Orson Hyde – Ein Ruf aus der Wüste (1842)


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Fünfter Artikel.
Ueber die Taufe.

      Die Taufe ist der Akt des Untertauchens, oder
Untersenkens des Körpers in Wasser, im Namen des
Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Es
ist ein alter Gebrauch, dem der Herr selbst sich unter-
warf, als Er hier auf Erden wandelte, um den Willen
Seines Vaters zu vollfüllen, und um uns ein Beispiel
zu geben, unserer Nachahmung würdig. Wie stolz mag
der Jordan nicht gewesen sein, in seine umarmenden Fluthen
eine Person, so erhaben wie der Sohn Gottes, aufneh-
men zu dürfen.
      Diese heilige und feierliche Verordnung ward durch
Johannes den Täufer in der Wüste Judäa's als ein
Mittel zur Nachlassung der Sünden des Volkes darge-
stellt. Eine Menge von Männern und Weibern erkann-
ten die Richtigkeit seiner Lehre; sie bekannten aufrichtig
ihre Sünden und stiegen hernach in die Gewässer Jor-
dans hinab durch die Hand dieses sonderbaren aber hei-
ligen Propheten Gottes.
      Unser gesegneter Herr lehrte nicht nur allein die
Nothwendigkeit der Unterwerfung eines jeden Menschen
unter diese Anordnung, sondern bestärkte sie auch in
den bestimmtesten Ausdrücken. Seine eigenen Worte sind:
»wenn jemand nicht wieder geboren wird aus dem Was-
»ser und heiligem Geiste, so kann er in das Reich
»Gottes nicht eingehen.« Und zu einer ferneren Ver-
anlassung zur Taufe sagte er wieder: »der welcher glaubt
»und getauft ist, wird gerettet werden, aber der welcher
»nicht glaubt, wird verdammt werden.« Die Taufe ist
deßhalb eine wichtige Bedingung zur Vergebung der
Sünden, denn unser Herr sagte zu den Apostel Petrus:
»Deren Sünden du vergibst, denen will auch Ich ver-
»geben;« und Petrus, erfüllt mit dem heiligen Geiste
am Pfingstfeste, und tragend die Schlüssel des Himmel-
reiches, war höchst erfreut, den fragenden Juden sagen
zu können: » Bereuet und lasse ein jeder sich taufen im
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Namen Jesu Christi zur Nachlaßung der Sünden, und
ihr sollet empfangen die Gabe des heil. Geistes.« Wenn
also Petrus unter solchen Bedingnissen dem Volke Ver-
gebung der Sünden versprach, so ist kein Zweifel, daß
ihnen der Herr auch unter denselben Bedingnissen
vergab.
      Wir wünschen nicht, daß darunter verstanden wer-
den möchte, als ob das Wasser allein die Kraft besäße,
uns von den Flecken der Sünde zu reinigen. Ein Stück
unbeschriebenes Papier ist allein von ganz geringem
Werthe, wenn es aber des Banquiers Stempel Versi-
cherung und Unterschrift empfangen für 500 £ so ist
es grade von demselben Werthe. Das nämliche gilt
mit der Wassertaufe, und des Erlösers Versicherung zu-
folge, müssen wir sie als Nachlassung der Sünden er-
achten, vorausgesetzt, daß sie durch eine Person verrichtet
wird, welche von Gott hiezu bevollmächtigt ist.
      Wir taufen keinen, ausgenommen er ist zu den
Jahren der Vernunft gelangt, und hat selbst erkannt,
daß er gegen seinen Gott sündigte. Wir erachten diese
Handlungsweise in völliger Uebereinstimmung mit dem
Inhalte der Bibel; allein klarer und pünktlicher ist sie
in den alten Urkunden Amerikas aus einander gesetzt,
wovon wir schon, im Anfange dieses Buches geschrieben
haben. Deßhalb können wir das Taufen oder vielmehr
Besprengen der Kinder mit Wasser in keinem andern
Lichte betrachten, sondern blos als eine menschliche An-
ordnung oder vielmehr Verkehrung der alten Ausübung,
die seit langem in der Kirche nun eingeführt ward, seit-
dem die Lampe direkter Eingebung erlosch. Es scheint
mir, daß bei dieser modernen Neuerung, mehr die Be-
quemlichkeit der Ausübung als das Wort oder der Geist
des wahren, lebendigen Gottes berücksichtigt wurde.
      Obgleich nun diese letztere Art seit langem in Aus-
übung, und beinahe allgemein eingeführt worden ist, ja
selbst von grossen und gelehrten Männern bestättigt
wurde, so habe ich doch von einem Manne gelesen,
der grösser ist, als sie alle, daß Er hinab stieg
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in den Fluß Jordan, und dort getauft ward. Hierbei
bleibt zu bemerken, daß der lang ausgeübte und allge-
mein eingeführte Gebrauch eines unrichtigen Grundsatzes
ihn eben so wenig heilige, oder ihn in eine Wahrheit
umwandle, als die Sünde durch ihre allgemeine Aus-
übung geheiligt, oder in einen Grundsatz der Gerechtig-
keit vor Gott verwandelt worden ist.
      Dieselbe Erde, welche wir bewohnen, wurde zuerst
in Wasser getauft, um sie zu reinigen von Sünde und
Befleckung, – und einst wird sie wieder getauft wer-
den, aber nicht mit Wasser, sondern mit Feuer und dem
heiligen Geiste. Sie wird befreit werden von den Fol-
gen ihres Falles, um wieder zu einem Paradiese zu
werden, in welchem der Herr selbst wohnen will, mit
allen Sanftmüthigen, wenn da keiner mehr sein wird,
sie zu belästigen oder zu erschrecken. Dann werden sie
empfangen das verheißene Erbe, denn: »Selig sind die
Sanftmüthigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.«
Die Gewässer der Fluth dienten dem Noe zu ei-
ner Heerstraße, welche ihn von der alten Welt, die
dem Verderben geweiht war, um ihrer Sünden und
Verderbtheit willen, hinüber brachte in eine von Uebeln
gereinigte und geläuterte Welt, über welche der Himmel
seine Segnungen ausgoß, und ihr die Verheißung der
Saat und Ernte und der Zeit des Tages und der Nacht
gab. Während dieser ehrwürdige Patriarch und Vater
einer neuen Welt hinaus staunte in die ihn umgebende
Scenen und die wichtigen und mächtigen Thaten Je-
hova's betrachtete, da erschien der Triumpfbogen in den
Wolken, glänzend in all den verschiedenen Tinten des
Regenbogens als ein Zeichen des Guten und als Glücks-
wunsch für die Erde zu dem Empfang ihres neuen
Monarchen.
      Der Apostel Petrus sagt hierüber: »Auf gleiche
Weise macht uns die Taufe selig.« Sie führt uns
hinaus von der Welt, und bringt uns in das Reich
Gottes, wo die Verheißungen des ewigen Lebens um
uns her sprießen und ihre himmlischen Wohlgerüche aus-
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streuen um uns zu erfrischen und zu bekräftigen auf der
Reise durchs Leben.
      Wenn immer eine Person stirbt, so bereiten sich
sogleich die Freunde des Verschiedenen, ihm den letzten
Dienst ihrer Güte zu bezeigen, indem sie ihn zur Erde
bestatten. Und es ist ein seltener Fall, daß der Liebe
Thränen auf sein Grab fallen, ohne mit der Hoffnung
gemischt zu sein, daß er nach dem Tode wieder aufer-
stehe, um einen Platz der Ruhe zu empfangen zu seiner
Zeit, jenseits des Grabes.
      So ist es mit einer Person, welche wahrhaft an
Christus glaubt, und aufrichtig ihre Sünden bereut.
Er mag betrachtet werden als todt, das heißt: todt für
die Sünde, und der Freundschaftsdienst, den wir ihm
nachher bezeigen können, ist, daß wir ihn begraben in
dem Wasser der Taufe, mit der seligen Hoffnung, daß
er nicht nur allein auferstehe aus diesem Wassergrabe
als eine neue Kreatur, lebend in Christus, sondern daß
er auch auferstehen werde von den Todten, am Aufer-
stehungs-Tage der Gerechten, um mit ihnen aufgenom-
men zu werden in das himmlische Paradies, wo er auf
immer genießen wird die Früchte seines Gehorsams ge-
gen die Befehle des Himmels.
      Vor einigen Jahren unternahmen einige amerika-
nische Missionare, welche unter unsere westlichen Indi-
aner stationirt waren, um sie, wo möglich zu unter-
richten und zu cilvilisiren, einen gewissen Theil des-
neuen Testamentes in ihre Sprache zu übersetzen. Meh-
rere Indier glaubten daran, zufolge dessen die Priester
ihnen vorschlugen, sich taufen zu lassen. Die nöthigen
Vorkehrungen wurden dem gemäß gemacht, und ein
Becken mit Wasser herbei geschafft. Sobald die Indi-
aner es erblickten, fragten sie, zu was dieß Wasser
hier wäre? Der Priester antwortete: Euch damit zu
taufen. Was! sagten die armen Indianer, wollt ihr
uns in dieses Becken thun? O nein! antwortete der
ministrirende Priester, ich will euch nur damit bespre-
gen. Sogleich holten die Indianer dieselbe Uebersetzung
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aus der heiligen Schrift hervor, und sagten zu dem
Priester: »:Ihr habt uns dann das unrechte Buch ge-
geben, denn dieß hier sagt, daß wir begraben werden
müssen mit Christus in der Taufe.«
      Ich habe diese Anekdote hier blos angefügt, um
den Eindruck zu zeigen, den die Schriften auf den vor-
urtheilsfreien Geist dieser gebornen Söhne des Waldes
machten. Und zufolge der zahlreichen Beispiele, die
in den Schriften aufgezeichnet sind, wo die alten Chri-
sten sich an den Ufern des Flusses Schaarenweise sam-
melten, um diesen geheiligten Gebrauch auszuüben, und
dahin zogen, wo viel Wasser war, und dann hinab-
stiegen und im Wasser begraben wurden, – so kann
ich nicht begreifen, wie Personen, die da ihre Bibel
gelesen haben zu einer andern Folgerung kommen, hin-
sichtlich dieses Gegenstandes, als zu einer, zu welcher
die armen Indianer kamen. Der heilige Paulus hat
gesagt ( Röm. 6. Kap. 4. – 5. V ): »Denn wir sind
mit ihm durch die Taufe zum Tode begraben, damit,
gleichwie Christus auferstanden ist von den Todten,
durch die Herrlichkeit des Vaters, also auch wir in ei-
nem neuen Leben wandeln.«
      »Wenn wir nämlich (mit ihm) zusammengepflanzt
sind zur Aehnlichkeit seines Todes, so werden wir es
auch zur Aehnlichkeit der Auferstehung sein.«

Sechster Artikel.
Ueber die Konfirmation nach der Taufe durch Auflegung der Hände.

      Dieß ist eine Verordnung, welche in unsrer Kirche
genau beobachtet wird, und Niemand kann als ein
Glied derselben betrachtet werden, außer er ist durch
Auflegung der Hände der Aeltesten konfirmirt worden.
Nachdem der Kandidat getauft worden ist, so ist es
des funktionirenden Priesters Pflicht, ihm den Nutzen
und die eigenthümliche Beschaffenheit dieser Verordnung
zu erklären, und es seinem Verstande begreiflich zu
machen. Wenn dieß geschehen, dann muß er fortfah-
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ren, sich in einem feierlichen Gebete zu Gott dem All-
mächtigen zu wenden und dem Kandidaten die Hände
auflegen im Namen Jesu, damit er ihn so dem Dienste
des Herrn weihe, und die Segnungen des heiligen
Geistes über ihn bestätige.
      Wenn nun jedes Ding auf eine nüchterne, klare
und andachtsvolle Weise geschehen ist, so haben wir
Ursache, den Beifall des Himmel zu erwarten, der
uns die Früchte unsrer Arbeit gnädig bewahren wird
für das ewige Leben, nachdem wir treue Anhänger der
Tugend und Gerechtigkeit waren. Da nun diejenigen,
welche das Amt der Priesterschaft ausüben, gleichsam
das verbindende Glied zwischen Christus und seinem
Volke bilden, so wird uns durch Auflegung der Hände
ein Theil jenes Geistes mitgetheilt, der dem Busen des
höchsten Gottes entströmt
. Und gleichwie die Reben
am Weinstocke ihre Nahrung aus jenem Safte ziehen
der von der Wurzel aufsteigt, und Leben und Frische
bis an ihre äußersten Ende bringt, so führt auch der
Geist Gottes, der aus der ewigen Quelle fließt, durch
den Kanal des Priesterthums, Leben, Gesundheit und
Freude zu allen Gliedern, und theilt ihnen jene Ge-
fühle mit, die eine glorreiche und himmlische Verbin-
dung unter ihnen und mit ihrem ewigen Haupte erzeu-
gen, wo sie auf diese Weise eins werden mit Christus,
so wie Christus Eins ist mit dem Vater. Denn wenn
ein Glied leidet, so leiden sie alle, und wenn ein Glied
geehrt wird, so erfreuen sie sich insgesammt. Christus
sagt hierüber zu seinen Jüngern: »Der, welcher euch
»aufnimmt, nimmt mich auf, und der mich aufnimmt,
»nimmt den Vater auf, welcher mich gesandt hat. Und
»jene, welche euch verachten, verachten mich, und in-
»dem sie mich verachten, verachten sie auch Ihn, der
»mich gesandt hat.« Dann sagte er wiederum: »Was
»ihr immer einem von den Geringsten aus meinen Brü-
»dern gethan habt, das habt ihr mit gethan.« —

      „Wir taufen keinen, ausgenommen er ist zu den Jahren der Vernunft gelangt, und hat selbst erkannt, daß er gegen seinen Gott sündigte.“ Dieser Grundsatz wurde aber so nie beachtet. Im Neunten Artikel erklärt Hyde, daß statt der beschriebenen Selbsterkenntnis nur ein bestimmtes Mindestalter erforderlich ist: acht Jahre. Zur Legitimierung nennt man dieses in der Kirche das Alter der Verantwortlichkeit. Das heißt, in der Kirche wird man ab acht Jahren für verantwortlich gehalten, deshalb müsse man auch mit Erreichen diesen Alters getauft werden. Die Erfahrung lehrt allerdings, daß nicht ein einziges Kind das Ausmaß der Taufe begreifen und mit Sicherheit keine Sünde gegen Gott selbst erkennen kann. In diesem Alter könnte man es höchstens daherreden, wenn es zuvor deutlichst eingeprägt wurde, so daß diese Taufe nur den Eltern zum Gefallen getan wird, weil es sie erfreut.


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