Ueber das Beten und über die Art der Anbetung. Das Gebet ist eine der hauptsächlichsten Pflichten des Christen, und er ist bei jeglicher Erwägung, die seine Ehrbegierde anfachen, oder ihm einflößen könnte, darauf angewiesen, denn es ist gleichmäßig nothwendig zu seinem Wachsthum und Gedeihen, so wie der Regen dem Felde. Wo immer aber diese Pflicht vernachlässigt wird, da kann der Geist des Herrn wohnen. Der Herr oder die Frau eines jeden Hauses, oder einer jeden Familie in unserer Kirche ist verpflichtet, alle ihre Untergebenen zu einer geeigneten Stunde des Mor- gens und des Abends jeden Tag zusammen zu rufen, wo sie gemeinsam vor dem Herrn knieen und Ihm ihre innigen Wünsche im Namen Jesus darbringen. Einer spricht bei dem Gebete, und am Schlusse desselben ant- worten alle vereint: Amen. Wir haben keine eigenen Gebetes-Formen, aus- genommen das Gebet des Herrn: »Vater unser, der Du bist in dem Himmel« &c., denn ein jeder muß für sich selbst um jene Dinge bitten, deren er bedarf, und wir glauben, daß die einfache, ungezierte Sprache des Herzens, von unsern Bedürfnissen geleitet, angenehmer ist vor Gott, als alle gelehrte Beredsamkeit der Weisen dieser Welt zusammengenommen. Alle Glieder unserer Kirche, sowohl alt als jung, sind aufgefordert, ihre Gebete täglich dem Herrn in der Einsamkeit als auch in Gemeinschaft darzubringen, und wer immer diese Pflicht unter uns vernachlässigt, hat Rechenschaft zu geben hierüber bei den Bevollmächtigten unserer Kirche. Unser Gottesdienst fängt gewöhnlich Sonntags Morgens zehn Uhr an. Gebet und Gesang bilden den Eingang, und dann wird eine Rede dem Volke gehal- ten; worauf vielleicht einige Exhortationen folgen. Meh- rere Gesänge werden nach diesem angestimmt und somit der vormittägige Gottesdienst um zwölf Uhr beschlossen. |
Der Nachmittag wird mit Gesängen, Exortatio- nen, und mit Spendung der heiligen Sakramente, als Beicht, Abendmahl und Konfirmation, so wie auch mit Segnung der Kinder, und andern, den Umständen an- gemessenen Verrichtungen zugebracht. Ueber die Feiertage. Das amerikanische Gouvernement ist weder direkt noch indirekt mit irgend einer Religion verbunden. Es gewährt Toleranz und Schutz allen Religionen, jedoch zeigt es keiner irgend eine vorzugweise Gunst. Es werden übrigens aber von unsern Gouverneurs gewisse Tage des Fastens und des Gebetes, so wie auch öffent- licher Danksagung bestimmt und bekannt gemacht, und das Volk zur Beobachtung derselben aufgefordert. Dieß ist jedoch kein Gesetz, und es bleibt dem Willen des Volkes überlassen, das aber immer Achtung genug für seine Gesetzgeber besitzt, um mit deren Wünschen und Bekanntmachungen überein zu stimmen, so wie jedes Volk in Dingen thun sollte, die ihm gut und nützlich sind. Diesen Tagen werden noch andere von Zeit zu Zeit durch unsern vorsitzenden Aeltesten hinzugefügt, so wie es die Umstände veranlassen, wo denn unter Fasten und Beten dem allmächtigen Herrn Dank dargebracht wird, für Seine uns überflüssig erwiesene Güte. Am ersten Tage in der Woche, nämlich Sonntag, wird keine Arbeit vorgenommen. Die Kaufmannsläden werden Samstag Abends geschlossen, und nicht wieder geöffnet, bis Montag Morgens. Besuche machen, oder Gesellschaften bilden, ist am Sabbath-Tage, so wie es in Europa der Brauch ist, in Amerika durch populären Einfluß nicht erlaubt. Deßhalb scheint es einem Amerikaner sehr sonder- bar, den Sabbath meistens nur dem Vergnügen und der Erholung gewidmet zu sehen, da es doch der Tag |
des Herrn ist, und er sieht sich genöthigt, diese Er- scheinung unter jene neuen Dinge zu zählen, die er in fremden Ländern sieht. Ueber die Fußwaschung. Dieß ist eine Verordnung in unserer Kirche, welche durch die dienstleistenden Glieder derselben ausgeübt wird. Sie wird auch von andern Gliedern ausgeübt, jedoch nicht als eine kirchliche Verordnung, sondern als ein Beispiel der Demuth und Herablassung in kleinen religiösen Zirkeln und Familien. Gleich wie Christus Seinen Jüngern die Füsse wusch, so waschen auch sie dieselben unter einander. Nachdem unsere Priester berufen und ordinirt wor- den sind, müssen sie auch sogleich ihren Standpunkt einnehmen. Ist ihnen befohlen, zu reisen und zu predi- gen, so müssen sie gehen, sind sie aber lokal bestimmt, so müssen sie bleiben. Haben sie im Verlaufe von zwei oder drei Jahren sich getreu in der Erfüllung der ihnen auferlegten Berufspflichten gezeigt, und sind sie von Gott und der Kirche als gut befunden worden, dann werden sie einberufen zu einer feierlichen Versammlung. Und unter gemeinsamen Beten und Fasten umgürtet sich der Präsident der Kirche mit einem Tuche, und wäscht und trocknet ihnen ihre Füsse, und hierauf wird ihr Haupt und Körper mit dem heiligen Oele gesalbt. Dieses Waschen ist ein Zeichen, daß sie ihre Kleider gereinigt haben von den Seelen der Menschen; und sie sind dann anerkannt als Bürger des Herrn, nachdem sie sich aller der Pflichten entledigt hatten, unter wel- chen sie zu der Welt standen. Und immer hernach müssen wir dem Herrn dienen in aller Reinheit und Gerechtigkeit in was immer für einem Amte Er uns berufen hat, entweder zu reisen und zu predigen, oder den Kirchen vorzustehen. |
Ueber patriarchalische Segnung und ein Wort über Ehe. Es ist ein Gesetz unserer Kirche, daß jeder Vater seine Kinder zu irgend einer gelegenen Zeit zusammen rufe, um ihnen seine Hände aufzulegen und sie zu seg- nen, ehe er sterbe. Wenn sich nun der Fall ereignet, daß in unserer Kirche Personen sind, deren Väter todt, oder nicht un- sers Glaubens sind, so haben wir einen Patriarchen, dessen Geschäft es ist, solchen seine Hände aufzulegen, und sie an Vaters Statt zu segnen, damit keiner ohne Vaters Segen bleibe, der in unserer Kirche als sehr wichtig betrachtet wird. Allen Personen in unserer Kirche ist es erlaubt, zu heirathen, sobald sie das gehörige Alter erreicht ha- ben, vorausgesetzt, daß sie in keiner nahen Verwandt- schaft stehen. Es ist den Gliedern unserer Kirche sehr ernstlich enbefohlen, (jedoch nicht gänzlich verboten) keine Person von einer andern Religion zu heirathen. Jene, welche so thun, werden als unweise und als schwach im Glauben betrachtet. |