In dich, o Mensch! sucht der Schöpfer zu dringen mit seinem heiligen Worte, durch den Mund seiner Diener, in dich sucht er zu dringen, wenn Er dir Sein göttliches Bild in den Werken der Natur gleichsam wie durch einen Spiegel zeigt, und mit Seinem hl. Geiste will Er dich beleben, der gleich dem Winde, leichter zu fühlen, denn zu sehen ist. Solltest Du aber dein Herz nicht zu ihm wenden, ohngeachtet der Ueberredungskraft dieser sprechenden Sachwalter, so wisse, daß du verloren bist, denn der Herr selbst hat gesagt: »der welcher nicht glaubt, soll verdammt werden.« Vielleicht werden einige Personen sagen: »ich glaube mit ganzem Herzen, daß Jesus Christus der Sohn Got- tes ist, so wie auch an Seine heilige Religion, aber willst du uns auch sagen, was wir zu thun haben, um diese Religion zu genießen, und in das Reich Gottes einzugehen? Ich bin höchst erfreut, solch ein volles offenes Be- kenntniß des ersten Grundsatzes der christlichen Religion zu vernehmen, denn gerade solch ein Bekenntniß fordert das Evangelium und ich schreite mit Vergnügen vor- wärts einen zweiten Grundsatz anzudeuten. Ueber die Reue. Die Reue ist jenes Gefühl des Kummers und der Betrübniß des Herzens über begangene Beleidigungen Gottes, welches eine Person mit festem Vorsatze erfüllt, ihre Sünden und begangenen Ungerechtigkeiten zu mei- den, und ihren ganzen Lebenswandel umzuändern. Die Reue ist eine Lehre, welche nur Demuth abzielt, die Verfeinerung in ihren Folgen bringt, und nur dahin strebt, ihre Getreuen von Stolz und Hoffart abzustrei- fen und sie hinzubringen zum Fuße des Kreuzes wo der Strom der Gnade fließt, damit sie rein gewaschen werden mögen von ihrer Schuld und von ihren Befleck- |
ungen. Die Reue ist in der That gleich der Arznei des Physikers, die zwar widrig für den Geschmack, aber der Gesundheit des Körpers zuträglich ist. Der weltlich gesinnte Mensch liebt freilich nicht in seinen Bestrebungen nach Wohlstand und Größe nach- zulassen, noch will der Mann des Vergnügens sich von jenen bezaubernden Reizen trennen, die beinahe an je- dem Orte und in verschiedenen Formen und Gestalten seine Schritte abzulenken suchen von dem Pfade der Tugend und Frömmigkeit. Auch wird es dem Reichen schwer, seine Güter freigebig den Armen zu spenden, und der Stolze und Hoffärtige hat keine Lust in dem Thale der Demuth zu wandeln. Die Namen solcher Personen mögen wir in der That oft innerhalb einer Kirche auf Stein eingegraben finden; aber wenn die Worte Jesu als zuverlässige Wahrheit gelten, so wisset, daß deren Namen nicht auf der Liste der Geheiligten vorgezeichnet sind, um einst im ehrenvollen Andenken zu glänzen an jenem Tage, wo die, die durch die grosse Trübsal gegangen sind, und ihre Kleider rein und weiß gewaschen haben im Blute des Lammes, gekrönt werden mit unsterblichen Ehren zur Rechten ihres Herrn und Königs. Während dem Laufe meines Lebens bin ich durch verschiedene Gegenden gewandelt, und habe die Men- schen in verschiedenen Graden angetroffen. Ich sah den Reichen in seinem Glanze rollen, strahlend von Gold und Diamanten, gleich als ob er die breiten Falten des gestirnten Himmels um sich verschlungen hätte. Ich habe auch den Armen gesehen! Mancher war so elend, daß das Leben ihm nur eine Bürde schien, die ihm gegeben ward, sein Elend zu verewigen, damit der Kelch seiner Drangsale schon hier, auf dieser Erde gefüllt würde. Doch worauf mein Augenmerk sich mit größtem Interesse wendete, war, zu sehen, wie der starke Arm der politischen Macht einen goldenen Thronhimmel über die Kirche ausspannte. Es ziemt mir nicht, jedes Ding |
zu verdammen, welches ich nicht in die Harmonie mei- ner Gefühle bringen kann; jedoch habe ich ernstlich über die Wahrheit einer Kirche unter solchen Umstän- den nachgedacht, der es möglich ist, in ihrem Schoose Grundsätze und Verfahrungsarten zu beherbergen, die einer reinen und unbesudelten Religion entgegen gesetzt sind. Die Hand des Winters breitet einen weißen Mantel über das Anlitz der Erde, und birgt für Au- genblicke ihre Mißgestaltungen; doch wenn die Sonne kömmt, und ihre wärmenden Strahlen wieder ausgießt über die Erde, so schmilzt ihre schneeige Decke hinweg, und jede rauhe und ungeziemende Stelle erscheint dem Auge. So naht auch jetzt die Zeit heran, wo der hül- lende Vorhang, der über alle Nationen geworfen ist, entzwei gerissen wird, gleich dem Vorhange des Tem- pels bei der Kreuzigung Christi; und alles Geheime wird dem Blicke kund gegeben werden, und: »dann soll jedes Menschen-Werk erprobt werden, welcher Art es ist.« Wer immer zurückblicken will mit vorurtheilsfreiem Gemüthe zum Beginne des Christenthums, der muß bekennen, daß eine grosse Verschiedenheit in dem Zu- stande der früheren und jetzigen Kirche herrscht. Denn der grosse Gründer des christlichen Glaubens konnte in Wahrheit sagen: »Die Füchse haben ihre Höhlen und »die Vögel ihre Nester, allein des Menschen Sohn hat »nicht, worauf er Sein Haupt legen könnte.« Er sagte auch: »daß der Diener nicht über seinen Herrn ist, noch »der Schüler über seinen Meister« und ich, ich möchte noch hinzufügen, daß es höchst unnatürlich ist, daß ein Strom gegen seine Quelle anschwelle; jedoch das moderne Christenthum ist gegen seine alte Quelle aufgestanden, und hat die Wolken weltlicher Ehre um sich gezogen. Soll ich mein Urtheil über diese Ordnung der Dinge fällen? Nein! Mein Meister hat mich nicht bevoll- mächtigt, dieß zu thun. Aber er hat mich bevoll- mächtigt, zu sagen: »daß der Tag kommen wird, welcher brennt gleich einem Ofen, und daß alle die |
Stolzen und die, welche Ungerechtigkeiten üben, gleich Stoppeln sein werden. Und der Tag wird kommen, der sie hinweg brennt, Wurzel und Ast, sagt der Herr!« Wenn denn alle Stolzen, und alle die, welche Unge- rechtigkeiten üben, hinweg gebrannt werden, wer kann da gerettet werden? Hätte ich die Beredsamkeit eines Engels, und hätte ich so viele Zungen, als Hydra, ich würde sie alle anwenden, Reue zu predigen dieser Ge- neration. Doch ein Mann fragt mich, wie er an das Werk der Reue zu gehen hätte. Nüchternes Betrachten und Erwägen müssen seine ersten Schritte sein. Er möge bedenken, daß es ein gutes Wesen ist, gegen welches er gesündigt, und dessen Gesetze er übertreten hat, und das selbst Seinem Sohn nicht verweigerte, für ihn zu sterben ein Wesen, welches ihn erheben wollte in der andern Welt, und ihn scheinen machen wollte in einer Glorie, gleich der Sonne am Firmamente. Der nächste Schritt ist, daß er oft den Platz geheimen Ge- betes besuchen möge, um seine Seele auszugießen vor Gott. Er verbanne jeden eitlen Gedanken aus seinem Gemüthe und fasse den festen Entschluß, sich selbst dem Dienste und der Anbetung des Herrn zu weihen; und ich kann ihm mit Sicherheit sagen, daß er nicht lange zu warten brauche auf diesem Wege, bis ein Strahl des göttlichen Mitleides ihn erwärme, und sein eisiges Herz zu Thränen der Freude schmelze, die von einem demüthigen Geiste zeugen. Und er bringe alsdann dank- bares Lob seinem Herrn und Gott. Ist der Mensch so weit vorgeschritten in seinem Streben nach ewigem Leben, so ist er ein geeigneter Gegenstand für die Wassertaufe, denn er glaubt bereits, und hat auch aufrichtig bereut seine Sünden. |
Die Lehre von der Reue, Buße oder Umkehr wurde bis heute etwas
verfeinert, ist aber in etwa die gleiche geblieben. Viel interessanter sind hier zwei
weitere Punkte, die er erläutert:
Der erste redet von weltlichem Einfluß und Reichtum der Kirchen,
wie Hyde sie damals in Europa vorgefunden hatte. Er verdammt dies mit eindeutigen Worten.
Jedoch hat auch die Mormonenkirche heute sehr viel politischen Einfluß gewonnen, den
sie auch rege nutzt, und über die weltlichen Güter der Kirche gibt es wohl keine
Diskussion. Und so müssen wir bekennen, daß eine grosse Verschiedenheit
in den Zustande der früheren und jetzigen Kirche herrscht. Denn der grosse Gründer
des christlichen Glaubens konnte in Wahrheit sagen: Die Füchse haben ihre
Höhlen und die Vögel ihre Nester, allein des Menschen Sohn hat nicht, worauf er
Sein Haupt legen könnte. Ja, so ist das mit dem Verdammen des Reichtums;
wenn man ihn erst selbst angehäuft hat, ist er plötzlich eine Segnung Gottes.
Der zweite Punkt betrifft eine tiefe Kirchenlehre, nämlich den
Gott dieser Erde betreffend. Ein neuerer Prophet sagte einmal, daß Jesus der
Gott dieser Erde sei, der Gott des Alten Testaments war und der einzige Gott ist, mit dem
wir zu tun hätten. Dies ist die heutige Lehre der Kirche. Aber Hyde lehrte noch,
daß der Mensch gegen den Vater sündigt und vor ihm bereuen müsse. Wird
dieser Widerspruch durch die Änderung im Gottesbild oder die in der Zuständigkeit
für diese Erde verursacht?