Parley P. Pratt – Eine Stimme der Warnung (1837)

(7. deutsche Auflage, 1923)

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und alles verwirrte Lärmen verging, und die Erde hielt wieder
zusammen, daß sie fest stand, und das Trauern und Weinen und
Wehklagen des Volkes, welches vom Tode verschont war, hörte
auf, und seine Trauer verwandelte sich in Freude und sein Weh-
klagen in Lob- und Dankgesänge zu dem Herrn Jesum Christum,
seinem Erlöser. Nun waren die Schriften, welche von den Pro-
pheten geredet worden, soweit erfüllt.“
Hier ist nun ein Bericht, der klar und bestimmt angibt, wie
und wann die amerikanischen Altertümer begraben wurden; wie
die Baumstämme 25 bis 30 m unter die Erde kamen; wie ganze
Städte versanken und verschüttet wurden; wie Berge verschwanden
und Täler entstanden; wie die Felsen sich spalteten und wie die
ganze Oberfläche des Festlandes eine Veränderung und Umge-
staltung erlitt. Wir schließen, indem wir zu allen Völkern sagen:
Wenn ihr über die Altertümer Amerikas, über
geschichtliche Punkte, Weissagen oder Lehren von
der höchsten Wichtigkeit Belehrung haben wollt,
so leset sorgfältig das Buch Mormon
.
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Kapitel 5.
Die Auferstehung der Heiligen und die Wiederherstellung aller
Dinge, von denen die Propheten gesprochen haben.
Dies ist einer der wichtigsten Gegenstände, worüber der
menschliche Geist Betrachtungen anstellen kann, der jedoch vielleicht
gegenwärtig so wenig verstanden wird, wie irgendeine andre der
verschleierten Prophezeiungen. Doch, wie vernachlässigt er auch
jetzt sein mag, einst war er das Fundament des Glaubens, der
Hoffnung und Freude der Heiligen. Alle ihre Bewegungen
wurden von einer richtigen Kenntnis dieses Gegenstandes und
von einem starken Glauben daran beeinflußt. Ihrem Geiste
einmal eingeprägt, konnten sie nicht von ihren Plänen abwendig
gemacht werden; ihr Glaube war fest, ihre Freude war beständig
und ihre Hoffnung wie ein Anker für die Seele, sicher und fest,
der bis hinter den Schleier der Zukunft ging. Dadurch konnten
sie mitten in Trübsal, Verfolgung, Schwert und Flammen freudig
sein; und wenn sie dieses vor Augen hatten, so ließen sie sich
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freudig ihrer Habe berauben und wanderten fröhlich als Fremde
und Pilgrime auf der Erde. Denn sie suchten ein Land, eine
Stadt und eine Erbschaft, an die nur ein Heiliger jemals dachte,
sie verstand oder auch auf sie hoffte.
Wir können niemals genau verstehen, was eine Wieder-
bringung bedeutet, wenn wir darunter nicht etwas Verlorenes
oder Weggenommenes verstehen; wenn wir uns zum Beispiel er-
bieten, jemand etwas wiederzubringen, so hat er dasselbe einst
besessen, dann verloren, und wir beabsichtigen, es wieder zu ersetzen
oder ihn wieder in Besitz dessen zu setzen, was er einst besaß.
Wenn daher ein Prophet von der Wiederbringung aller Dinge
spricht, so meint er, daß alle Dinge eine Veränderung erlitten
haben und wieder zu ihrer ursprünglichen Ordnung, wie sie zuerst
bestand, gebracht werden sollen.
Alsdann müssen wir zuerst die Schöpfung betrachten, wie
sie in Reinheit aus der Hand ihres Schöpfers hervorging; und
wenn wir den wahren Zustand, in dem sie damals hervorging,
entdecken, und wissen, welche Veränderungen seitdem stattgefunden
haben, alsdann werden wir auch verstehen können, was wieder-
gebracht werden soll; und auf diese Weise werden wir vorbereitet
sein, gerade das zu erwarten, was kommen wird, und nicht Gefahr
laufen, unsern schwachen Arm aus Unwissenheit gegen die Dinge
Gottes zu erheben.
Wir wollen zuerst die Erde in bezug auf ihre Oberfläche,
örtliche Lage und Erzeugnisse betrachten.
Als Gott Himmel und Erde erschaffen und das Licht von
der Finsternis geschieden hatte, so gebot er zunächst dem Wasser
(1. Buch Mose 1, 9): „Und Gott sprach: Es sammle sich das
Wasser unter dem Himmel an besondre Örter, daß man das
Trockene sehe. Und es geschah also“; oder, wie es nach dem
Englischen heißt: „Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser
unter dem Himmel an einem Orte, daß man das Trockene sehe.
Und es geschah also.“ Daraus erfahren wir eine wunderbare
Tatsache, an die sehr wenige in dieser finstern Zeit jemals gedacht
oder geglaubt haben; wir erfahren, daß das Wasser, das jetzt
in Meere und Seen geteilt ist, damals in ein großes Meer ge-
sammelt war; und folglich, daß das Land, das jetzt auseinander-
gerissen und in Kontinente und in fast unzählige Inseln geteilt
ist, damals ein großes Festland bildete; und nicht, wie jetzt,
getrennt war.
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Zweitens hören wir, daß Gott, der Herr, die Erde, so wie
alles übrige, für gut hält. Daraus erfahren wir, daß es weder
Wüsten, unfruchtbare stellen, stehende Sümpfe, rauhe, holperige
Hügel noch hohe, mit ewigem Schnee bedeckte Berge gab; und
kein Teil derselben lag in der kalten Zone, so daß sein Klima
traurig und unfruchtbar oder unaufhörlicher Kälte und ewigen
Eisfeldern unterworfen war.
Wo keine Blume ziert das öde Land,
Noch reiche Ernten Gott hat hingesandt.
Doch war wahrscheinlich die ganze Erde eine ungeheuere
Ebene oder hatte hie und da sanft auf steigende Hügel oder Täler,
die sich allmählich abdachten und gut zum Anbau waren; indes
ihr Klima eine angenehme Abwechslung von mäßiger Hitze und
Kälte, Nässe und Trockenheit hatte, die nur dazu diente, die ver-
schiedenen Jahreszeiten mit einer größern Mannigfaltigkeit von
Erzeugnissen, alle zum Besten der Menschen, Tiere, Vögel oder
des Gewürms zu krönen; während jedes Lüftchen süße Gerüche
aus der mit Blumen angefüllten Ebene oder dem gewürzreichen
Haine brachte; und die ganze weite Schöpfung atmete nichts als
Gesundheit, Frieden und Freude.
Dann lesen wir im 1. Buche Moses 1, 29, 30: „Und Gott
sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben allerlei Kraut, das sich
besamet auf der ganzen Erde; und allerlei fruchtbare Bäume,
und Bäume, die sich besamen, zu eurer Speise; und allem Tier
auf Erden, und allen Vögeln unter dem Himmel, und allem
Gewürme das da lebet auf Erden, daß sie allerlei grün Kraut
essen; und es geschah also.“ Aus diesen Versen geht hervor,
daß die Erde weder ekelhafte Gräser oder giftige Pflanzen noch
unnütze Dornen und Disteln hervorbrachte; in der Tat alles, was
wuchs, war bestimmt zum Besten der Menschen, der Tiere, der
Vögel und Gewürme; und ihre ganze Nahrung bestand in Pflan-
zen; Fleisch und Blut wurden niemals geopfert, um ihre Seelen
zu sättigen oder ihren Appetit zu befriedigen; die Tiere der Erde
lebten in vollkommener Eintracht miteinander; der Löwe aß Stroh
wie der Ochse – der Wolf wohnte bei dem Lamme – der Pardel
lag bei dem Böcklein – die Kuh und der Bär weideten zusammen
von derselben Weide, während ihre Jungen in vollkommener
Sicherheit unter dem Schatten eines Baumes beieinander lagen;
überall war Friede und Eintracht, und nichts schadete noch verdarb
auf dem heiligen Berge.
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Um das Ganze zu krönen, sehen wir, wie der Mensch nach
dem Bilde Gottes geschaffen und zu Würde und Macht erhoben
wurde und über die weite Schöpfung lebender Wesen herrschte,
von denen die Erde wimmelte, indes er zu gleicher Zeit einen
schönen und gut bewässerten Garten bewohnte, in dessen Mitte
sich der Baum des Lebens befand, zu dem er freien Zugang hatte;
während er vor seinem Schöpfer stand, mit ihm von Angesicht
zu Angesicht sprach und auf seine Herrlichkeit blickte, ohne daß ein
verdunkelnder Schleier dazwischen lag. O Leser, betrachte nur
einen Augenblick diese schöne Schöpfung, in der Frieden und Fülle
herrschen; die Erde, die von unschädlichen Tieren wimmelte, die
fröhlich waren über die ganze Ebene; die Luft, in der sich un-
zählige Schwärme reizender Vögel wiegten, wurde durch deren
unaufhörlichen Gesang mit den mannigfaltigsten Melodien ange-
füllt; wie alles seinen rechtmäßigen Herrscher, der Freude dar-
über empfand, untertan war; während in einem reizenden Garten
– dem Kapitol der Schöpfung – der Mensch auf dem Throne
dieses ungeheueren Reiches saß und sein Zepter mit unbestrittenem
Rechte über die ganze Erde schwang; während sich Legionen von
Engeln rund um ihn lagerten und mit ihren fröhlichen Stimmen
in Dank- und Lobgesänge und Freudengeschrei einstimmten: weder
Ächzen noch Seufzen wurde in dem unermeßlichen Raume ge-
hört; weder gab es Tränen, Schmerz, Weinen, Krankheit oder
Tod; noch Streit, Kriege und Blutvergießen; sondern Friede
krönte die Jahreszeiten, wie sie kamen und gingen, und Leben,
Freude und Liebe herrschten über alle seine Werke. Doch, ach!
wie hat sich alles verändert.
Es ist meine schmerzliche Pflicht, einige der wichtigen Ver-
änderungen, die stattgefunden haben, in Erwägung zu ziehen und
auch die Ursachen anzugeben, durch welche die Erde und ihre
Bewohner in ihre gegenwärtige Lage gekommen sind.
Zuerst fiel der Mensch von Gott ab, weil er auf die Ver-
suchung achtete. Dieser Fall äußerte seine Wirkung sowohl auf die
ganze Schöpfung als auch auf den Menschen, so daß verschiedene
Veränderungen eintraten. Der Mensch wurde aus der Gegenwart
seines Schöpfers verbannt, und ein Schleier wurde zwischen ihnen
gezogen. Er wurde aus dem Garten Eden getrieben, um so das
Land zu bebauen, welches um seinetwillen verflucht wurde, Dornen
und Disteln zu tragen: im Schweiß seines Angesichts sollte er
sein Brot essen, mit Kummer sollte er sich darauf nähren sein
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Leben lang und endlich wieder zu Erde werden. Was aber Eva
anbetrifft, so sollte der Fluch ihr viel Sorgen verursachen, mit
Schmerzen sollte sie ihre Kinder gebären, und zwischen ihrem
Samen und dem Samen der Schlange sollte eine beständige
Feindschaft bestehen; er sollte den Kopf der Schlange zertreten
und die Schlange ihn in die Fersen stechen.
Nun, Leser, betrachte die Veränderung. Die kurz vorher so
herzliche Szene war jetzt die Wohnung der Sorge, Mühe, des
Todes und der Trauer geworden; die Erde ächzt unter der Last
des Fluches und der Dornen und Disteln; Menschen und Tiere
leben in Feindschaft; listig kriecht die Schlange auf der Seite, weil
sie fürchtet, ihr Kopf möchte zertreten werden; der Mensch erschrickt
auf dem dornigen Pfade, aus Furcht, von den Zähnen der Schlange
in seine Ferse gebissen zu werden, während das Lamm sein Blut
auf dem Rauchaltar hingibt. Bald fangen die Menschen an, ein-
ander zu verfolgen, zu hassen und zu morden, bis zuletzt die Erde
voll Frevels wurde und alles Fleisch verdirbt. Die Mächte der
Finsternis beherrschen alles; und es reuete Noah, daß Gott den
Menschen erschaffen hatte, und es bekümmerte ihn in seinem
Herzen, daß er kommen sollte, zu richten und die Erde mit Wasser
zu reinigen. Wieviel nun die Sintflut zu den verschiedenen
Veränderungen, welche die Erde in einzelne Stücke, Inseln, Kon-
tinente, Berge und Täler teilte, beigetragen hat, können wir nicht
sagen; die Veränderung muß beträchtlich gewesen sein. Bald nach
der Sintflut, in den Tagen Pelegs, wurde die Erde geteilt.
Siehe das 1. Buch Moses 10, 25, worin freilich nur eine kurze
Geschichte von einem so großartigen Ereignisse enthalten ist, die
aber doch die großartige Umwälzung erklären wird, wodurch das
Meer aus seinem Bette im Norden trat und sich zwischen ver-
schiedene Teile der Erde legte, dies so auseinandergerissen wurde
und so eine Gestalt bekam, die der jetzigen ähnlich war. Dies
und die Erdbeben, Umwälzungen, Erschütterungen, die seitdem
stattgefunden, haben der Erde ihre jetzige Gestalt gegeben; indes
der große Fluch, der wegen der Gottlosigkeit der Menschen auf
verschiedene Teile der Erde gefallen, die Ursache der verschiedenen
Sümpfe, Seen, toten Meere und großen Wüsten ist. Siehe, was
die Propheten über Babylon weissagten, es sollte ewig wüste sein,
ein Aufenthaltsort wilder Tiere, unreiner und häßlicher Vögel,
ein Ort für Eulen werden; nie sollten Menschen da wohnen,
sondern es sollte wüste liegen von Geschlecht zu Geschlecht. Siehe
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auch, wie die Ebenen von Sodom voller Städte und blühender,
gut bewässerter Gärten waren, und welche Veränderung jetzt
mit ihnen vorgegangen ist; ein ungeheures Meer stehenden
Wassers bezeichnet allein noch die Stelle. Blicke auf das Land
Palästina; zur Zeit Salomons konnte es Millionen Menschen
ernähren und außerdem wurde noch viel Getreide und andre
Erzeugnisse in die benachbarten Länder ausgeführt; wogegen es
jetzt eine Wüste ist; so daß kaum einige elende Bewohner darauf
leben können. Und wenn ich einen Blick auf unser eigenes Land
werfe und die zahllosen Sümpfe, Seen und stehenden Gewässer
und die ungeheuren Berge und unzähligen rauhen Plätze sehe, und
wie Felsen mitten auseinandergespalten und -gerissen worden
sind, so rufe ich aus: Wodurch geschah dieses?
Im Buche Mormon lese ich, daß, als Christus von den
Juden gekreuzigt wurde, dieses ganze amerikanische Festland in
seinen Grundfesten bebte, so daß viele Städte versanken und Wasser
an ihre Stelle trat; daß Felsen gespalten und Berge bis zu einer
außerordentlichen Höhe auseinandergerissen wurden; aus andern
Bergen bildeten sich Täler; ebene Straßen wurden verdorben; so
daß die ganze Oberfläche des Landes eine andere Gestalt erhielt.
– Dann rufe ich aus: Diese Sachen sind nicht länger mehr ein
Geheimnis; ich kann mir jetzt die vielen Wunder erklären, die ich
überall in unserm Lande erblicke; wenn ich am Rande der Felsen
hingehe und sehe, wie sie alle auseinandergespalten und zerrissen
worden sind, während noch ungeheure Stücke tief in der Erde
wenige Fuß von der Stelle gefunden werden, von wo sie los-
gerissen wurden; dann rufe ich vor Erstaunen aus: Dies waren
die Seufzer, die zuckenden Schmerzen der mit dem Tod ringenden
Natur, als der Sohn Gottes am Kreuze litt!
Doch die Menschen sind entartet und haben sich ebensosehr
verändert wie die Erde. Die Sünden, Greuel und vielen schlechten
Sitten der spätern Zeitalter haben das Elend, die Mühseligkeiten
und Leiden des menschlichen Lebens noch vermehrt. Trägheit,
Ausschweifungen, Stolz, Geiz, Trunkenheit und andre Greuel,
welche die letzten Zeiten kennzeichnen, haben die Menschen in
das tiefste Elend und die tiefste Erniedrigung gebracht; indes
Pfaffentum und falsche Lehren sehr dazu beigetragen haben, die
Menschen einzuschläfern, in welchem Zustande sie niemals im-
stande sein werden, die Kenntnisse und Errungenschaften, derer
sich die Alten erfreuten, zu erreichen, und die allein imstande
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sind, die geistigen Kräfte des Menschen zu heben, schöne und
edle Gefühle einzupflanzen und den Geist bis zu der äußersten
Grenze seiner Fassungskraft mit Kenntnissen zu bereichern. Siehe,
wie die Alten mit dem großen Jehova redeten, von Engeln und
durch den Heiligen Geist belehrt wurden, indem sie Träume in
der Nacht und Gesichte am Tage hatten, bis zuletzt der Schleier
von ihren Augen gefallen war und sie mit Verwunderung auf die
ganze Vergangenheit und Zukunft blickten; ja, wie sie sich im
Geiste sogar bis zu den unzähligen Welten erhoben, während der
ungeheure Raum der Ewigkeit offen vor ihnen lag und sie die
wunderbaren Werke des großen Schöpfers betrachten konnten, bis
sie erkannten, wie sie erkannt wurden.
Vergleiche diese Intelligenz mit der geringen, oberflächlichen
Kenntnis der jetzigen Erziehung und Weltklugheit, die dem be-
schränkten menschlichen Geiste unsrer Zeit zu genügen scheint;
ja, betrachte den engherzigen, berechnenden, wuchernden, übervor-
teilenden, geizigen, falschen Schmeichler des neunzehnten Jahr-
hunderts, der nur auf die Vermehrung seiner irdischen Güter oder
seinen Nachbar zu übervorteilen bedacht ist, dessen ganzer Gottes-
dienst und religiöse Pflichten darin bestehen, die Kirche zu be-
suchen, den Pastor zu besolden und seinen Gott anzurufen, ohne
zu erwarten, erhört zu werden, denn seinem Glauben gemäß
ist Gott seit vielen Jahrhunderten taub oder, wie er selbst, völlig
stumpfsinnig und gleichgültig.
Nachdem nun dieser Gegensatz erkannt worden ist, wirst du
dir vorstellen können, von welcher hohen Stufe der Erhabenheit
und Würde der Mensch gefallen ist, und wie unendlich tief er jetzt
unter seiner früheren Herrlichkeit und Würde lebt. Dein Herz
wird bluten und sich grämen, ihn in seinem elenden Zustande
zu sehen und zu denken, daß er dein Bruder ist; und voller Er-
staunen wirst du ausrufen: „O Mensch! wie bist du gefallen!
einst warst du der Liebling des Himmels; dein Schöpfer hatte
Freude daran, mit dir zu reden, Engel und die Geister ge-
rechter, vollkommener Menschen waren deine Gefährten; aber jetzt
bist du gesunken und stehst auf einer Stufe mit den Tieren; ja,
noch weit unter ihnen, denn sie blicken mit Schrecken und Ent-
setzen auf deine nichtigen Vergnügungen, Spiele und deine
Trunkenheit und geben oft ein würdiges Beispiel zur Nach-
ahmung. Deshalb sagte der Apostel Paulus zu dir: ’Aber sie
sind wie die unvernünftigen Tiere, die von Natur dazu geboren
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sind, daß sie gefangen und geschlachtet werden.‘“ Und so kommst
du um, von einem Geschlecht zum andern; indes die ganze Schöp-
fung unter ihrer Besudelung seufzt und Sorge und Tod, Trauer
und Seufzer das Maß der Tage des Menschen voll machen. Doch,
o meine Seele, verweile nicht länger bei diesem fürchterlichen
Schauspiel; es genüge, einigermaßen das Verlorene entdeckt zu
haben. Wir wollen jetzt unsre Aufmerksamkeit auf das richten, was
nach den Worten des Propheten wiedergebracht werden wird.
Als der Apostel Petrus zu den Juden predigte, sprach er:
„Und er wird senden den, der euch zuvor gepredigt wurde,
Jesum Christum, welchen die Himmel einnehmen müssen, bis
auf die Zeit, da wiedergebracht werde alles, was Gott geredet
durch den Mund aller seiner heiligen Propheten, von der
Welt an.“
Aus dem Obigen geht hervor, daß die Augen aller heiligen
Propheten von Adam an auf einen gewissen Zeitpunkt gerichtet
waren, wo alle Dinge ihre ursprüngliche Schönheit und Vortreff-
lichkeit erlangen werden. Wir erfahren auch, daß die Wieder-
bringung bei der zweiten Zukunft Christi oder wenigstens nahe
dieser Zeit stattfinden wird; denn er muß den Himmel bis zur
Wiederherstellung aller Dinge einnehmen, alsdann wird ihn der
Vater wieder auf die Erde senden.
Wir wollen jetzt weiter gehen und sehen, was Jesaias sagt
in 40. Kapitel, vom 1. bis 5. Vers: „Tröstet, tröstet mein Volk,
spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und prediget
ihr, daß ihre Ritterschaft ein Ende hat, denn ihre Missetat ist
vergeben; denn sie hat Zweifältiges empfangen von der Hand
des Herrn um alle ihre Sünde. Es ist eine Stimme des Pre-
digers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg, machet auf
dem Gefilde eine ebene Bahn unserm Gott. Alle Täler sollen
erhöht werden und alle Hügel sollen geniedrigt werden; und
was ungleich ist, soll eben, und was höckericht ist, soll schlicht
werden; denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden;
und alles Fleisch miteinander wird es sehen, denn des Herrn
Mund hat es geredet.“
Aus diesen Versen ersehen wir, daß eine Stimme in der
Wüste gehört werden wird, um dem Herrn den Weg zu bereiten,
zur Zeit, wann Jerusalem von den Heiden lange genug unter die
Füße getreten sein wird, um Zweifältiges zu empfangen von der
Hand des Herrn, um alle ihre Sünde, ja, wenn die Ritterschaft
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von Jerusalem ein Ende hat, und ihre Missetat vergeben ist;
dann soll dies verkündigt werden, wie es vorher von Johannes
geschah, ja, eine zweite Verkündigung; um dem Herrn den Weg
zu bereiten für seine zweite Zukunft, und zu jener Zeit sollen alle
Täler erhöhet und alle Hügel und Berge geniedriget werden;
und was ungleich ist, soll eben, und was höckericht ist, soll schlicht
werden; denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbar werden;
und alles Fleisch miteinander wird es sehen, denn der Mund
des Herrn hat es gesprochen.
So sehen wir, daß, nachdem alle Berge erniedrigt und alle
Täler erhöhet sein werden, und was ungleich war, eben, und was
höckericht war, schlicht sein wird, diese großartigen Umwälzungen
anfangen werden, der Erde ihre frühere Schönheit wiederzugeben.
Nach allen diesen Ereignissen hat doch noch nicht unsre Wieder-
bringung stattgefunden; um alle Dinge wiederzubringen, müssen
noch weit größere Dinge geschehen.
Zunächst wenden wir uns zu dem 35. Kapitel des Jesaia,
wo wir wieder von der zweiten Zukunft des Herrn lesen, und von
den großen wundern, die dabei geschehen werden. Das dürre
Land wird an Teichen und Quellen reich sein, und es wird Gras
wachsen und blühen wie die Lilien, und dies alles wird geschehen,
wann Gott kommt zur Rache und zur Vergeltung, was auf seine
zweite Zukunft hindeutet; und zu derselben Zeit wird Israel nach
Zion kommen mit Jauchzen, ewige Freude wird über ihrem
Haupte sein, und Schmerz und Seufzen wird weichen müssen.
Hier sehen wir nun, wie der Fluch von der Wüste genommen ist,
und sie ein fruchtbares, gutbewässertes Land wird. Wir wollen
jetzt untersuchen, ob die Inseln wieder zu den Festlanden kommen
werden, von denen sie einst geschieden wurden. Wegen dieser
Sache verweisen wir auf die Offenbarung 6, 14: „Und alle Berge
und Inseln wurden bewegt aus ihren Örtern.“ Daraus ersehen
wir, daß sie irgendwohin bewegt wurden; und da es Zeit ist,
wiederzubringen, was verloren gewesen ist, so werden sie folglich
wiederkommen und sich mit dem Lande vereinigen, von dem sie
gekommen sind.
Dann Jesaia 13, 13–14: „Die Erde soll beben von ihrer
Stätte, und sie soll sein wie ein verscheuchtes Reh und wie eine
Herde ohne Hirten.“ Auch Jesaia 62, 4: „Man soll dich nicht
mehr die Verlassene noch dein Land eine Verwüstung heißen; son-
dern du sollst ’Meine Luft an ihr‘ und dein Land ’Lieber Buhle‘
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heißen; denn der Herr hat Luft an dir, und dein Land hat einen
lieben Buhlen.“
Zuerst sehen wir, daß die Erde zittert wie ein verscheucht
Reh; und dann, daß sie einen lieben Buhlen hat. Und aus allen
den verschiedenen Schriftstellen erfahren wir, daß die Festlande
und Inseln eins werden sollen, wie es am Morgen der Schöpfung
war, und das Meer wird zurückgehen und sich an seinen Ort
sammeln, wo es vorher war; und alles dies wird geschehen
während der großartigen Erschütterung der Natur, zur Zeit der
Zukunft des Herrn.

Nun sieh! der Ölberg auseinandergeht;
Indessen er, der Herr, hoch oben steht
Die Inseln fliehn gehorsam auf sein Wort,
Indes das große Meer er drängt nach Nord!
Die Erde wie zuerst er stellt nun her,
Er gibt ihr jeden Segen, kein Fluch ist mehr.

Sobald die Erde wieder zu ihrem früheren heiligen Zustande
sein wird, die Berge geebnet, die Täler erhöhet und die ungleichen
Stellen eben, die Wüsten fruchtbar gemacht, und alle Festlande
und Inseln beisammen sein werden, und der Fluch weggenommen
sein wird, so daß sie nicht mehr schädliche Kräuter, Dornen und
Disteln hervorbringen kann, dann muß zunächst die Tierwelt ge-
ordnet und wieder in ihren früheren Zustand des Friedens und
der Herrlichkeit gebracht werden, so daß alle Feindschaft von der
Erde verschwindet. Doch dieses kann nicht eher geschehen, bis
eine allgemeine Zerstörung die Menschen heimsucht, welche die
Erde ganz reinigen und alles Gottlose von ihr entfernen wird.
Dies wird durch den Stab seines Mundes und durch den Odem
seiner Lippen geschehen; oder mit andern Worten durch Feuer,
das sich ebenso über die ganze Erde ausdehnen wird wie die
Sintflut. Jesaia 11, 3. 4. 6–9: „Er wird nicht richten, nach
dem seine Augen sehen; noch strafen, nach dem seine Ohren hören.
Sondern mit Gerechtigkeit richten die Armen, und mit Gericht
strafen die Elenden im Lande; und wird mit dem Stabe seines
Mundes die Erde schlagen und mit dem Odem seiner Lippen den
Gottlosen töten. Die Wölfe werden bei den Lämmern wohnen
und die Pardel bei den Böcken liegen. Ein kleiner Knabe wird
Kälber und junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben.
Kühe und Bären werden an der Weide gehen, daß ihre Jungen
beieinander liegen; und Löwen werden Stroh essen wie die
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Ochsen. Und ein Säugling wird seine Lust haben am Loch der
Otter, und ein Entwöhnter wird seine Hand stecken in die Höhle
des Basilisken. Man wird nirgend Schaden tun noch verderben
auf meinem heiligen Berg; denn das Land ist voll Erkenntnis
des Herrn, wie Wasser das Meer bedeckt.“
Nachdem nun die Erde so gereinigt, mit der Erkenntnis
Gottes verherrlicht, wie Wasser das Meer bedeckt, und sein Geist
auf alles Fleisch ausgegossen ist, so daß Menschen und Tiere voll-
kommen harmlos sind, so wie sie es im Anfange waren, und nur
von Pflanzen leben, während nichts in der ganzen ungeheuren
Schöpfung schadet, noch verdirbt, dann geben uns die Propheten
noch viele andre herrliche Beschreibungen von den Genüssen ihrer
Bewohner.
„Sie werden Häuser bauen und bewohnen; sie werden Wein-
berge pflanzen und derselbigen Früchte essen. Sie sollen nicht
bauen, das ein andrer bewohne; und nicht pflanzen, das ein
andrer esse. Denn die Tage meines Volkes werden sein wie
die Tage eines Baumes; und das Werk ihrer Hände wird alt
werden bei meinen Auserwählten. Sie sollen nicht umsonst
arbeiten, noch unzeitige Geburt gebären; denn sie sind der Same
der Gesegneten des Herrn, und ihre Nachkommen mit ihnen. Und
soll geschehen, ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch
reden, will ich hören.“ In diesem glücklichen Zustande werden,
wie es scheint, alle bis zum vollen Alter eines Baumes leben,
und das dazu noch ohne Schmerz oder Sorge, und auf alle ihre
Fragen wird sogleich geantwortet werden, ja, noch ehe sie sprechen,
wird er ihnen antworten. Natürlich wird dann niemand im
Staube schlafen, denn sie werden es vorziehen, verwandelt, das
heißt in einem Augenblick aus einem sterblichen Wesen ein un-
sterbliches zu werden; darauf werden sie mit Jesu beständig auf
der Erde regieren.
So sind wir nun den Propheten durch die verschiedenen
Szenen gefolgt, die zusammen die Erde und ihre Bewohner wieder
in jenen Zustand der Vollkommenheit bringen werden, in dem sie
sich früher befanden; und in dem sie während des großen Sabbats
der Schöpfung sein werden. Nachdem wir alles gesehen haben,
was den Lebendigen wiedergegeben wird, wollen wir jetzt nach
denen fragen, die im Staube schlafen; um jedoch genau zu wissen,
wie ihre Auferstehung sein wird, müssen wir zunächst die Einzel-
heiten in betreff der Auferstehung Jesu kennen, denn er war ein
–   103   –

genaues Vorbild, nach welchem alle seine Heiligen auferstehen
werden.
Zuerst erinnern wir uns, daß er Fleisch, Blut, Knochen hatte,
wie jeder andre Mensch, und auch ebenso dem Hunger, Durst,
Schmerz, der Müdigkeit, Krankheit und dem Tode ausgesetzt war,
wie jeder andre Mensch; nur mit dem Unterschiede, daß er mehr
ertragen konnte als irgendein andrer menschlicher Körper. Zwei-
tens, daß derselbe Leib am Kreuze hing, durch Nägel zerrissen, die
durch seine Hände und Füße hindurchgeschlagen waren, und daß
man mit einem Speer in seine Seite gestoßen hatte, woraus
Wasser und Blut floß. Drittens, daß derselbe Körper, der ganz
leblos war und sorgfältig wie jeder andre Leichnam herabgenom-
men wurde, ohne daß ein Knochen gebrochen war, und sorgfältig
in Leinen gehüllt und ihn ein Grab gelegt wurde, wo er bis zum
dritten Tage blieb; als sehr frühe die Frauen zum Grabe kamen
und auch seine Hühner, sahen sie die leinenen Tücher allein liegen,
und das Schweißtuch, das Jesu sorgfältig um das Haupt gebunden
war, beiseits eingewickelt, an einem besonderen Ort; doch der Leich-
nam, der da gelegen hatte, war verschwunden. Aus allen diesen
Umständen ersehen wir, daß dasselbe Fleisch und Bein, das in
das Grab gelegt wurde, sein Leben wirklich wieder erhielt, auf-
erstand und die Leinentücher, die nicht mehr nötig waren, beiseite
lagen. – Jesus Christus kam als Sieger hervor aus den Woh-
nungen der Toten und hatte denselben Leib, der von einem Weibe
geboren und von den Juden gekreuzigt worden war; doch kein
Blut floß in seinen Adern, denn Blut war das natürliche Leben,
welches dem Tode unterworfen worden war, und ein Mensch, der
wieder Fleisch und Blut bekommen hätte, würde sterblich und mit-
hin wieder dem Tod unterworfen sein, was aber mit unserm
Heiland nicht der Fall war; obgleich er Fleisch und Bein hatte
nach seiner Auferstehung, denn als er seinen Jüngern erschien
und sie sich fürchteten, weil sie ihn für einen Geist hielten, so
sagte er, um ihnen ihren Irrtum zu beweisen: „Fühlet mich an
und sehet! Denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr
sehet, das ich habe.“ Und als er etwas zu essen verlangte, so
gaben sie ihm ein Stück gebratenen Fisches und Honigseim, und
er aß es. Thomas wurde sogar nachher aufgefordert, seinen
Finger in die Nägelmale an seinen Händen und Füßen und seine
Hand in seine Seite zu legen, woraus offenbar hervorging, daß
er nicht nur denselben Leib besaß, sondern daß auch dieselben
–   104   –

Male blieben, um sie zu zeigen als ein Zeugnis, und auch bleiben
werden, bis er wiederkommt, wo alsdann die Juden ihn, den
sie durchstochen haben, ansehen und fragen werden: „Was bedeuten
diese Male an deinen Händen und Füßen?“
O ihr hartherzigen, gottlosen Menschenkinder; eure Augen
werden bald den schauen, der wegen eurer Sünden gekreuzigt
wurde! dann werdet ihr sehen, daß die Auferstehung der Toten
eine Wirklichkeit ist; ja, daß man sie mit den Händen anrühren
kann und daß die Ewigkeit weder ein Reich der Schatten noch
eine Welt der Hirngespinste ist, wie einige der Meinung sind.
Unter andern Dingen, die Jesus nach seiner Auferstehung
verrichtete, finden wir ihn bei der niedrigen Verrichtung, Fische zu
braten und seinen Jüngern sagen: „Kommet und haltet das Mahl.“
O, welche Einfachheit, welche Liebe, welche Herablassung! Wundere
dich, o Himmel! und erstaune, o Erde! Sieh, der Erlöser, ob-
gleich mit Unsterblichkeit bekleidet, sitzt mit seinen Brüdern an
einem Kohlenfeuer unter freiem Himmel und nimmt bescheiden
an einem Mahle von Fischen teil, das von seinen Händen bereitet
ist. O ihr Großen der Erde, die ihr im Überflusse schwelgt!
O ihr Priester, die ihrer mit Ehren, Titeln, Würden, Reichtümern
und mit dem Glanze der Welt beladen seid, hier ist eine Lehre
für euch, die euch erröten machen wird; rühmt euch nicht mehr,
daß ihr Nachfolger des sanftmütigen und demütigen Jesu seid!
Doch wir kehren zur Auferstehung zurück. Nachdem nun
bewiesen worden ist, daß unser Heiland mit demselben gekreu-
zigten Körper von den Toten auferstand, Fleisch und Bein hatte
und mit seinen Jüngern aß und trank, so ist damit der Gegen-
stand der Auferstehung der Heiligen für immer zum Abschluß
gebracht. Wenn jedoch noch ein andrer Beweis nötig wäre, so
finden wir in einer schon angeführten Prophezeiung Hiobs, daß,
obschon Würmer seinen Leib zerstören würden, sein Erlöser in den
letzten Tagen auf der Erde sein und er ihn im Fleische sehen
würde. Sehnen und Haut wie jetzt haben werde, der ganze
Körper unsterblich, um nie mehr Verderbnisse zu sehen, bekleidet
mit einem für die Unsterblichkeit passenden weißen Gewand aus
schöner Leinwand. Deshalb sagte der Apostel: „Im Himmel haben
wir eine dauerhaftere Substanz“ (keinen Schatten).
Um jedoch diesen Gegenstand noch weiter zu erörtern, wollen
wir genau Hesekiel, Kapitel 37, untersuchen, auf den wir uns
früher bezogen haben. In diesem Gesichte wurde der Prophet im
–   105   –

Geiste des Herrn hinausgeführt auf ein Tal verdorrter Beine, und
derer waren sehr viele und sehr verdorret; und während er noch
im Anschauen dieser schrecklichen Szenen versunken war, wurde
eine sehr wunderbare Frage an ihn gerichtet: „Du Menschen-
kind, meinest du auch, daß diese Beine wieder lebendig werden?“
Und er antwortete: „Herr, Herr, das weißest du wohl.“ Und
der Herr sprach zu ihm: „Weissage von diesen Beinen und sprich
zu ihnen: Ihr verdorreten Beine, höret des Herrn Wort.“ Und er
weissagte, wie ihm befohlen war: und siehe, da rauschete es, als er
weissagete; und siehe, es regete sich; und die Gebeine kamen wieder
zusammen, ein jegliches zu seinem Gebeine, und es wuchsen Adern
und Fleisch darauf, und er überzog sie mit Haut. Und er weis-
sagte zum Winde und sprach: „Wind, komm herzu von den vier
Winden und blase die Getöteten an, daß sie wieder lebendig
werden.“ Da kam Odem in sie und sie wurden wieder lebendig
und richteten sich auf ihre Füße. Und ihrer war ein sehr groß
Heer. – Wir haben viele Auslegungen über dieses Gesicht gehört;
einige vergleichen es mit Sündern und andre mit dem Leib
Christi und den geistigen Gaben; doch kann eine abgestorbene
Kirche nicht mehr als der Leib Christi benannt werden, denn wäh-
rend sie im wahren Weinstock verbleibt, ist sie lebendig, stirbt nicht
und trägt Früchte, wo sie aber sonst, anstatt sich wieder zu erheben,
als ein verdorrter und verbrannter Zweig abgeschnitten wird.
Doch habt ihr jemals gehört, wie der Herr selber dieses Gesicht in
demselben Kapitel auslegt? Es übertrifft bei weitem alle übrigen
Auslegungen, und ich glaube daran; ich will deshalb lieber diese
Ausdeutung aufzeichnen, als irgendeine andere, und mich so der
Gefahr aussetzen, bei den Leuten unbeliebt zu werden.
Der Herr spricht: „Du Menschenkind, diese Beine sind das
ganze Haus Israel.“ Siehe, jetzt sprechen sie: „Unsre Beine
sind verdorrt und unsre Hoffnung ist verloren und ist aus mit
uns. Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht der Herr:
Siehe, ich will eure Gräber auftun und will euch, mein Volk,
aus denselben herausholen und euch ins Land Israel bringen;
und sollt erfahren, daß ich der Herr bin, wenn ich eure Gräber
geöffnet und euch, mein Volk, aus denselben gebracht habe. Und
ich will meinen Geist in euch geben, daß ihr wieder leben sollt;
und ich will euch in euer Land setzen; und sollt erfahren, daß
ich der Herr bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der
Herr.“ So ist nun das ganze Gesicht deutlich erklärt; wenn man
–   106   –

überhaupt das Wort des Herrn für wahr annehmen darf, was
in dieser Zeit der Weisheit und Gelehrsamkeit sehr selten der Fall
ist. Alle Nachkommen Israels sollen aus den Gräbern heraus-
geholt und in das Land Israel gebracht werden, das ihnen
als ein ewiges Erbteil gegeben worden war. Damit nun dieses
geschehe, müssen ihrer alten, verdorrten Gebeine, ein jegliches zu
seinem Gebein, wieder zusammenkommen. Alle Teile ihrer Körper
müssen wiederhergestellt werden, es wird sehr rauschen und sich
wunderbar regen. Wahrhaftig auf ihre Füße gerichtet, werden
sie ein sehr groß Heer sein.
Dies erklärt eben die in der Schrift so oft wiederholte Ver-
heißung: „Mein Knecht David soll ewiglich ihr Fürst sein“; in
der Tat gibt dasselbe Kapitel ihnen die Verheißung, daß sein
Knecht David auferstehen und ihr Fürst und der Herr ihr König
sein wird, während alle Lebendigen und Toten wiederhergestellt
und ein Volk im Lande und auf den Bergen Israels sein werden;
indes David als ihr ewig herrschender Fürst und Herrscher hervor-
kommen und Jesus, der Herr, als König der Könige und Herr
der Herren in Herrlichkeit auf dem Berge Zion, in Jerusalem
und vor seinen Alten regieren wird.

O Tag des Ruhms! O Hoffnung!
Was freudig mich bewegt, ist dies:
Wann wir in jenem schönen Land
Die Alten nehmen bei der Hand,
In Liebe unsre Freunde grüßen,
Und Tod und Sorge enden müssen.

Ich wundere mich nicht länger, wenn ich daran denke,
daß Abraham sich für einen Fremdling und Pilger hielt, auf ein
besseres Land und eine Stadt hoffte, deren Baumeister und
Schöpfer Gott sei. Es scheint, daß nach dieser Wiederherstellung
nur noch eine Veränderung nötig sein wird, um die Erde zur
ewigen Erbschaft des Menschen passend zu machen; und daß jene
Veränderung am letzten Tage stattfinden wird, nachdem der Mensch
tausend Jahre in Frieden gelebt hat. Wir haben jetzt das große
Geheimnis entdeckt, welches nur die Heiligen verstanden haben;
und das von ihnen zu allen Zeiten der Welt verstanden wurde;
welches darin besteht, daß der Mensch im Fleische auf Erden mit
dem Messias, dem ganzen Hause Israel und allen Heiligen des
Allerhöchsten nicht nur für tausend Jahre, sondern für immer
–   107   –

und ewig wohnen und regieren wird. Alsdann wird unser Vater
Adam, sein Haar weiß wie die reine Wolle, in Würde, als der
Alte der Tage, der große Patriarch und mächtige Fürst auf dem
Throne sitzen; während Tausende und abermals Tausende vor
ihm stehen und Zehntausend mal Zehntausend ihm dienen werden,
da wird er alle seine Kinder begrüßen, die im Glauben an den
Messias starben; indes Abel, Enoch, Noah, Abraham, Hiob und
Daniel, und alle Propheten und Apostel, und alle Heiligen Gottes
aller Zeiten einander im Fleische begrüßen werden; Jesus, der
große Messias, wird unter ihnen sein und, um das Ganze zu
krönen, sich selbst gürten, Brot und Wein unter die Menge aus-
teilen und selbst mit denen auf Erden, alle in schöne, reine und
weiße Gewänder gekleidet, davon essen. Dies ist das Hochzeits-
mahl des Lammes. Selig sind, die daran teilnehmen.
Nachdem wir nun der großen Wiederherstellung der Erde
und ihrer Bewohner gefolgt sind, bis wir sie im vollen Genusse
der ihren Vätern gemachten Verheißungen finden, und wir er-
fahren haben, daß dieser zukünftige Zustand nicht in das Reich der
Schatten und Fabeln gehört, sondern etwas Fühlbares ist, das
sogar eine noch dauerhaftere Substanz hat, wollen wir jetzt die
Verteilung ihres Landes und die Anlage ihrer Stadt, ja der
heiligen Stadt durchgehen, wo die Hütte Gottes und sein Heiligtum
für immer und ewig sein sollen, denn dies war natürlich die Stadt,
die von Abraham und andern gesucht, aber nicht gefunden wurde.
In dem letzten Kapitel Hesekiels sehen wir, wie er das Land
durch das Los unter die zwölf Stämme austeilt und die viereckig
angelegte Stadt mit ihrem Heiligtum und ihren zwölf (auf jeder
Seite drei) Toren baut. Aber in seinem 47. Kapitel haben wir
folgende Beschreibung: Ein schöner Strom wird unter der Türe
des Tempels gegen Morgen herausfließen in das Tote Meer,
und die Wasser sollen gesund werden und sehr viele Fische haben,
so daß von Engeddi bis En-Eglaim die Fischer ihr Fischgarn
aufspannen werden; aber die Teiche und Lachen daneben werden
nicht gesund werden, sondern gesalzen bleiben. Und an demselben
Strome am Ufer auf beiden Seiten werden allerlei fruchtbare
Bäume wachsen, und ihre Blätter werden nicht verwelken, noch ihre
Früchte verfaulen; und werden alle Monden neue Früchte bringen,
denn ihr Wasser fließt aus dem Heiligtum. Ihre Frucht wird zur
Speise dienen und ihre Blätter zur Arznei.
Um jedoch den Bau der Stadt und die Baumaterialien noch
–   108   –

genauer zu beschreiben, führen wir aus Jesaias das 54. Kapitel
vom 11. Verse bis zu Ende an: „Du Elende, über die alle
Wetter gehen, und du Trostlose! Siehe, Ich will deine Steine
wie einen Schmuck legen und will deinen Grund mit Saphiren
legen; und deine Zinnen aus Kristallen machen, und deine Tore
von Rubinen, und alle deine Grenzen von erwählten Steinen;
und alle deine Kinder gelehret von Herrn, und großer Friede
deinen Kindern. Du sollst durch Gerechtigkeit bereitet werden.
Du wirst ferne sein von Gewalt und Unrecht, daß du dich davor
nicht darfst fürchten; und von Schrecken, denn es soll nicht zu
dir nahen. Siehe, wer will sich wider dich rotten und dich über-
fallen, so sie sich ohne mich rotten? Siehe, Ich schaffe es, daß
der Schmied, so die Kohlen im Feuer aufbläset, eine Waffe daraus
mache nach seinem Handwerk; denn ich schaffe es, daß der Ver-
derber sie zunichte mache. Eine jegliche Waffe, die wider dich zu-
bereitet wird, der soll nicht gelingen. Und alle Zunge, so sich wider
dich setzt, sollst du im Gericht verdammen. Das ist der Erbe der
Knechte des Herrn und ihre Gerechtigkeit von mir, spricht der Herr.“
Aus diesen Versen erfahren wir etwas von der Schönheit
ihrer Stadt, und aus welchem Material sie bestehen wird; ihre
Steine, ihr Schmuck, ihr Grund, ihre Saphire, ihre Zinnen von
Kristallen, ihre Tore von Rubinen und alle ihre Grenzen von
erwählten Steinen sind bestimmt, den Ort seines Heiligtums zu
verschönern, die Stätte seiner Füße herrlich zu machen, so wie auch
der ganzen Stadt einen Glanz und eine Pracht zu verleihen, von
der sich die Heiden mit allen ihren gerühmten Schätzen und Herr-
lichkeit nur eine schwache Vorstellung machen können; und dann
ist noch in derselben Beschreibung zu bemerken, daß alle Ein-
wohner Erkenntnis, Frieden und Freude haben werden, indessen
die, welche sich gegen sie zum Streite versammeln, gewiß zunichte
gemacht werden sollen; dieses ist wahrlich das Erbe der Knechte
des Herrn; das ist wahrlich eine reizende Stadt und wohl einer
solchen Pilgerschaft wie der Abrahams würdig.
Um jedoch eine noch bessere Vorstellung des Reichtums,
Wohlstands, der Schönheit und Pracht der Städte Zions und
Jerusalems zu haben, wollen wir das 60. Kapitel des Jesaias
anführen: „Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt,
und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir. Denn siehe,
Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über
dir gehet auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheinet über dir.
–   109   –

Und die Heiden werden in deinem Lichte wandeln; und die
Könige im Glanz, der über dir aufgehet. Hebe deine Augen auf
und siehe umher, diese alle versammelt kommen zu dir. Deine
Söhne werden von ferne kommen und deine Töchter auf dem
Arme hergetragen werden. Dann wirst du deine Lust sehen und
ausbrechen, und dein Herz wird sich wundern und ausbreiten;
wenn sich die Menge am Meer zu dir bekehret und die Macht
der Heiden zu dir kommt. Denn die Menge der Kamele wird
dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Epha. Sie
werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und
des Herrn Lob verkündigen. Alle Herden in Kedar sollen zu
dir versammelt werden und die Böcke Nebajoths sollen dir dienen.
Sie sollen als ein angenehm Opfer auf meinen Alter kommen;
denn ich will das Haus meiner Herrlichkeit zieren. Wer sind die,
welche fliegen wie die Wolken und wie die Tauben zu ihren
Fenstern? Die Inseln harren auf mich, und die Schiffe im Meere
vorlängst her, daß sie deine Kinder von ferne herzubringen,
samt ihrem Silber und Golde; dem Namen des Herrn, deines
Gottes, und dem Heiligen in Israel, der dich herrlich gemacht
hat. Fremde werden deine Mauern bauen, und ihre Könige
werden dir dienen; denn in meinem Zorn habe ich dich geschlagen
und in meiner Gnade erbarme ich mich über dich. Und deine Tore
sollen stets offen stehen, weder Tag noch Nacht zugeschlossen wer-
den; daß der Heiden Macht zu dir gebracht und ihre Könige her-
zugeführt werden. Denn welche Heiden oder Königreiche dir nicht
dienen wollen, die sollen umkommen, und die Heiden verwüstet
werden. Die Herrlichkeit des Libanons soll an dich kommen,
Tannen, Buchen und Buchsbaum miteinander, zu schmücken den
Ort meines Heiligtums; denn ich will die Stätte meiner Füße
herrlich machen. Es werden auch gebückt zu dir kommen, die dich
unterdrückt haben; und alle, die dich gelästert haben, werden
niederfallen zu deinen Füßen; und werden dich nennen eine Stadt
des Herrn, ein Zion des Heiligen in Israel.
Denn darum, daß du bist der Verlassene und Gehassete
gewesen, da niemand ging, will ich dich zur Pracht ewiglich machen
und zur Freude für und für; daß du sollst Milch von den Heiden
saugen, und der Könige Brüste sollen dich säugen; auf daß du
erfahrest, das Ich, der Herr, bin dein Heiland, und Ich, der
Mächtige in Jakob, bin dein Erlöser. Ich will Gold anstatt des
Erzes, und Silber anstatt des Eisens bringen, und Erz anstatt
–   110   –

des Holzes, und Eisen anstatt der Steine; und will machen, daß
deine Vorsteher Friede lehren sollen und deine Pfleger Gerechtig-
keit predigen. Man soll keine Frevel mehr hören in deinem Lande,
noch Schaden oder Verderben in deinen Grenzen; sondern deine
Mauern sollen Heil und deine Tore Lob heißen. Die Sonne
soll nicht mehr des Tags dir scheinen, und der Glanz des Mondes
soll dir nicht leuchten; sondern der Herr wird dein ewiges Licht
und dein Gott wird dein Preis sein. Deine Sonne wird nicht
mehr untergehen noch dein Mond den Schein verlieren; denn
der Herr wird dein ewiges Licht sein, und die Tage deines Leides
sollen ein Ende haben. Und dein Volk sollen eitel Gerechte sein
und werden das Erdreich ewiglich besitzen; als die der Zweig
meiner Pflanzung und das Werk meiner Hände sind, zum Preise.
Aus dem Kleinsten sollen Tausend werden und aus dem Ge-
ringsten ein mächtiges Volk. Ich, der Herr, will solches zu seiner
Zeit eilends ausrichten.“
Von diesem Kapitel lernen wir: Zuerst, daß in den letzten
Tagen eine Stadt gebaut werden soll, zu der nicht nur Israel,
sondern alle Völker der Heiden kommen werden; welche Heiden
oder Königreiche jener Stadt nicht dienen wollen, dieselben sollen
umkommen und die Heiden verwüstet werden; zweitens erfahren
wir, daß jene Stadt Zion eine Stadt des Herrn heißen soll;
drittens, daß sie der Ort seines Heiligtums, die Stätte seiner
Füße genannt werden wird; viertens, daß das beste Bauholz, als:
Tannen, Buchen und Buchsbaum, in großer Masse herzukommen
soll, um den Ort seines Heiligtums zu schmücken und die Stätte
seiner Füße herrlich zu machen; fünftens, daß die kostbarsten
Metalle in solchem Überflusse vorhanden sein werden, daß Gold
anstatt des Erzes, Silber anstatt des Eisens, Erz anstatt des
Holzes und Eisen anstatt der Steine sein wird; während ihre
Beamte Frieden lehren und ihre Pfleger Gerechtigkeit predigen
sollen. Frevel soll nicht mehr im Lande gehört werden, noch
Schaden oder Verderben in seinen Grenzen. Ihre Mauern sollen
Heil und ihre Tore Lob heißen; während die Herrlichkeit des
Herrn mitten in der Stadt an Glanz die Sonne übertreffen wird;
die Tage ihres Leidens sollen ein Ende haben, ihr Volk eitel
Gerechte sein und das Erdreich ewiglich besitzen, als die der Zweig
der Pflanzung des Herrn sind, zum Preise. Aus dem Geringsten
soll ein mächtiges Volk werden, und der Herr wird solches zu
seiner Zeit eilend ausrichten.
–   111   –

Der Psalmist David spricht von der Zeit, wo diese Stadt
aufgebaut werden wird, in seinem 102. Psalm, vom 14. bis
22. Vers: „Du wolltest dich aufmachen und über Zion erbarmen:
denn es ist Zeit, daß du ihr gnädig seiest, und die Stunde ist
gekommen. Denn deine Knechte wollten gerne, daß sie gebaut
würde, und sähen gerne, daß ihre Steine und Kalk zugerichtet
würden; daß die Heiden den Namen des Herrn fürchten und
alle Könige auf Erden deine Ehre; daß der Herr Zion bauet
und erscheint in seiner Ehre. Er wendet sich zum Gebet der Ver-
lassenen und verschmähet ihr Gebet nicht. Das werde geschrieben
auf die Nachkommen; und das Volk, das geschaffen soll werden,
wird den Herrn loben. Denn er schauet von seiner heiligen Höhe,
und der Herr siehet von Himmel auf Erden; daß er das Seufzen
des Gefangenen höre und los mache die Kinder des Todes; auf
daß sie zu Zion predigen den Namen des Herrn und sein Lob
zu Jerusalem; wenn die Völker zusammenkommen und die König-
reiche dem Herrn zu dienen.“
Aus dieser Schriftstelle erfahren wir: Zuerst, daß eine Zeit
bestimmt ist, um Zion oder die Stadt, von der Jesaias spricht,
aufzubauen, nämlich gerade vor dem zweiten Kommen Christi; und
daß, wenn die Stadt erbauet ist, der Herr in seiner Herrlichkeit,
und nicht vorher, erscheinen wird. Deshalb behaupten wir, daß,
wenn eine solche Stadt nie gebaut wird, der Herr nie kommen
wird. Zweitens erfahren wir, daß die Völker zusammenkommen
und die Königreiche sowohl in Zion wie in Jerusalem dem Herrn
dienen werden; drittens, daß dieser Psalm ausdrücklich für die
Nachkommen geschrieben wurde, und das Volk, das geschaffen werden
soll, es lesen, erfüllt sehen und den Herrn ewiglich loben wird.
Ich will jetzt die Aufmerksamkeit des Lesers auf einen Teil
des 13. Kapitels der Urkunde Ethers lenken, die im Buche
Mormon, Seite 600, enthalten ist. „Denn Ether sagte ihnen
wahrlich von allen Dingen, von der Erschaffung des Menschen an,
daß dieses Land, nachdem die Gewässer an dessen Oberfläche
verlaufen wären, ein vor allen andern Ländern ausgewähltes
Land wurde, ein vom Herrn erwähltes Land; weshalb der Herr
haben wollte, daß alle Menschen, die es bewohnten, ihm dienen
sollten, und daß es der Ort des neuen Jerusalems wäre, das
vom Himmel herabkommen und das Heiligtum des Herrn sein
würde.   Seht,   Ether   sah   die   Tage   Christi   und   sprach   von
einem neuen Jerusalem auf diesem Lande; und er sprach auch
–   112   –

von dem Hause Israel und Jerusalem, von welchem Lehi kommen
würde: nachdem es zerstört wäre, sollte es wieder dem Herrn
als eine heilige Stadt erbaut werden; deshalb konnte es nicht
ein neues Jerusalem sein, denn es war vor alten Zeiten ge-
wesen, aber es sollte wieder aufgebaut und eine heilige Stadt
des Herrn werden; und es sollte dem Hause Israel gebaut werden;
daß ein neues Jerusalem in diesem Hause aufgebaut werden sollte
für die Überbleibsel der Nachkommen Josephs, für welches es ein
Sinnbild gewesen ist; denn als Joseph seinen Vater ins Ägypten-
land hinabbrachte, so starb er da; weshalb der Herr einen Über-
bleibsel der Nachkommen Josephs aus dem Lande brachte, damit
er den Nachkommen Josephs gnädig sein könne, daß sie nicht
umkämen, ebenso war er den Vater Josephs gnädig, daß er nicht
umkommen sollte; deshalb sollen die Überbleibsel des Hauses
Josephs auf dieses Land gebaut werden; und es soll ein Land
ihres Eigentums sein; und sie sollen dem Herrn eine heilige
Stadt bauen, ebenso wie das heilige Jerusalem; und sie sollen
nicht mehr verwirrt werden, bis das Ende kommt, wo die Erde
vergehen wird.
Und es wird ein neuer Himmel und eine neue Erde sein,
und diese werden den alten gleich sein, nur daß die alten ver-
gangen und alle Dinge neu geworden sind. Und dann kommt
das neue Jerusalem, und gesegnet sind diejenigen, welche darin
wohnen, denn diese sind diejenigen, deren Gewänder durch das
Blut des Lammes weiß sind; und diese sind die, welche unter die
Überbleibsel der Nachkommen Josephs gezählt werden, die vom
Hause Israel waren. Und dann kommt auch das alte Jerusalem
und dessen Einwohner, gesegnet sind sie, denn sie sind im Blute
des Lammes gewaschen worden; und diese sind diejenigen, die
zerstreut waren und von den vier Enden der Erde heimgeführt
wurden und von den nördlichen Ländern, und Teilnehmer an der
Erfüllung des Bundes sind, welchen Gott mit ihrem Vater Abra-
ham machte. Und wann diese Dinge kommen, dann geht die
Schrift in Erfüllung, welche sagt: „Die, welche die Ersten waren,
sollen die Letzten sein, und die Letzten sollen die Ersten sein.“
Diese Prophezeiung sagt uns: Erstens, daß Amerika ein vor
allen Ländern auserwähltes Land des Herrn ist. Zweitens, daß
es der Ort des neuen Jerusalems ist, welches von Gott aus dem
Himmel auf die erneuerte Erde herabfahren wird. Drittens, daß
in Amerika dem übriggebliebenen Teile Josephs, ähnlich dem
–   113   –

Muster des alten Jerusalems im Lande Kanaan, ein neues
Jerusalem gebaut und zu gleicher Zeit auch das alte Jerusalem
wieder aufgebaut werden soll. Nach diesem werden beide Städte
auf Erden in Wohlstand bleiben, bis die große und letzte Ver-
änderung eintritt, wann ein neuer Himmel und eine neue Erde
sein wird. Viertens erfahren wir, daß, wann diese Veränderung
stattfindet, die zwei Städte und deren Einwohner in den Himmel
genommen, verändert und neu gemacht werden, und daß die eine
auf Amerika und die andre auf ihren alten, früheren Ort herab-
fährt, und fünftens erfahren wir, daß die Einwohner dieser beiden
Städte dieselben sind, die sich wieder sammelten und sie zuerst
aufbauten. Der übriggebliebene Teil Josephs und diejenigen,
die mit ihnen sich sammelten, erben das neue Jerusalem. Und
die Stämme Israels, die von den nördlichen Ländern und von
den vier Enden der Erde versammelt wurden, bewohnen das andre;
und nachdem nun so alle Dinge neu geworden, finden wir, daß
diejenigen, die einst Fremdlinge und Pilger auf Erden waren,
im Besitz jenes von ihnen erhofften bessern Landes und Stadt sind.
Wir wollen nun zur Offenbarung Johannes zurückkehren
und die neue Stadt untersuchen und sehen, ob sie dem Muster gleicht,
das sie vor ihrer letzten Veränderung darbot. Offenbarung 21:
„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn
der erste Himmel und die erste Erde verging, und das Meer ist
nicht mehr. Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue
Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren, bereitet als
eine geschmückte Braut ihrem Manne. Und hörte eine große
Stimme von dem Stuhl, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes
bei den Menschen: und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden
sein Volk sein; und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.
Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen; und der
Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen
wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem
Stuhle saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu. Und er spricht
zu mir: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß.
Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das
O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben
von dem Brunnen des lebendigen Wassers umsonst. Wer über-
windet, der wird alles ererben; und ich werde sein Gott sein, und
er wird mein Sohn sein. Der Verzagten aber und Ungläubigen,
und Greulichen, und Totschläger, und Hurer, und Zauberer, und
–   114   –

Abgöttischen, und aller Lügner, deren Teil wird sein in dem Pfuhl,
der mit Feuer und Schwefel brennet; welches ist der andre Tod.
Und es kam zu mir einer von den sieben Engeln, welche die
sieben Schalen voll hatten der letzten sieben Plagen; und redete
mit mir und sprach: Komm, ich will dir das Weib zeigen, die
Braut des Lammes. Und führte mich hin im Geiste auf einen
großen und hohen Berg; und zeigete mir die große Stadt, das
heilige Jerusalem, herniederfahren aus dem Himmel von Gott;
die hatte die Herrlichkeit Gottes; und ihr Licht war gleich dem
alleredelsten Stein, einem hellen Jaspis; und hatte eine große
und hohe Mauer, und hatte zwölf Tore und auf den Toren zwölf
Engel, und Namen darauf geschrieben, nämlich der zwölf Ge-
schlechter der Kinder Israels. Vom Morgen drei Tore, von Mitter-
nacht drei Tore, vom Mittag drei Tore, vom Abend drei Tore.
Und die Mauer der Stadt hatte zwölf Gründe und auf den-
selbigen die Namen der zwölf Apostel des Lammes; und der mit
mir redete, hatte ein gülden Rohr, daß er die Stadt messen sollte,
und ihre Tore und Mauern. Und die Stadt liegt viereckig, und
ihre Länge ist so groß als die Breite. Und er maß die Stadt
mit dem Rohr auf zwölftausend Feldweges. Die Länge und die
Breite und die Höhe der Stadt sind gleich. Ihre Mauern,
hundertundvierundvierzig Ellen nach dem Maße eines Menschen,
das der Engel hat. Und der Bau ihrer Mauern war von Jaspis
und die Stadt von lauterem Golde, gleich dem reinen Glase. Und
die Gründe der Mauern und der Stadt waren geschmückt mit
allerlei Edelgesteine. Der erste Grund war ein Jaspis, der andere
ein Saphir, der dritte ein Chalzedonier, der vierte ein Smaragd,
der fünfte ein Sardonix, der sechste ein Sarder, der siebente ein
Chrysolith, der achte ein Berill, der neunte ein Topas, der zehnte
ein Chrysopras, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst.
Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, und ein jegliches Tor
war von einer Perle; und die Gassen der Stadt waren lauter
Gold, als ein durchscheinend Glas. Und ich sah keinen Tempel
darinnen, denn der Herr, der allmächtige Gott, ist ihr Tempel und
das Lamm. Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes,
daß sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie,
und ihre Leuchte ist das Lamm. Und die Heiden, die da selig
werden, wandeln in demselbigen Licht. Und die Könige auf Erden
werden ihre Herrlichkeit in dieselbige bringen. Und ihre Tore
werden nicht verschlossen des Tages, denn da wird keine Nacht
–   115   –

sein. Und man wird die Herrlichkeit und die Ehre der Heiden
in sie bringen. Und wird nicht hineingehen irgendein Gemeines
und das da Greuel tut und Lüge; sondern die geschrieben sind
in dem Lebensbuch des Lammes.“ Auch in dem 22. Kapitel sagt
er: „Und er zeigte mir einen lautern Strom des lebendigen
Wassers, klar wie ein Kristall, der ging von dem Stuhl Gottes
und des Lammes. Mitten auf ihrer Gasse und auf beiden Seiten
des Stromes stand Holz des Lebens, das trug zwölfmal Früchte
und brachte seine Früchte alle Monate; und die Blätter des Holzes
dieneten zu der Gesundheit der Heiden. Und wird kein Verbanntes
mehr sein; und der Stuhl Gottes und des Lammes wird darinnen
sein; und seine Knechte werden ihm dienen und sehen sein An-
gesicht; und sein Name wird an ihren Stirnen sein. Und wird
keine Nacht da sein; und werden nicht bedürfen einer Leuchte
oder des Lichts der Sonne; denn Gott der Herr wird sie er-
leuchten, und sie werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Und er sprach zu mir: ’Diese Worte sind gewiß und wahrhaftig.
Und der Herr, der Gott der Geister der Propheten, hat seinen
Engel gesandt, zu zeigen seinen Knechten, was bald geschehen muß.
Siehe, ich komme bald. Selig ist, der da hält die Worte der
Weissagung in diesem Buche.‘“
Aus dieser schönen Beschreibung erfahren wir: daß die neue
Erde nicht durch Gewässer getrennt sein wird, folglich der heutige
östliche und westliche Kontinent ein Land bilden werden. Der
Herr wird nicht nur Himmel und Erde, sondern alle Dinge neu
machen (natürlich mit Einschluß der Städte Jerusalem und Zion,
wo seine Hütte mehr als tausend Jahre gewesen war). Die
Stadt wird viereckig und mit zwölf Toren, mit den Namen der
zwölf Stämme Israels eingefügt, versehen sein; vom Morgen drei
Tore, von Mitternacht drei Tore, vom Mittag drei Tore, vom
Abend drei Tore; genau nach derselben Weise, wie es während
der tausend Jahre nach der Beschreibung Hesekiels bestehen wird.
Sie wird aus kostbaren Steinen und feinem Golde, gleichwie
die temporäre Stadt nach der Beschreibung Jesajas, bestehen. Ein
lauterer Strom des lebendigen Wassers, klar wie Kristall, wird
von dem Stuhle Gottes und des Lammes ausgehen und durch
die neue Stadt, gleich, wie nach der Beschreibung Hesekiels, dem
lebendigen Wasser aus dem Heiligtum der temporären Stadt, aus-
fließen. Das Holz des Lebens wird auf beiden Seiten des Flusses
stehen; das selbige Holz, welches einst die zwölferlei Früchte ge-
–   116   –

tragen haben wird und seine Blätter für die Gesundheit der
Nationen waren. Doch jetzt, wann Johannes sie sieht, bedürfen
die Völker keiner Heilung mehr, denn der Tod ist nicht mehr,
noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen, denn das Erste ist ver-
gangen und alles neu geworden, folglich spricht er in der Ver-
gangenheit und sagt, sie dieneten zur Gesundheit der Heiden;
er weist natürlich auf die Zeiten zurück, in welchen sie sich nach
der Beschreibung Hesekiels in dem temporären Zustand befanden,
vor ihrer letzten Veränderung.
Von den Dingen, von denen wir gesprochen, ist folgendes
der Inhalt: Hesekiel und die andern Propheten haben uns eine
Ansicht der Städte Zion und Jerusalem gegeben, wie sie während
der Ruhe des tausendjährigen Reiches, des sogenannten Millenniums,
sein werden; und Johannes hat uns eine Ansicht derselben Städte
nach ihrer letzten Veränderung gegeben, wenn sie von Gott aus
dem Himmel herabfahren und auf der Erde ruhen wird. Aber
Ether hat uns einen kurzen Abriß von demselben gegeben, wie sie
sein werden, sowohl in ihrem zeitlichen, als auch in ihrem ewigen
Zustande; und er hat uns genau von ihrer ersten und letzten
Lage erzählt; nämlich des neuen Jerusalems in Amerika, von dem
übriggebliebenen Teil Josephs und von denen bewohnt, die sich mit
ihnen versammeln, ihre Kleider gewaschen und sie weiß gemacht haben
im Blute des Lammes: und des andern Jerusalems, auf seiner
früheren Stelle vom Hause Israel bewohnt, die von den nördlichen
Ländern und von den vier Enden der Erde, wo sie zerstreut waren,
gesammelt wurden und ihre Kleider gewaschen und weiß gemacht
haben im Blute des Lammes. Und somit ist nun die Sache beendigt.
Ich will nur noch sagen, daß die Regierung der Vereinigten
Staaten mehr als 9 Jahre beschäftigt gewesen ist, den übrig-
gebliebenen Teil Josephs gerade auf denselben Ort zu versammeln,
wo sie endlich mit Hilfe der Heiden, die sie von allen Teilen des
Landes sammeln, ein neues Jerusalem, eine Stadt Zions, auf-
bauen werden; und dieses Sammeln wird endlich im Buch Mormon
und in andern Offenbarungen geweissagt, sowie auch der vorher-
bestimmte Ort und die genaue Zeit ihrer Erfüllung; und wenn
nicht die Heiden wegen all ihrer Greuel Buße tun und den-
selben und annehmen, so werden sie von diesem Lande gänzlich
vertilgt werden, wie es im Jesaias geschrieben steht: „Denn welche
Heiden oder Königreiche dir nicht dienen wollen, die sollen um-
kommen, und die Heiden verwüstet werden.“
–   117   –

So wie auch der Apostel Nephi in dem 21. Kapitel seiner
Urkunde geschrieben hat: „Und wahrlich ich sage euch, ich gebe euch
ein Zeichen, daß ihr die Zeit kennen mögt, wann diese Dinge
stattfinden sollen, daß ich von seiner langen Zerstreuung mein Volk,
o Haus Israel, heimführen und unter ihnen mein Zion wieder
errichten werde. Und seht, dieses ist es, was ich euch als ein Zeichen
geben werde, denn wahrlich, ich sage euch, daß, wenn diese Dinge,
welche ich euch verkünde, und welche ich euch späterhin von mir
selbst und durch die Macht des Heiligen Geistes, welche euch vom
Vater gegeben werden soll, verkündigen werde, zu den Heiden ge-
langt sind, daß sie in betreff des Volkes wissen mögen, welches ein
Überbleibsel vom Hause Jakob ist, und in betreff dieses meines
Volkes, welches von ihnen zerstreut werden soll; wahrlich, wahr-
lich, ich sage euch, wenn diese Dinge ihnen vom Vater bekannt-
gemacht und durch den Vater von ihnen zu euch gelangen werden;
denn es ist der Weisheit des Vaters gemäß, daß sie in diesem
Lande sich ansiedeln und durch die Macht des Vaters als ein
freies Volk bestehen sollten, damit diese Dinge von ihnen zu einem
Überbleibsel eurer Nachkommen gelangen möchten, um den Bund
des Vaters zu erfüllen, welchen er mit seinem Volke, dem Hause
Israel, gemacht hat; daher, wenn diese Werke und die Werke,
die unter euch nach diesem geschehen werden, von den Heiden auf
eure Nachkommen gelangen und die der Sünden halber in Un-
glauben fallen werden; denn so geziemt es dem Vater, daß es
von den Heiden hervorgehen sollte, damit er seine Macht den
Heiden zeige, damit die Heiden, wenn sie nicht ihre Herzen ver-
stocken wollen, sich bekehren und zu mir kommen mögen und in
meinem Namen getauft werden, und die wahren Grundsätze
meiner Lehre erkennen, damit sie zu meinem Volke, dem Hause
Israel, gerechnet werden können; und wenn diese Dinge geschehen,
daß deine Nachkommen anfangen, dieselben zu kennen, so soll es
ihnen ein Zeichen sein, daß sie wissen mögen, daß das Werk des
Vaters für die Erfüllung des Bundes, welchen er mit dem Hause
Israel gemacht, schon angefangen hat.
Und wenn dieser Tag kommen wird, dann wird es geschehen,
daß Könige ihren Mund halten werden; denn was ihnen nicht
gesagt worden ist, sollen sie sehen; und das, was sie nicht gehört
haben, sollen sie bedenken. Denn an dem Tage wird der Vater
um meinetwillen ein Werk tun, welches ein großes und wunder-
bares Werk unter ihnen sein wird; und es werden welche unter
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ihnen sein, die es nicht glauben wollen, obgleich jemand es ihnen
verkünden wird. Aber seht, das Leben meines Dieners soll in
meiner Hand sein; deshalb sollen sie ihm keinen Schaden zufügen;
obwohl er um ihretwillen entstellt wird. Doch werde ich ihn
heilen, denn ich will ihnen zeigen, daß meine Weisheit größer als
die List des Teufels ist. Daher wird es geschehen, daß alle, die
meinen Worten nicht glauben wollen, der ich Jesus Christus bin,
Worte, welche der Vater durch ihn an die Heiden gelangen lassen
und ihm Macht geben wird, sie zu den Heiden zu bringen (es
wird geschehen, eben wie Moses sagte), diese sollen aus meinem
Bundesvolke vertilgt werden. Und mein Volk, welches ein Über-
bleibsel Jakobs ist, soll unter den Heiden sein; ja mitten unter
ihnen, wie ein Löwe unter den Tieren des Waldes, wie ein junger
Löwe unter den Schafherden, der, wenn er hindurchgeht, alles
zertritt und in Stücke zerreißt, dem niemand widerstehen kann.
Ihrer Hand soll sich über ihre Gegner erheben, und alle ihre
Feinde sollen vertilgt werden. Ja, wehe den Heiden, wenn sie
sich nicht bekehren, denn es wird sich an dem Tage begeben, sagt
der Vater, daß ich deine Pferde aus deiner Mitte vertilgen und
deine Wagen verderben werde und die Städte deines Landes, und
alle deine Festungen zerstören; ich werde die Zauberei aus deiner
Hand nehmen und du sollst keine Wahrsager mehr haben. Deine
gehauenen Bilder werde ich auch zerstören und deine Bildsäulen
aus deiner Mitte reißen, und du sollst nicht länger die Werke
deiner Hände anbeten; deine Haine werde ich aus deiner Mitte
pflücken, so will ich deine Städte zerstören. Alle Lügen, Be-
trügereien, Neid und Streit und Pfaffentrug und Hurerei sollen
abgeschafft werden. Denn es wird geschehen, sagt der Vater, daß
alle, die an dem Tage sich nicht bekehren und zu meinem ge-
liebten Sohn kommen wollen, die will ich aus meinem Volke,
o Haus Israel, vertilgen; und ich will Rache und Wut, so wie
sie nie zuvor empfunden haben, an ihnen ebenso wie an den
Heiden ausüben.
Aber wenn sie sich bekehren und auf meine Worte hören
und ihre Herzen nicht verstocken wollen, dann will ich meine Kirche
unter ihnen gründen, und sie sollen in den Bund aufgenommen
und unter diese die Überbleibsel Jakobs gerechnet werden, denen
ich dieses Land als Erbteil gegeben habe, und sie sollen meinem
Volke, dem Überbleibsel Jakobs, und auch allen, die vom Hause
Israel kommen werden, helfen, eine Stadt bauen, welche das neue
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Jerusalem genannt werden soll; und dann sollen sie meinem
Volke, welches im ganzen Land zerstreut ist, helfen, sich in dem
neuen Jerusalem zu versammeln, und dann wird die Macht des
Himmels unter sie herabkommen, und ich werde auch in ihrer
Mitte sein. An dem Tage, wenn dieses Evangelium unter dem
Überbleibsel dieses Volks gepredigt werden wird, soll das Werk
des Vaters beginnen. Wahrlich, ich sage euch, an jenem Tage wird
das Werk unter allen Zerstreuten meines Volkes anfangen, ja
selbst unter den verlorenen Stämmen, welche der Vater aus
Jerusalem hinweggeführt hat. Ja, das Werk des Vaters wird
unter allen Zerstreuten meines Volkes anfangen, um den Weg zu
bereiten, auf welchem sie zu mir gelangen, und damit sie den
Vater in meinem Namen anrufen können; ja, und dann mit dem
Vater soll das Werk unter allen Völkern anfangen, um den Weg
zu bereiten, wodurch sein Volk zum Lande seines Erbteils heim-
geführt werden soll. Und sie sollen von allen Völkern ausgehen,
und sie sollen nicht die Eile ausgehen noch auf der Flucht, denn
ich will vor ihnen hergehen, sagt der Vater, und ihr Schild im
Rücken sein“ (3. Nephi 21).
„O, du übriggebliebener Teil Josephs, dein Geheimnis ist
offenbar, du, der du von den Heiden verachtet, geschlagen, zer-
streut und vertrieben warest von Ort zu Ort, bis deiner nur
wenig waren! Du Elende, über die alle Wetter gehen, und du
Trostlose, erhebe dein Haupt und freue dich, denn deine Errettung
ist nahe; ja, wir haben deine Urkunde gefunden, die Orakel Gottes,
die einst deine Vorfahren erhalten hatten, die lange vor dir wegen
des Unglaubens verborgen gewesen waren. Siehe, sie sollen dir
wiedergegeben werden; dann sollst du Freude empfinden; denn
du wirst wissen, daß es ein Segen aus der Hand Gottes ist;
und die Schuppen der Finsternis werden von deinen Augen fallen;
und die Heiden werden keine Macht mehr über dich haben; sondern
du wirst von ihnen gesammelt, aufgebaut und ein angenehmes
Volk werden; die Zeit ist gekommen; ja, das Werk hat schon
angefangen; denn wir haben dich gesammelt aus allen Teilen des
Landes an den Ort, wo, nach Gottes Bestimmung, die Heiden
dich sammeln sollten; deshalb lege deine Waffen nieder, höre auf,
mit den Heiden zu streiten bei dem Sammeln deiner verschiedenen
Stämme, denn die Hand deines großen Gottes ist in allem diesem;
es wurde alles von deinen Vorfahren vor zehntausend Monden
geweissagt. Laßt sie daher ruhig diese letzte Handlung der Güte
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erfüllen, als eine Art Vergeltung für die Beleidigungen, die du
von ihnen erfahren hast.
Mit den gemischten Gefühlen der Freude und des Schmerzes
denke ich an diese Dinge. Mit Schmerz, wann ich denke, wie
du geschlagen worden bist; mit Freude, wann ich bedenke, welche
glückliche Veränderung dich erwartet; und wiederum mit Schmerz,
wenn ich meine Gedanken auf die fürchterliche Vernichtung richte,
welche die Heiden erwartet, wenn sie nicht Buße tun. Doch die
ewigen Pläne Jehovas müssen ihren Fortgang nehmen, bis alle
ihre Verheißungen erfüllt sind, und niemand kann es verhindern;
daher, o Gott, dein Wille geschehe.“ – Doch während ich noch bei
diesem Gegenstand verweile mit Empfindungen, die sich leichter
fühlen als beschreiben lassen, dünkt es mir, als höre ich das Klage-
lied des Indianers in seinen heimatlichen Wäldern widerhallen:
O großer Geist der Väter! Hör' das Rufen
Der roten Männer, die sich flehend suchen.
Schwer war dein Geißeln, matt ist unser Sinn,
Wann bannest du den Zorn, wann deinen Grimm?
Wann wird der Weißen Gier erschlaffen
Und unsern Überrest in Frieden lassen?
Treibt uns das Schicksal nach dem fernen Strand,
Dort zu erlöschen, aller Hoffnung fremd?
Erbarmen! Großer Geist, wir bitten Gnade,
Die längst verborg'ne Wahrheit offenbare,
Erhör' dein Volk, laß es nicht ganz verderben,
Das Reich des Friedens sende bald auf Erden!
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Kapitel 6.
Wie verfährt Gott mit allen Völkern in bezug auf
Offenbarungen?
„Und er hat gemacht, daß von einem Blut aller Menschen
Geschlechte auf dem ganzen Erdboden wohnen; und hat Ziel gesetzt
und vorgesehen, wie lange und weit sie wohnen sollen; daß sie
den Herrn suchen sollten, ob sie doch ihn finden und fühlen möchten.
Und zwar ist er nicht ferne von einem jeglichen unter uns; denn
in ihm leben, weben und sind wir.“
Apostelgeschichte 17:26–28.
Dieser Text lehrt uns: Erstens, daß alle Völker von einem
Blute gemacht sind; zweitens, daß sie auf dem ganzen Erdboden

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