, Nr. 22, S. 354.) „Parley P. Pratt war ein Mitglied der Zwölf Apostel in dieser Dispensation und wurde im Jahre 1857 von fanatischen Feinden der Kirche ermordet, und zwar in dem heutigen Staat Arkansas.“ (Der Stern, 1949, Nr. 12, S. 380.)

Pratt war, so will es die offizielle Geschichtsschreibung der HLT-Kirche, auf einer Missionsreise in den Oststaaten unterwegs. Eines Tages musste er sich in Missouri wegen Mordes vor Gericht verantworten. Pratt war der ranghöchste Mormone beim Battle of Crooked River zwischen den mormonischen Danitern und der Miliz von Missouri am 25. Oktober 1838. Er soll dabei als Scharfschütze einen Missourier getötet und einen weiteren schwer verletzt haben. Als die Daniter sahen, dass ihr Anführer Apostel David W. Patten, Codename „Fear Not“, der die Kampfhandlungen mit den Worten „Vorwärts, Männer, macht sie nieder!“ eingeleitet hatte, gefallen war, fielen sie über den verwundeten und hilflosen Milizionär Samuel Tarwater her und verstümmelten ihn, indem sie ihm mit dem Schwert dem Mund aufschlitzten, dabei den Unterkiefer brachen und die Zähne heraus schlugen, und seine Wangen abschnitten. Die Daniter ließen von ihm ab, da sie ihn tot wähnten, doch er überlebte. Tarwater reichte Klage gegen Pratt wegen versuchten Mordes ein. Es konnten aber offenbar keine ausreichenden Beweise für Pratts unmittelbare Beteiligung beigebracht werden, so dass er dafür nicht schuldig gesprochen werden konnte. So reiste Pratt weiter nach Van Buren, Arkansas. Entscheidend ist nun, was ihn nach Crawford County führte.

Pratts zwölfte und letzte Frau hieß Eleanore McLean. Sie kam aus Arkansas und zog zu Pratts anderen Frauen nach Utah. Eleanore war aber noch verheiratet, und ihr gesetzlicher Ehemann Hector McLean erlaubte es nicht, dass sie auch die Kinder mit sich nähme, damit diese nicht in einem polygamen Haushalt aufwachsen müssten. Eines Tages signalisierte Hector, dass seine Frau Eleanore die Kinder doch haben könne. Pratt wollte nun die Kinder holen, doch McLean nutzte seine Einwilligung nur als Vorwand, um des unrechtmäßigen Ehemanns seiner Frau habhaft zu werden. In der Auseinandersetzung schoss der eifersüchtige McLean am 13. Mai 1857 auf Pratt am Rande eines Feldes nördlich von Van Buren, Arkansas, wo dieser hilflos verblutete.

Wir sehen keinen Mob und keine blutdürstigen Feinde, sondern nur einen eifersüchtigen Ehemann; kein Sterben im Kampf für die Sache der Wahrheit, sondern im Streit um eine Frau. Ein ruchloser Mord? Trotz der scheinbaren Tötungsabsicht wissen wir zu wenig über den genauen Hergang, als dass dies tatsächlich für einen Streit zwischen zwei Personen entschieden werden könnte. Aber wir sehen, wie geschönt die HLT-Geschichtsschreibung hierbei wirklich ist. Im Hinblick auf seine in diesem Buch enthaltene mehrmalige Versicherung, als Apostel des Herrn Offenbarung und Inspiration zu erhalten, muss festgehalten werden, dass Pratt keine Offenbarung über die beabsichtigte Tötung erhielt.

Das Buch selbst bringt die von den damaligen Mitgliedern an den Tag gelegte Polemik gegen Menschen anderen Glaubens, insbesondere gegen deren Geistliche, zum Ausdruck. Meines Erachtens ist es deshalb nicht verwunderlich, dass sich die Einstellung der Nachbarn gegenüber den „Heiligen“ stark polarisierte. In heutiger Zeit ist dieses Freund-Feind-Denken oft schwer nachzuvollziehen, doch hierfür steht dieses Buch als Zeitzeuge. Ich habe es hier allen zugänglich gemacht, damit sich jeder eine eigene Meinung darüber bilden kann.


Inhaltsverzeichnis.
Seite
Vorwort .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   . 3
1. Kapitel. Etliche, schon in Erfüllung gegangene Prophezeiungen 5
2. Kapitel. Noch unerfüllte Prophezeiungen   .   .   .   .   .   .   .   . 27
– Das tausendjährige Reich
– Zeichen der Wiederkunft Christi
3. Kapitel. Das Reich Gottes  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   . 48
– Das Reich Christi in der „Mitte der Zeiten“
– Wie wird man Bürger des Reiches Gottes?
– Vollmacht zum Amt
– Andersgläubige Prediger und Pastoren ohne Vollmacht
– Gaben und Ämter des Reiches
4. Kapitel.
 
Das Buch Mormon, Ursprung der amerikanischen In-
   dianer usw.    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .
 
66
5. Kapitel.
 
Die Auferstehung der Heiligen und die Wiederherstellung
   aller Dinge, von denen die Propheten gesprochen haben
 
92
6. Kapitel.
 
Wie verfährt Gott mit allen Völkern in Bezug auf Offen-
   barungen? .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .
 
120
7. Kapitel.
 
Der Unterschied zwischen der Lehre Christi und den
   falschen Lehren des 20. Jahrhunderts .   .   .   .   .   .
 
127


Das gesamte Buch hat in der 7. Auflage 136 Seiten (420 KByte). Um es in seiner originalen Aufmachung zu betrachten, müssen die richtigen Schriftarten auf Deinem Rechner installiert sein und ein moderner Browser mit Stylesheet-Unterstützung verwendet werden (beste Anzeige unter Netscape). Hinweise zur altdeutschen Schrift findest Du hier.

In dieser Auflage haben sich zwei Fehler eingeschlichen, die in anderen Auflagen des Werkes nicht vorkommen. Auf Seite 27 – Ende des 1. Kapitels – ist ihnen nicht „der Schein der Gottlosigkeit“, sondern „der Schein der Gottseligkeit geblieben“. Auf Seite 48 – Anfang des 3. Kapitels – wurde ein „nicht“ beim Ratschlag über die Nachforschungen und deren Folgen vergessen. Ein Versehen sind sicherlich auch die Ersetzungen von „Stuhle Gottes“ durch „Strome Gottes“ auf Seite 43 und von „Pfeilen“ durch „Pistolen“ auf Seite 70.

Ein Vergleich zwischen der 4. und der überarbeiteten 7. Auflage hat auch Unterschiede an den Tag gebracht, die nicht durch eine Anpassung der Übersetzung an die modernere Sprache zu erklären sind, teils aber recht einfach durch die Entwicklung und Verfeinerung der Kirchenlehre. Diese sollen hier nur unkommentiert nebeneinandergestellt werden, die Abweichungen wurden kursiv hervorgehoben. Besondere Beachtung sollte den Veränderungen auf den Seiten 78/75 und 90/87 geschenkt werden.

4. Auflage (1901) 7. Auflage (1923)
Seite 26: von Moses mit der ganzen Klarheit vorhergesagt worden ist, welche die Geschichte vergangener Ereignisse bezeichnet, und dies Alles Tausende von Jahren vor ihrer Erfüllung. Seite 25: von Moses mit einer Klarheit prophezeit, welche die Geschichte der Vergangenheit charakterisiert.
Seite 44: Alle Thäler sollen erhöhet werden, und alle Berge und Hügel sollen geniedrigt werden; und was ungleich ist, soll eben und was höckericht ist, soll verebnet werden; Dornen und Disteln soll man nicht mehr finden Seite 42: Alle Täler sollen erhöhet und alle Berge und Hügel erniedrigt werden; was ungleich und höckericht ist, soll geebnet, die trockene Wüste fruchtbar gemacht werden; Dornen und Disteln soll man nicht mehr finden
Seite 59: Nachdem wir diese Entdeckung gemacht haben, so wollen wir weiter das Wachstum jenes Königreichs unter den Juden und Heiden untersuchen, und welches seine Früchte, Gaben und Segnungen waren, die seine Brüder genossen. Seite 57: Nachdem wir diese Entdeckung gemacht haben, so wollen wir weiter das Wachstum jenes Königreichs unter den Juden und Heiden untersuchen und sehen, welches seine Früchte, Gaben und Segnungen waren, die seine Bürger genossen.
Seite 78: Er untersuchte sie, konnte sie aber nicht entziffern; doch war er der Meinung, daß wenn er die Original-Urkunden hätte, er bei der Übersetzung behülflich sein könnte. Seite 75: Er untersuchte sie, erklärte sie für echt und deren Übersetzung, soweit er imstande sei zu entscheiden, als richtig.
Seite 90: und beim Graben eines andern Brunnens wurde auf derselben Stelle 94 Fuß unter der Erde noch ein Stumpf gefunden, der unverkennbare Spuren von Axtschlägen an sich trug. Seite 87: und beim Graben eines andern Brunnens wurde auf derselben Stelle 30 m unter der Erde noch ein Stumpf gefunden, der unverkennbare Spuren von Axtschlägen an sich trug. Auf diesem erschienen die Zeichen eines scheinbaren, von Rost zerfressenen Handwerkzeuges.
Seite 100: und es reuete Gott, daß er den Menschen gemacht hatte Seite 96: und es reuete Noah, daß Gott den Menschen erschaffen hatte
Seite 111: Dies erklärt eben die in der Schrift so oft wiederholte Verheißung: „Mein Knecht Daniel soll ewiglich ihr Fürst sein;“ in der That giebt dasselbe Kapitel ihnen die Verheißung, daß sein Knecht Daniel aufstehen und ihr Fürst, und der Herr ihr König sein wird; während alle Lebendigen und Todten wiederhergestellt und ein Volk werden in dem Lande, auf den Bergen Israel; indeß Daniel hervorkommt und als ihr Fürst und Schäfer ewiglich über sie regiert; und Jesus, der Herr, als der König der Könige, und der Herr der Herren in Herrlichkeit auf dem Berge Zion, in Jerusalem, und vor seinen Alten regiert. Seite 106: Dies erklärt eben die in der Schrift so oft wiederholte Verheißung: „Mein Knecht David soll ewiglich ihr Fürst sein“; in der Tat gibt dasselbe Kapitel ihnen die Verheißung, daß sein Knecht David auferstehen und ihr Fürst und der Herr ihr König sein wird, während alle Lebendigen und Toten wiederhergestellt und ein Volk im Lande und auf den Bergen Israels sein werden; indes David als ihr ewig herrschender Fürst und Herrscher hervorkommen und Jesus, der Herr, als König der Könige und Herr der Herren in Herrlichkeit auf dem Berge Zion, in Jerusalem und vor seinen Alten regieren wird.
Seite 126: höre ich, wie das Klagelied des Indianers in seinen heimathlichen Wäldern wiederhallt. Seite 120: höre ich das Klagelied des Indianers in seinen heimatlichen Wäldern widerhallen:
O großer Geist der Väter! Hör' das Rufen
Der roten Männer, die sich flehend suchen.
Schwer war dein Geißeln, matt ist unser Sinn,
Wann bannest du den Zorn, wann deinen Grimm?
Wann wird der Weißen Gier erschlaffen
Und unsern Überrest in Frieden lassen?
Treibt uns das Schicksal nach dem fernen Strand,
Dort zu erlöschen, aller Hoffnung fremd?
Erbarmen! Großer Geist, wir bitten Gnade,
Die längst verborg'ne Wahrheit offenbare,
Erhör' dein Volk, laß es nicht ganz verderben,
Das Reich des Friedens sende bald auf Erden!


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