Ruf aus der Wüste, eine Stimme aus dem Schoose der Erde. «·» Kurzer Ueberblick des Ursprungs und der Lehre der Kirche Jesus Christ of Latter Day Saints in Amerika, gekannt von Manchen unter der Benennung: »Die Mormonen.« «·» Von Orson Hyde, Priester dieser Kirche. Lese, betrachte, bete und handle ! «·» Frankfurt, 1842. Im Selbstverlage des Verfassers. |
Das heftige Verlangen, welches der Verfasser dieses Werkchens hegt, sich einer Verpflichtung zu entledigen, unter welche er sich durch eine mehr als menschliche Gewalt gebracht fühlt, so wie auch die herzliche Sorgfalt, womit er seine Mitmenschen durch die Kundgabe jener Wahrheiten zu beglücken wünscht, die sein eigenes Herz mit unaussprech- licher Freude füllen dieß veranlaßte ihn, dem deutschen Volke nachstehenden, kleinen Band mit Wärme anzuempfehlen, damit er mit jenem In- teresse aufgenommen werden möchte, welches der Wichtigkeit des behandelten Gegenstandes angemes- sen ist. Wenn im Laufe menschlicher Ereignisse es uns durch Anordnung göttlicher Vorsehung zur Pflicht gemacht wird, jene merkwürdigen Begeben- |
heiten aufzuzeichnen, die da geignet sind, eine neue Aera zu bilden, den Grund zur Erneuerung einer geistigen Welt, so wie zur Zerstörung der Tyrannei und Unterdrückung zu legen, um das ruhmvolle Reich des Friedens-Fürsten befördern zu helfen dann füllen sich die Gemüther mit Staunen und Verwunderung. Die tausendjährige Kirche Christi ist in den vereinigten Staaten Amerika's durch unmittelbares Wirken der göttlichen Vorsehung gestiftet worden, indem er Seinen heiligen Engel sandte, um den Völkern die wahren Grundlehren seiner Kirche an- zuzeigen, die in den letzten Zeiten wieder hergestellt werden sollte, zur Vorbereitung der zweiten An- kunft Christi in diese Welt. Der Autor dieses kleinen Werkes ist ein Ame- rikaner bei Geburt, und ein Priester dieser Kirche seit eilf Jahren; beinahe seit dem Anfange ihrer Organisation. Dieselbe begann den 1. April 1830 in der Stadt Manchestre, Grafschaft Ontario, in dem Staate New-York, bestehend in sechs Glie- |
dern. Doch sehr bald wuchs sie zu Hunderten und Tausenden an. Als es zur bessern Organi- sation vorschritt, gab es unter ihnen Propheten und Apostel, genannt, von Gott. Diese wurden zu hohen, verantwortlichen Posten ordinirt, und mit dem heiligen Oele gesalbt. Die Schnelligkeit, mit welcher sich diese Lehren über Amerika und England seit ihrer Kundmach- ung, obgleich unter den ungünstigsten Umständen, verbreiteten, bezeugt: daß in ihnen eine Macht und Gewalt verborgen liegt, die sie der Aufmerk- samkeit eines denkenden Volkes würdig erklärt. Die Zahl der Verbrüderten in den zwei Län- dern reicht an 80,000 hinauf. Die Bestimmung dieses kleinen Werkes ist des- halb, die besonderen Grundsätze und Lehren unsrer Kirche auseinanderzusetzen, die den Namen führt: The Church of Jesus Christ of Latter Day Saints Seit dem Entstehen dieser Kirche hatten wir uns durch Widerwärtigkeiten ernsthafter Art hin- durch zu kämpfen. Die lästernde Zunge der Ver- |
läumdung und Falschheit hatte sich gegen uns gekehrt, und Kanzel und Presse warfen mit frei- gebiger Hand Steine des Anstoßes in unsere Wege. Jedoch wäre es nur bei diesem geblieben, so hät- ten wir wenig Grund zu klagen. Allein unsere Feinde, sehend, daß moralische Kraft nicht aus- reichend war, die raschen Fortschritte unserer Lehre zu hemmen, griffen nach anderen Mitteln, und ihre eigene Sprache war: Laßt uns ihnen mit Argu- menten vom blutigen Stahle entgegen treten! Und sie fielen über uns her, das Schwert in der Hand. Sie brannten viele unserer Häuser nieder, zerstörten unsere Felder, tödteten unser Vieh und erschossen mit kaltem Vorsatze beiläufig dreißig unserer Brüder, wovon viele derselben Priester wa- ren; oder verwundeten sie elendiglich, selbst dann, wenn sie keinen Widerstand leisteten. Als einen Amerikaner schmerzt es mich, solche Brutalität von meinen Landsleuten bekennen zu müssen, allein ein ewiges Walten, das die Interessen aller Vöker in einander menget, fordert das Opfer |
jeder lokalen Anhänglichkeit, und das laute Bekennt- niß der Wahrheit zur Warnung für alle Völker, damit sie sich hüten sollen, nie die Urheber solchen Elendes zu werden. In diesem Sturme der Verfolgung, welcher in dem Winter 183839 über uns hereinbrach, wur- den beinahe zweihundert Heilige in's Gefängniß ge- schleppt. Einige erhielten ihre Freiheit nach wenigen Tagen; andere schmachteten drei oder vier Wochen, und wieder andere lagen sogar in Ketten wohl ein halbes Jahr; worauf sie aber dennoch in Freiheit gesetzt wurden, obgleich ihre Feinde ihre Richter waren. Beiläufig 12,000 Seelen wurden verbannt in kalter Winterszeit, und ihre Häuser, Güter, Gründe &c. &c. ihren Feinden zum Raube überlassen. Dieß alles fand statt unter dem Schutze eines Unter-Gouverneurs, dessen ganze Verfahrensart im geraden Widerspruche mit den Gesetzen des Landes stand; allein er fürchtete in uns eine rivalisirende Macht. |
Die Sache ist nun vor den Amerikanischen Kongreß gebracht, und es ist zu hoffen, daß den Nachtheilen und Kränkungen eines leidenden, un- schuldigen Volkes auf eine geeignete Art abgeholfen werden wird, durch diese ehrenvolle Versammlung. So mußten wir denn hindurchgehen durch Be- trübnisse und Demüthigungen der schmerzlichsten Art; jedoch gleich der jungen, zarten Mutter, deren Liebe zu ihrem Neugebornen um so grösser ist, je mehr Schmerz sie bei seiner Geburt auszustehen hatte, so ist auch unsere Liebe für unsere Religion gestärkt durch die grausame Hand der Verfolgung, welche Verbannung, Kerker und Tod über uns verhängte. Diese haben uns jedoch nicht mehr gethan, als unserm Herrn und Meister, und den Heiligen der frühern Tage, und wenn wir gleich diesen lei- den in dieser Welt, so hoffen wir auch mit ihnen verherrlicht zu werden in jenem Lande, das ausser dem Bereiche der Unterdrücker liegt. Der Leser wird deßhalb ernstlich ermahnt, die- |
ses kleine Werk mit Sorgfalt und Aufmerksamkeit zu lesen. Keiner möge voreilig über seinen In- halt richten, oder ihn verdammen; sondern vielmehr in seiner Seele Innerstem zu Gott beten mit ver- langendem Herzen, im Namen seines heiligen Kin- des Jesu, damit Licht und Erkenntniß, Freude und Fröhlichkeit auf ihn herabsteige, um seinen Geist zu beleben und seine frommen Wünsche zu erhören. Wie willkommen sind uns nicht die Strahlen des Morgens nach den dunklen Schatten einer Nacht? So mögen wir auch gleichsam fühlen nach einer langen, einsamen Nacht geistiger Finsterniß, unter welcher die rollende Erde und ihre Bewohner so manches Jahrhundert seufzten. Ein Engel, ja ein Engel gesandt von dem Allmächtigen, stieg herab um den Schleier der Dunkelheit von dem Verstande einiger hinweg zu heben, um sie empfänglich zu machen für die Lichtstrahlen der Wahrheit, die da die Herzen so Vieler erwärmen und erfreuen. Willkommen, ja willkommen du Bote des Himmels, und dreimal willkommen die Botschaft, die du uns gebracht. |
O gütigster Vater! Ich bitte dich im Namen deines heiligen Kindes Jesu, segne die schwache Bemühung deines Dieners; und wohin immer dieses Büchlein gehen mag, laß es ein Bote der Ueberzeugung sein für die Bösen, und ein Vor- läufer des Friedens für die Gerechten. Laß seinen Inhalt von günstigen Winden hingetragen werden bis an die fernsten Gränzen und laß seinen Ein- fluß auf den reichen und fruchtbaren Boden de- müthiger und rechtschaffener Herzen gedeihen, sprossen und Früchte tragen bis in das ewige Leben fort. Wandre nun hinaus du kleines Buch, der Herr wird deine Wege beschleunigen. Bekämpfe die Vorurtheile, die gegen dich aufstehen werden, nimm deine Feinde gefangen, zieh' ein mit deinen Tugenden in die Herzen der Völker, und laß deine Grundsätze dort thronen für immer. Frankfurt, im August 1842. Der Verfasser.
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Erklärung. Da eine buchstäbliche Uebersetzung des Titels un- serer Kirche in's Deutsche eine zu grosse Idee von Hei- ligkeit geben würde, als wir in Anspruch nehmen, so habe ich es geeigneter gefunden, ihn in seinem Ursprunge, in englischer Sprache zu lassen, da ich nicht berechtigt bin, denselben auch nur im Geringsten zu ändern. verstehen wir eine Gesellschaft, verbunden durch religiöse Verhältnisse, welche sich durch Eifer und Frömmigkeit auszeichnet. Und diese zusammen sind denn genannt: »Die Heiligen unsers Herrn Jesu Christi in diesen letzteren Tagen.« Ich finde, daß in Deutschland und in manchen andern Ländern die Benennung »die Heiligen« nur sehr wenigen Personen beigelegt wird, und zwar erst nach ihrem Tode, wo man ihnen, nachdem sie zu die- sem Range gelangt sind, Gebete weiht, und sie als Patrone und Vermittler anruft. Da die heilige Schrift über diesen Gebrauch gänzlich schweigt und wir auch in Beziehung dessen keine glaubwürdige Belehrung erhalten |
haben, so wünschen wir, daß wir nicht auf solche Weise verstanden werden möchten. Das Volk Gottes wird sowohl in dem alten, als neuen Testamente »die Heiligen« genannt. Dieß ist ein Name den der Herr selbst gegeben, ein Name, bei welchem wir genannt zu sein wünschen, und für dessen Ehre wir allein zu leben verlangen; denn jene die so genannt sind, werden Theil haben in der ersten Auf- erstehung. Jene Heiligen, oder das Volk Gottes, von welchem in der Bibel gesprochen wird, lebte in einem frühern Zeitabschnitte; und wir, die wir in einer spä- tern Periode leben, sind deshalb genannt: »Die Heili- gen der letzteren Tage« oder Latter Day Saints. |
Wie der Engel des Herrn dem Joseph Smith jun. erschien. Joseph Smith jun., die Person, zu welcher der Engel des Herrn zuerst gesandt ward, wurde geboren den 23. Dezember A. D. 1805 in der Stadt Sharon, Grafschaft Windsor Vermont. Als er zehn Jahre alt war, zogen seine Eltern nach Palmyra in den Staat New-York. In dieser und in der nahe gelegenen Stadt Manchester verlebte er beinahe eilf Jahre. Seine ein- zige Beschäftigung war, den Boden zu pflügen und ihn zu bebauen. Da seine Eltern arm waren, und eine zahlreiche Familie zu ernähren hatten, so war seine Er- ziehung sehr mangelhaft. Er konnte ziemlich gut lesen, dafür schrieb er aber höchst nothdürftig, und hatte nur geringe Kenntnisse von Redebildern. Höher reichte sein literarisches Wissen nicht. Die meisten der Gegenstände, welche so allgemein in den vereinigten Staaten Ame- rika's gelehrt werden, waren ihm in jener Zeit gänzlich unbekannt, wo er mit einer Himmels-Botschaft begün- stigt wurde. |
Als er sein fünfzehntes Jahr erreicht hatte, fing er ernsten Sinnes über das Wichtige einer Vorbereitung für die Zukunft nachzudenken an; doch schwer ward es ihm zu entscheiden, wie er sich an ein so bedeutungs- volles Werk zu setzen hätte. Er sah klar ein, daß es ihm unmöglich sein würde, auf dem rechten Wege zu wandeln, ohne ihn zuvor zu kennen; und seine Hoff- nungen des ewigen Lebens auf einen Zufall oder eine blinde Ungewißheit zu stützen, das wäre mehr gewesen, als er je zu thun gesinnt war. Er entdeckte die religiöse Welt arbeitend unter dem Andrange von Irrthümern, die durch ihre wider- sprechenden Meinungen und Grundsätze den Grund zur Entstehung so verschiedener Sekten und Parteien legten, und deren Gefühle gegen einander nur zu oft durch Haß, Streit, Groll und Wuth vergiftet waren. Er fühlte daß es nur eine Wahrheit gäbe, und daß die- jenigen, welche sie recht verständen, sie auch gleichmäßig verständen. Die Natur hatte ihn mit einem starken, beurtheilenden Verstande begabt, und so sah er denn durch das Glas der Vernunft und des guten Sinnes mit Mitleid und Verachtung auf jene Religionssysteme hin, welche einander so entgegen gesetzt, und dennoch alle offenbar aus den Schriften der Wahrheit gezo- gen sind. |
Nachdem er sich zu seiner eigenen Genugthuung hinlänglich überzeugt hatte, daß Finsterniß die Erde bedeckte, und grosse Dunkelheit die Völker, da verließ ihn die Hoffnung, je eine Sekte oder Partei zu finden, die im Besitze der reinen Wahrheit wäre. In Folge dessen machte er sich denn selber glau- bensvoll an die Untersuchung des Wortes Gottes, als die beste Art und Weise zur Erkenntniß der Wahrheit zu gelangen. In dieser lobenswürdigen Beschäftigung hatte er noch nicht lange fortgefahren, als seine Augen auf folgende Stelle des heiligen Jakobus fielen: »Wenn »Jemand von euch der Weisheit bedarf, so laßt sie »ihn von Gott begehren, der da allen Menschen frei- »gebig gibt und nichts vorwirft, und es soll ihm ge- »geben werden.« Diese Stelle betrachtete er als eine Vollmacht zu einem feierlichen Anrufe an seinen Er- schaffer, um vor Ihm seine Bedürfnisse ausbreiten zu dürfen, mit sicherer Hoffnung zum gewissen Erfolge. Und so fing er denn an, die heißen Wünsche seiner Seele mit glaubensvoller Entschlossenheit zum Herrn hinauf zu senden. Bei einer gewissen Gelegenheit begab er sich in ein kleines Wäldchen nahe an seines Vaters Wohnung, und knieete nieder zum feierlichen Gebete vor Gott. Da machte der Widersacher verschiedene mächtige Versuche, den Eifer seines Gemüthes zu er- kalten. Er umnachtete seinen Verstand mit Zweifeln, |
und führte seiner Seele allerlei unpassende Bilder vor, um ihn an der Erreichung des Gegenstandes seiner Bestrebungen zu hindern; allein die überfließende Gnade unseres Gottes kam ihn aufzurichten, und verschaffte neue Triebe seinen schwindenden Kräften. Bald theilte sich jedoch die trübe Wolke, und Licht und Friede füllte sein geängstigtes Herz. Und von Neuem rief er wie- der mit Glauben und Kraft des Geistes zum Herrn. In diesem heiligen Momente schloß sich die, ihn umgebende Natur vor seinen Blicken, um der Darstel- lung himmlischer und geistiger Dinge freien Raum zu geben. Zwei glorreiche, himmlische Personen stunden vor ihm, die sich in Gesicht und Gestalt ganz einander glichen. Diese unterrichteten ihn, daß seine Gebete er- hört seien, und daß der Herr beschloßen habe, ihn mit besonderer Gunst zu beglücken. Es wurde ihm auch ge- sagt, daß er keiner Religions-Secte oder Parthei an- hängen solle, da alle derselben in ihrer Lehre irrten, und keine von Gott als Seine Kirche und Sein Reich angesehen wäre. Ferner ward ihm noch befohlen, in Geduld zu harren bis zu einer künftigen Zeit, wo die wahre Lehre Christi und die ganze Vollheit des Evangeliums ihm soll geoffenbaret werden. Das Ge- sicht schloß sich, und Friede und Ruhe stiegen in sein Gemüth. |
Einige Zeit nachher als ihm diese himmlische Offen- barungen geworden sind (in seinen früheren Jahren), ver- fiel er in die Fehler und Eitelkeiten der Welt, welche er später jedoch aufrichtig bereute. Am Abende des 21. Septembers A. D. 1823 ge- fiel es dem Herrn sein Flehen wieder zu erhören, und den Bitten seines Herzens zu antworten. Er begab sich wie gewöhnlich, in dieser merkwürdigen Nacht zur Ruhe mit dem betenden Wunsche, daß ihm wieder eine Un- terredung mit irgend einem himmlischen Boten gewährt werden möchte, der ihm die gewünschte Unterweisung über seine Annahme vor Gott, so wie auch über die zu enthüllenden Grundsätze der Lehre Christi geben würde, der Verheißung gemäß, die ihm in dem früheren Ge- sichte ward. Als er so fortfuhr sein Gebet dem himm- lischen Vater zuzusenden, da füllte plötzliches Licht, gleich dem des Tages, nur noch reiner und verklärter, das Zimmer. Der erste Anblick war in Wahrheit, als ob das Haus in verzehrendem Feuer stünde. Das plötzliche Erscheinen dieses Lichtes, hatte eine Wirkung, gleich der eines heftigen Stoßes, auf seinen Körper, die bis an dessen Extremitäten fühlbar war. Sein Gemüth jedoch fühlte sich sogleich mit Ruhe und Heiterkeit übergoßen, und sein Zustand erhob sich zu einem Entzücken der Freude das jede Beschreibung |
übersteigt. In derselben Minute stand eine Person vor ihm, deren Gestalt, ohngeachtet des Lichtes, welches das Zimmer erhellte, von noch strahlenderem Glanze um- floßen war. Ihr Gesicht, obgleich dem Blitze ähnlich, war lieblichen, unschuldigen und gewinnenden Anblickes, so daß jede Furcht aus seinem Herzen verbannt war. Die Figur dieser Person war etwas über die ge- wöhnliche Höhe der Männer im jugendlichen Alter; ihre Kleidung war vollkommen weiß, und schien ohne Nacht zu sein. Dieses glorreiche Wesen gab sich selber als einen Engel Gottes kund, gesandt auf Befehl des Herrn, ihm zu verkünden, daß sein Gebet nun wirklich erhöret sei, und daß er ihm die frohe Botschaft bringe, daß der Bund, welchen Gott mit den Alten in Israel in Be- treff ihrer Nachkommenschaft gemacht hatte, nun der Zeit seiner Erfüllung nahe sei; daß das grosse Vorberei- tungs-Werk zur zweiten Ankunft des Messias, seinen Anfang nehmen werde, daß die Vollheit des Evange- liums mit Macht unter allen Nationen gepredigt werden werde, um ein Volk zu bilden mit Glauben und Ge- rechtigkeit für das tausendjährige Reich allgemeinen Friedens und ungestörter Freude. Diese Belehrungen wurden ihm hier gegeben, da- mit er als ein von Gott Berufener und Auserwählter |
die wunderbaren Absichten erkenne, die Gott durch ihn bewirken wolle. Es ward ihm auch gesagt, daß die »Amerikanischen Indier«, Trümmer des Hauses Israel wären, und daß selbe, als sie Jerusalem verließen, um nach Amerika auszuwandern, ein erleuchtetes Volk wa- ren, im Besitze der Kenntniß des wahren Gottes, seines Segens und seiner besondern Gunst genießend. Die Propheten und begeisterten Schriftsteller unter ihnen waren beauftragt, eine Geschichte über die unter ihnen statt findenden wichtigen Ereigniße zu führen, und sie so von Generation zu Generation zu überliefern. In Länge der Zeit verfiel dieses Volk in große Gottlosigkeit, und der größere Theil desselben ward vertilgt: aber ihre Urkunden wurden auf Befehl des Herrn durch einen ihrer letzten Propheten schützend in den Schoos der Erde niedergelegt, um sie vor den Hän- den der Gottlosen zu bewahren, die sie zu zerstören suchten. Es ward ihm gesagt, daß diese Urkunden viele heil. Offenbarungen enthielten, die zur Ergänzung des Evangeliums gehörten, und die als Prophezeihungen im großen Bezuge auf die Ereigniße der letzten Tage stün- den, und daß sie ferner um der, den Alten gegebenen Verheißung willen, die diese Urkunden niedergeschrieben haben, zur Kenntniß der Völker gelangen müßen, um so den Absichten Gottes zur Wiedereinsetzung ihrer Kin- der den Weg zu bahnen. |
Auch ward ihm versprochen, daß wenn er gläubig befunden würde, er das hoch begünstigte Werkzeug sein sollte, diese heiligen Dinge ans Licht zu bringen. Er ward noch besonders aufmerksam gemacht, daß dies Werk im einzigen Hinblicke auf Gott gethan werden müße, und daß da keiner mit diesen heil. Schriften vertraut gemacht werden könnte, der sich bemühen würde, sich selbst zu erheben, bei Verwendung dieser heiligen Dinge zu ungerechten und speculativen Zwecken. Nachdem der Engel dem Joseph Smith noch viele andere Belehrungen, gegenwärtige und künftige Dinge betreffend gegeben hatte, die aber in diesem Werke nicht alle aufgezeichnet werden, verschwand er, und die Glorie des Herrn mit ihm, jedoch sein Gemüth blieb beseligt mit himmlischen Frieden. Bis zum anbrechenden Morgen ward dies Gesicht noch zweimal wiederholt, und immer mit neuen Beleh- rungen, das Vollbringen des grossen Werkes Gottes auf Erden betreffend. Am nächsten Morgen ging Joseph Smith hinaus ins Freie an seine Arbeit wie gewöhnlich; und hier er- neuerte sich das Gesicht zum wiederholten Male. Der Gesandte des Herrn erschien ihm auf dem Felde und zeigte ihm den Fleck, wo die heil. Urkunden, von deren |
Wichtigkeit er Nachts vorher schon unterrichtet worden war, niedergelegt wurden, und er befahl ihm, sogleich zu gehen und nach denselben zu sehen. Dem zufolge gebab er sich an den bezeichneten Platz, welcher nicht weit von seines Vaters Wohnung entfernt war. Es war am 22. Sept. A. D. 1823, wo er nach einer klei- nen Anstrengung beim Aufgraben der Erde und Hin- wegräumung mehrerer über einander gelegter Steine, die mit Maurerkitt verbunden waren, endlich die heili- gen Urkunden seinen natürlichen Augen dargegeben sah. Während er staunend und bewundernd diese geheiligten Schätze betrachtete, sieh ! da stand der Engel des Herrn, der ihn vorhin schon besucht hatte, wieder an seiner Seite. Und seine Seele ward wieder erleuchtet wie Abends vorher, er ward erfüllet mit dem heiligen Geiste, der Himmel öffnete sich und die Glorie des Herrn erschien um ihn. Und als er so dastand in Entzücken versunken in Gegenwart des Boten himmlischer Glückseligkeit, da sprach der Engel zu ihm: «Sieh !» Und als er dieß gesagt hatte, sah Joseph Smith den Fürsten der Finsterniß vorbeiziehen mit einem zahllosen Heere seiner Verbündeten; und der Himmelsbote sagte abermals zu ihm: »Dir ist nun gezeiget worden das Gute und »das Böse, das Heilige und Unreine, die Glorie Got- »tes und die Macht der Finsterniß, damit du hernach |
»erkennen möchtest, die beiden Gewalten, um nicht von »dem Bösen bethört zu werden. Sieh, was da immer »dich zum Guten aufmuntert, das kommt von Gott, was »es aber nicht thut, das ist vom Bösen. Er ist es, der »der Menschen Herz mit Uebel füllt, damit sie wandeln »in Finsterniß und Lästerung des Herrn; du aber wirst »von nun an erkennen, daß seine Wege zum Verderben »führen, jener aber der Heiligkeit zu Friede und Ruhe. »Jetzt ist es dir noch nicht erlaubt, diese Urkunden in »Empfang zu nehmen, denn es ist der Befehl des Herrn, »daß, wenn diese heiligen Dinge erlangt werden wollen, »es durch Gebet, Glauben und Gehorsam gegen den »Herrn geschehen müße. Sie wurden hier niedergelegt »als Mittel zur Anhäufung irdischen Gewinnes, oder »zur Verherrlichung dieser Welt. Sie wurden versie- gelt und eingegraben unter Gebeten des Glaubens, und »haben für die Menschenkinder keinen andern Werth als »den ihres Inhaltes. Auf ihnen ist niedergeschrieben »die Vollheit des Evangeliums Jesus Christi so wie es »gegeben ward seinem Volke in diesem Lande (Amerika.) »Und wenn es verbreitet werden soll durch die Macht »Gottes, so wird es hingebracht werden zu den Völkern, »die nicht aus dem Hause Israel sind. Viele derselben »werden es annehmen, und nachher wird der Samen »Israels gebracht werden in die Hürde ihres Erlösers, »wenn sie diese geoffenbarten Dinge befolgen. Jene »Vorfahren, welche die Gebote des Herrn in diesem |
»Lande (Amerika) beobachteten, erlangten von seiner »Gnade, durch glaubensvolle Gebete die Verheißung: »daß, wenn ihre Abkömmlinge in Irrthümer und Ab- »fall geriethen, sie die heiligen Urkunden nicht erhalten »möchten, sondern daß selbe aufbewahret würden bis zu »den letzten Tagen ihrer Kinder. Diese Dinge sind ge- »heiliget, und müssen so gehalten werden, denn die »Verheißung des Herrn in Betreff derselben wird er- »füllet werden. Doch Niemand wird sie erlangen, dessen »Herz unrein ist; denn ihr Inhalt ist heilig, durch sie »will der Herr ein großes und wunderbares Werk voll- »bringen: Die Weisheit des Weisen soll zu nichte »werden, und der Verstand des Klugen mit Dunkelheit »umhüllet sein. Und wenn die Macht Gottes sich of- »fenbaret, so werden jene, die da in Wahrheit zu wan- »deln glauben, mit Täuschung ringen und im Aerger zit- »tern. Die Herzen der Gläubigen aber werden mit »Zeichen und Wunder, mit Geschenken und Heilungen, »mit Kundmachung der Macht Gottes und mit dem »heiligen Geiste getröstet werden. Dir ist nun gezeiget »worden, die Macht des Herrn und die des Satans. »Du siehst, daß nichts wünschenwerthes in den Werken »der Finsterniß ist, daß sie keine Glückseligkeit gewähren »können, und daß jene, welche in selbe verfallen, nur »elend und unglücklich sind, während auf der andern »Seite die Gerechten beglückt werden mit einem Platze »in dem Reiche Gottes, wo unaussprechliche Freude sie |
»umgibt. Dort sind sie erhaben über die Macht des »Feindes der Wahrheit, und kein Uebel kann sie mehr »stören. Die Glorie Gottes krönet sie, sie feiern ein »ewiges Fest seiner Güte und sonnen sich in dem Lä- »cheln seines Angesichtes. Obgleich dir geoffenbaret »worden ist, auf welche Art du immer fähig sein wirst, »das Böse zu entdecken, so will ich dir dennoch ein Zei- »chen geben. Und wenn es geschehen soll, dann wisse, »daß der Herr Gott ist, daß Er Seine Absichten voll- »ziehen will, und daß der Inhalt dieser Urkunden zu »allen Nationen, Zungen, Stämmen und Völkern unter »den weiten Himmel gehen soll. Dieß ist das Zeichen: »Wenn diese Dinge anfangen bekannt zu werden, das »heißt, wenn es bekannt wird, daß der Herr dir diese »Dinge gezeigt hat, dann werden die Vollbringer der »Ungerechtigkeit deinen Untergang suchen. Sie werden »Falschheiten in Umlauf bringen, um deinen Ruf zu »zerstören, auch werden sie nach deinem Leben streben. »Doch merke, daß, wenn du glaubensvoll bist, und die »Befehle des Herrn vollziehest, du bewahrt werden wirst, »um diese Dinge zur Kenntniß zu bringen, denn in ge- »messener Zeit wird dir Befehl gegeben werden, zu »kommen und sie zu holen. Wenn sie ausgelegt sind, »so will der Herr einigen die Priesterwürde verleihen. »und diese werden anfangen das Evangelium zu er- »klären und mit Wasser zu taufen, auch werden sie Ge- »walt haben, den heiligen Geist zu geben, durch Auflegung |
»ihrer Hände. Dann wird die Verfolgung immer mehr »und mehr wüthen, denn die Bosheiten der Menschen »werden offenbar werden, und jene, welche nicht auf den »Felsen gebaut sind, werden die Kirche Christi zu über- »wältigen suchen. Aber je mehr Hinderniße, desto mehr »wird sie anwachsen, und sich ausbreiten zur Kenntniß »der Menschen, bis sie werden geheiliget sein, und eine »Erbschaft besitzen, wo der Ruhm des Herrn über ihnen »verweilen wird. Und wenn dies Statt finden wird, »und alle Dinge vorbereitet sind, dann sollen die zehn »Stämme Israels wieder entdeckt werden in den nördlichen »Gegenden, wo sie verweilt hatten, für so lange Zeit. »Dann wird erfüllet werden, was der Prophet sagte. »»Und der Erlöser wird zu Sion kommen und zu denen, »»welche aus Jakob von der Ungerechtigkeit wieder zu- »»rückkehren.«« Und obgleich die Vollbringer der »Ungerechtigkeiten deine Zerstörung suchen werden, so »wird doch der schützende Arm des Herrn über dich »ausgestreckt sein, und du sollst als Sieger hervor ge- »hen aus dem Kampfe, wenn du alle Seine Gebote »hälst. Dein Name soll gekannt sein, unter den Na- »tionen, denn das Werk, welches der Herr durch deine »Hände vollbringen will, wird den Gerechten zur Freude, »den Bösen aber zur Wuth gereichen. Bei den Erste- »ren wird dein Name in Ehren stehen, bei den Letztern »aber zum Vorwurf sein. Ja für diese soll er ein »Schrecken sein, um des großen und wundervollen Wer- |
»kes wegen, das vorausgehen soll zur Vollfüllung des »Evangeliums. Gehe nun deinen Weg, und erinnere »dich, was der Herr für dich gethan hat. Sei eifrig »in Befolgung seiner Gebote und Er wird dich befreien »von den Versuchungen, Nachstellungen und Fallstricken »des Bösen. Vergiß nicht zu beten, damit dein Ge- »müth stark werde, auf daß du Macht habest dem Bö- »sen zu entkommen, wenn sich der Herr dir offenbaren »will zur Erlangung dieser köstlichen Dinge.« Während der Zeitdauer der vier folgenden Jahre empfing Joseph Smith noch manche Belehrung aus dem Munde des himmlischen Boten. Und am Morgen des 22. Septembers A. D. 1827 erlaubte ihm der Engel des Herrn, diese Urkunden in Empfang zu neh- men. Diese waren auf gleichförmige Platten eingegra- ben, welche wie Gold erschienen. Jede Platte war bei- nahe 7 Zoll breit, und beinahe 8 Zoll lang, und an Dicke etwas geringer als gewöhnliches Blech. Diese waren eingegraben mit sauberer Schrift ähnlich den ägyptischen Hieroglyphen und in Form eines Bandes dreimal mit Draht zusammen geheftet, der mittelst kleiner Löcher an den Enden durch das Ganze gezogen war. Das ganze Buch war beiläufig 8 Zoll dick und ein Theil desselben war versiegelt. Die Charaktere oder Buchstaben des unversiegelten Theiles waren (nach den Worten Mr. Pratt, aus dessen Schriften ich vor- |
hergehende Erzählung entnommen) klein und künstlich schön eingegraben. Der ganze Band trug viele Anzei- chen des Alterthums so wie der Geschicklichkeit im Graviren. Mit den Urkunden wurden zwei durchsichtige Steine gefunden, klar wie Krystall, die von den Män- nern der Vorzeit »Seher« genannt, gebraucht wurden. Die Art, auf welche sie selbe benützten, war folgende: Diese zwei Steine, genannt Urim und Thummim, im Durchmesser einer englischen Krone (Münze) nur etwas dicker, wurden dahin gelegt, wo alles Licht ausgeschlos- sen war. Die handelnden Personen opferten alsdann ihre Gebete dem Herrn und die Antwort erschien, ge- schrieben mit Buchstaben des Lichts auf den Urim und Thummim, verschwand aber sehr bald wieder. So: »Kam Licht in Finsterniß, allein die Finsternisse be- griffen es nicht.« Auf diese Art wurden diese ge- heiligten Urkunden ins Englische übersetzt. |
Ueber die Uebersetzung dieser heiligen Urkunden in die englische Sprache, sowie auch eine kurze Aufzählung der Gegenstände, welche sie enthalten. Nachdem es bekannt geworden war, daß Joseph Smith himmlische Erscheinungen gehabt hatte, und daß ihm die Kenntniß der heiligen Urkunden gewährt wor- den war, fingen viele an, darüber zu spotten, und diese Idee lächerlich zu machen. Andere waren geschäftig, niedrige Verläumdungen und Falschheiten gegen ihn in Umlauf zu bringen; manche waren geneigt ihn mit Gewalt zu behandeln, und wieder andere glaubten und waren verlangend, mehr zu sehen und zu hören. In der That, es brachte eine solche Aufregung in dem Volke hervor, gleich jener in Jerusalem, als Christus geboren ward, wovon gesagt worden: »Herodes erschrack und ganz Jerusalem mit ihm.« In Folge dieser grossen Aufregung denn fand Joseph Smith es geeigneter, mit seinem Weibe, das |
er kurz vorher geheirathet hatte, in die Nähe seines Schwiegervaters hinzuziehen in den Staat Pennsylvania an die Ufer des herrlichen Jusquehannah - Flusses. Ehe er Palmyra verließ, ward zu verschiedenen Malen nach ihm geschossen, er entkam aber immer unbeschädigt durch göttliche Fügung. Jedoch einmal ward er von zwei Männern so heftig mit Knütteln geschlagen, daß er noch bis zu diesem Tage die Spuren davon an sei- nem Körper trägt. Die öffentlichen Blätter fingen an zu grübeln, zu vermuthen und zu fragen, was wohl der Endschluß des Ganzen werden soll. Nachdem er sich also eine Heimath in diesem Theile des Landes verschafft hatte, fing er an, die Urkunden unter der Leitung Gottes und mit Hilfe des »Urim's und Thummim's,« die schon früher beschrieben wurden, aus der »reformirten egyptischen« Sprache zu übersetzen. Da er in der Kunst des Schreibens sehr mangelhaft gebildet war, so war er genöthigt, einen Schreiber zu verwenden, der es niederschrieb, so wie es aus seinem Munde kam. In der Zwischenzeit jedoch kopirte Joseph Smith mehrere Charaktere von dem Originale und übersetzte sie, welche beide, die Kopie und die Uebersetzung, in die Stadt New - York gebracht wurden, um dort einem Manne vorgelegt zu werden, der unter dem Titel eines |
Autors als ein, in allen alten und neuen Sprachen viel erfahrener Mann bekannt war. Er untersuchte sie beide, und es ward ihm unmöglich sie zu entziffern; jedoch meinte er, daß, wenn die Original-Urkunde ge- bracht würde, er bei deren Uebersetzung behülflich sein könnte. Doch um wieder umzukehren; Joseph Smith fuhr in seinem Uebersetzungs-Werke so fort, als es ihm seine pekuniären Verhältnisse erlaubten, bis daß er den unversiegelten Theil der Urkunden fertig hatte. Dieser übersetzte Theil ist betitelt: »Das Buch Mormon«, dessen Inhalt etwas mehr als das neue Testament um- faßt. In diesem wichtigen und höchst interessanten Buche ist die Geschichte von »Alt Amerika« zu lesen, von der dort frühe statt gefundenen Niederlassung einer Kolonie, welche aus dem Thurme Babylon kam zur Zeit der Sprachverwirrung bis zum Anfange des fünften Jahr- hunderts der christlichen Zeitrechnung. Durch diese Ur- kunden lernen wir, daß Amerika in den alten Zeiten von zwei verschiedenen Menschen - Raçen bewohnt war. Die erste, oder ältere Raçe kam direkte aus dem grossen Thurme und wurden Jarediten genannt. Die zweite Raçe kam von Jerusalem beiläufig 600 Jahre vor Christi, und dieß waren Israeliten und besonders Ab- kömmlinge Josephs. Der erste Völkerstamm, oder Ja- rediten wurde vertilgt um jene Zeit, da die Israeliten |
von Jerusalem kamen und ihr Land im Besitz nahmen. Der Hauptzweig des zweiten Stammes verwickelte sich in Krieg im Anfange des fünften Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung. Die übrig bleibenden Trümmer sanken in einem gänzlich uncivilisirten Zustand zurück, fuhren aber fort, dieß Land zu bewohnen und theilten sich in eine Menge von Stämmen, welche von den Europäern »die Amerikanischen Indier« genannt werden. Wir lernen auch aus dieser Geschichte des Alter- thums, daß Gott, als er zur Zeit der Sprachverwirr- ung die Völker über das ganze Antlitz der Erde ver- breitete, die Jarediten als ein gerechtes Volk anerkannte und sie Gnade finden ließ vor seinen Augen, und sie unvermischt mit andern Völkern erhielt. Und weil sie gerecht waren, so leitete sie der Herr vom Thurme Babylon zu dem grossen Ozean, wo ihnen befohlen ward Schiffe zu bauen, in denen sie die grossen Tiefen des Meeres überschritten, und an den Ufern Nord-Amerika's landeten. Gott der Herr versprach ihnen, dieses Land zu geben als Erbtheil, welches in Seinen Augen ein auserwähltes Land war. Ueberdieß versprach er ihnen, sie zu einer grossen und mächtigen Nation zu machen, so daß keine zweite stärkere zu finden sein sollte auf dem Anlitze der Erde. Aber Er schwur auch, daß, wer immer dieß Land der Verheißung besitzen sollte von dieser Zeit an, Ihm dem einzig wahren, lebendigen |
Gott dienen müße; denn sonst würden sie hinweg ge- schwemmt werden von dem Erdboden, wenn das Maas ihrer Ungerechtigkeiten voll wäre. Und in gemessener Zeit wurden sie ein zahlreiches, mächtiges Volk, hauptsächlich Nord-Amerika bewohnend, und sie bauten grosse Städte in allen Theilen des Lan- des, und wurden ein civilisirtes und erleuchtetes Volk. Ackerbau, Manufakturwesen und Handel verbreiteten sich im Lande, und wurden mit dem besten Erfolge getrie- ben. Jedoch in Folge ihrer Ungerechtigkeiten wurden sie oft mit schrecklichen Strafen heimgesucht. Viele Propheten wurden von Generation zu Generation unter ihnen erweckt, welche Zeugniß gaben gegen die Boshei- ten der Menschen, und Strafen und Trübsale prophe- zeihten, die auf sie warteten, wenn sie sich nicht bekehr- ten. Oft waren sie von der Pest heimgesucht, und manch- mal auch mit Hunger und Krieg, bis endlich, (nachdem sie das Land beiläufig 1500 oder 1600 Jahre lang bewohnt hatten), ihre Bosheit so groß wurde, daß der Herr durch den Mund der Propheten drohte, sie von dem Erdboden zu vertilgen. Allein sie gaben der Warn- ung kein Gehör; deshalb ward das Wort des Herrn an ihnen erfüllt, indem sie gänzlich zerstört, und ihre Häuser und Städte und ihre Besitzthümer öde gelassen wurden. Ihre Urkunden, welche auf Platten von Gold gezeichnet waren, und sich in den Händen Ether's, eines |
ihrer letzten Propheten befanden, wurden auf eine Weise zurück gelassen, daß sie leicht von den Uebriggebliebenen Joseph's, welche bald nachher von Jerusalem ausgingen und in dieses Land kamen, um es zu besitzen, aufgefun- den wurden; und mittelst des »Urim und Thummim« waren sie fähig selbe zu lesen. Diese Uebriggebliebenen Joseph's wurden wunder- bar aus Jerusalem geführt im ersten Jahre der Regier- ung Zedekiah's, König von Juda. Erst wurden sie an das östliche Ufer des rothen Meeres geleitet, wo sie für einige Zeit an der Küste hinwandelten, und dann eine südöstliche Richtung einschlugen. Dann lenkten sie ihren Lauf ostwärts bis sie an das grosse Gewässer ge- langten, wo sie auf Befehl Gottes ein Schiff bauten, in welchem sie unbeschädigt über das stille Meer gelang- ten, und an den westlichen Küsten Süd-Amerika's an- landeten. Im eilften Jahre der Regierung Zedekiah's, um dieselbe Zeit, wo die Juden gefangen nach Babylon ge- führt wurden, zogen andere Uebriggebliebene aus von Jerusalem, deren manche Abkömmlinge Jndah's waren Diese landeten in Nord - Amerika doch bald nachher emigrirten sie nach den nördlichen Gegenden Süd- Amerika's, an welchem Platze sie aufgefunden wurden von den Uebriggebliebenen Joseph's beiläufig 400 Jahre nachher. |
Ferner erfahren wir durch diese alten Urkunden, daß diese Uebriggebliebenen Joseph's, bald nachdem sie gelandet hatten, sich in zwei verschiedene Nationen theil- ten. Diese Theilung wurde hauptsächlich von der grössern Partie derselben veranlaßt, weil sie die Uebrigen verfolg- ten um ihrer Gerechtigkeit willen. Die verfolgte Nation wanderte aus gegen den nördlichen Theil des Südens Amerika's, und ließ die böse und rebellirende Nation im Besitze der Mitte des südlichen Theiles. Die ersteren wurden Nephiten genannt, ihres Anführers und Prophe- ten halber, dessen Name Nephi war; die anderen wurden von einem sehr bösen Manne geleitet, dessen Name Laman war, und deßhalb Lamaniten genannt. Dee Nephiten besassen eine Kopie der fünf Bücher Moses, und der Prophezeihungen der heiligen Propheten bis zu Jeremiah herab, in dessen Tagen sie Jerusalem verließen. Diese trugen Sorgen, eine treue Geschichte ihrer Nation, und eine glaubwürdige Urkunde jener Mittheilungen zu unterhalten, die Gott ihnen angedei- hen ließ durch Prophezeihungen, Visionen oder Offen- barungen. Alle diese Urkunden wurden von gerechten und heiligen Männern unterhalten, sorgfältig bewahrt und übergeben von Generation zu Generation. Und der Herr gab ihnen das ganze Festland als ein Land der Verheißung, und Er versprach ihnen, daß |
sie und ihre Kinder nach ihnen es besitzen sollten, wenn sie verharrten im Gehorsam gegen Seine heiligen Ge- bote; doch wenn sie ungehorsam wären, würden sie aus- gestossen werden von Seiner Gegenwart. Und die Nephiten fingen an in diesem Lande zu gedeihen um ihrer Gerechtigkeit willen, und sie vermehr- ten und verbreiteten sich fort nach Norden, Ost und Westen. Sie bauten grosse Städte, Dörfer und Syna- gogen, und führten Thürme und Festungswerke aus, um sich gegen ihre Feinde zu vertheidigen. Sie bebau- ten die Erde, zogen verschiedene Arten Getreide im Ueberflusse, und hatten zahllose Heerden von Hausthieren. Sie wurden ein sehr wohlhabendes Volk, besassen Gold, Silber, Kupfer, Zinn und Eisen in Menge, und Künste und Wissenschaften blühten unter ihnen in grosser Aus- dehnung. Verschiedenartige Maschinen waren im Ge- brauche, kostbare Stoffe wurden gewoben, und Schwer- ter, Säbel, Axten und allerlei Kriegsgeräthe wurden verfertigt, um dem Feinde in der Schlacht zu trotzen, Und so waren sie in den Tagen ihrer Gerechtigkeit ein erleuchtetes und glückliches Volk. Die Lamaniten aber brachten viele Züchtigungen über ihr eigenes Haupt um der Verhärtung ihres Her- zens willen. Dessen ohngeachtet aber wurde ihre Nation nicht zerstört, sondern Gott der Herr sandte seinen Fluch |
über sie, und sie wurden ein schwarzes, Widerwillen er- regendes, schmutziges Volk. Vor ihrer Rebellion waren sie weiß, und außerordentlich schön, gleich den Nephi- ten; aber der Herr fluchte ihrem Angesichte, und ihre Farbe ward schwarz, und sie wurden ein wildes rohes und blutdürstiges Volk, und grosse Feinde der Nephi- ten, welche sie durch jedes Mittel zu zerstören suchten. Zu öftern Malen zogen sie mit zahllosen Heeren gegen sie zur Schlacht, sie wurden aber von den Nephi- ten immer besiegt, und bis in ihre Besitzthümer zurück- getrieben, jedoch nicht ohne grossen Verlust von beiden Seiten. Zehntausende wurden gewöhnlich erschlagen, welche nach dem Kampfe in grosse Haufen übereinander gewor- fen und mit Erde überschüttet wurden. Diese Verfah- rungsart gibt uns die erste und beste Auskunft über jene alten Hügel, die mit menschlichen Gebeinen gefüllt sind, und so zahlreich in den heutigen Tagen in Nord- und Südamerika aufgefunden werden. Die Propheten der Nephiten weissagten grosse Dinge. Sie enthüllten die Geheimnisse der Zukunft, sahen die Ankunft des Messias im Fleische, und weis- sagten die Segnungen, die auf ihre Nachkömmlinge kommen würden in den letzten Zeiten. Diese brachten die Geschichte ungeborner Geschlechter zur Kenntniß und |
entfalteten die grossen Ereignisse der künftigen Alter. Sie sahen, die Macht und Glorie der zweiten Ankunft des Messias und die Wiedererhebung des Reiches des Friedens. Sie staunten über den Ruhm der Tage der Gerechten, sie sahen die Erschaffung erlöst vom Fluche, und die Gerechten erfüllt mit ewiger Freude. Die Nephiten wußten von der Geburt und Kreu- zigung Christi durch gewisse himmlische und irdische Phänomene welche in diesen Zeiten gezeigt wurden zur Vollfüllung der Weissagungen ihrer Propheten. Ohn- geachtet der grossen und manchfaltigen Segnungen, mit denen sie begünstigt wurden, verfielen sie dennoch in grosse Ungerechtigkeiten, stießen ihre Heiligen und Pro- pheten hinaus und steinigten und tödteten sie. Deßhalb wurden sie zur Zeit der Kreuzigung Christi mit grossen Strafen heimgesucht. Dichte Finsterniß umgab den ganzen Welttheil in jenen Stunden, wo Licht gewesen sein sollte; die Erde ward fürchterlich erschüttert, Felsen zersplitterten in Trümmer, und der Boden spaltete sich an vielen Orten. Berge versanken zu Thäler, und Thäler stiegen zu Berge empor. Die Landstrassen wurden zerstört, und die geebneten Wege verschoben und verstümmelt. Viele Städte wurden in Trümmer ge- legt, oder versanken in die Tiefe der Erde; Berge nah- men ihre Stelle ein, oder Wasser erschien an derselben, und noch andere wurden verbrannt durch Feuer vom Himmel. |
So wurden die Weissagungen der Propheten über ihren Häuptern erfüllt. Viele der Gottlosen von bei- den Seiten, Nephiten und Lamaniten wurden vertilgt in dieser fürchterlichen Heimsuchung des Gerichtes und des Zornes Gottes des Allmächtigen. Das unschuldige Blut der Heiligen und Propheten schrie von der Erde empor, und der Herr Gott neigte Sein Ohr und hörte, und Seine Hand übte Rache, und seine Wuth brach gleich einem Wirbelwinde plötzlich über sie herein. Jene, welche diese schrecklichen Strafen überlebten, waren mit der persönlichen Amts-Verrichtung Christi begünstigt. Nachdem Er Seine Sendung in Jerusalem voll- bracht hatte, und vom Tode erstanden und in den Him- mel aufgefahren war, stieg Er in Gegenwart der Nephiten in ihre Mitte herab, als sie um ihren Tem- pel versammelt waren in dem nördlichen Theile Süd- Amerika's. Er sagte den Juden in Jerusalem, bevor er ge- kreuzigt ward, daß Er noch andere Schafe hätte, die nicht aus demselben Schafstalle wären; auch diese wollte er bringen zu den Uebrigen und sie würden Seine Stimme hören. Und Er zeigte ihnen dann Seine ver- wundeten Hände und Füße und Seine Seite und be- fahl ihnen, das Gesetz Moses abzuschaffen, und an sei- ner Statt das Evangelium einzuführen und zu begrün- |
den. Er suchte zwölf Jünger unter ihnen, die da das Evangelium zu predigen hatten und zu taufen und die Kirche aufzurichten und Er setzte das Sakrament des Brodes und Weines ein. Er betete für ihre kleinen Kinder, und legte ihnen Seine Hände auf und segnete sie. Er heilte ihre Krankheiten, ihre Blindheit und Lahmheit; die Tauben machte er hören, und die Be- trübten tröstete er in jeglicher Art. Er erweckte die Todten zum Leben, und zeigte fortwährend seine Macht unter ihnen. Er erklärte die Schriften, welche ihnen gegeben sind vom Anfange her, bis auf diese Zeit, und machte unter ihnen viele Dinge bekannt, die da Statt finden sollten, bis er kommen würde in Seiner Glorie, wo dann alle Völker, Nationen und Sprachen vor Gott stehen werden, um gerichtet zu werden. Nachdem Jesus Sein Amt unter ihnen verrichtet hatte, stieg Er wieder zum Himmel auf, und die zwölf Jünger, die erwählet worden, gingen hin in dem Lande das Evangilium zu predigen, zu taufen, und die Sün- den nachzulassen allen denen die ihre Ungerechtigkeiten aufrichtig bereuten. Nach der Taufe (welches unabweichlich immer mit gänzlichem Untertauchen des Körpers im Wasser geschah, im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes) legten sie ihnen die Hände auf, damit sie er- halten möchten die Gabe des heiligen Geistes, und be- |
stättigt würden als Glieder der Kirche. Und viele Wunder wurden unter ihnen gewirkt, von den Brüdern der Kirche. Schaaren von Nephiten und Lamaniten in Süd- und Nord - Amerika wurden zum Herrn bekehrt, und diese wandelten vor Gott in Gerechtigkeit und Wahrheit mehr denn 300 Jahre. Doch gegen das Ende des vier- ten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung waren sie so sehr wieder von Gott abgefallen, daß sie grosse Züchtigungen zu erdulden hatten, die über sie verhängt wurden. Die Lamaniten wohnten zur selben Zeit in Süd- und die Nephiten in Nord-Amerika. Ein grosser zerstörender Krieg erhob sich unter ihnen, der mehrere Jahre dauerte, und mit dem Um- sturze und der gänzlichen Zerstörung der Nephiten en- digte. Dieser Krieg entspann sich auf dem Eng - Paß, oder Landzunge Darien, und ward beiden Nationen Verderben bringend, für manches Jahr. Endlich wurden die Nephiten aber hinweg getrieben von ihren Feinden gegen Norden und Nord-Osten, doch ihre ganze Nation versammelte sich wieder, Männer, Weiber und Kinder und lagerten sich rund um den Berg »Cumorah«, wo die Urkunden gefunden wurden, nämlich in dem Staate New-York, beiläufig zweihundert englische Meilen west- lich von der Stadt Albany. Hier denn begegneten sie dem Heere der Lamaniten noch einmal und wurden gänzlich geschlagen und niedergemacht ohne Ausnahme |
des Alters oder Geschlechtes. Zehn mal zehn Tausende wurden erschlagen von beiden Seiten, und die Nation der Nephiten vollkommen zerstört, mit Ausnahme eini- ger, die zu den Lamaniten übergingen, und wieder ei- niger, die in die südlichen Gegenden flohen. Noch Andere blieben verwundet auf dem Schlachtfelde für todt liegen, unter denen auch Mormon war und sein treuer Sohn Maroni, welches gerechte Männer und Propheten des heiligen Gottes waren. Mormon hatte die Geschichte und die Urkunden, die bei seinen Vorvätern fortgeführt wurden, auf Plat- ten, die er hiezu selbst bereitete, abgekürzt nieder ge- schrieben, und sie »Urkunden Mormon's« genannt. Diese waren in einer Sprache geschrieben, welche sie die »egyp- tisch reformirte« nannten, und die sich aus der alten hebräischen und egyptischen Sprache gebildet hatte. Diese beiden letztern Sprachen wurden gleichzeitig von dem Volke unterstanden, als sie von Jerusalem ausgingen in dem ersten Jahre der Regierung des Königs Zede- kiah. Diese Abkürzung nun, nachdem sie in die engli- sche Sprache übersetzt worden, ist »das Buch Mor- mon's« genannt. Drei grosse Ausgaben, und eine vierte Stereotypen-Ausgabe ist bereits in den vereinigten Staa- ten Amerika's erschienen, so wie zwei derselben in England. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird in Bälde eine deutsche Uebersetzung herausgegeben werden so wie auch in der Sprache anderer Nationen. Eine Absicht |
dieses kleinen Werkes ist es deshalb, ihr den Weg zu bereiten, und ihr eine Einleitung zu geben. Mormon, welcher den Befehl von Gott erhalten hatte, verbarg alle die heiligen Urkunden seiner Vor- väter, die in seinem Besitze waren, in den Berg Cu- morah, diese Abkürzung ausgenommen »Urkunde Mor- mon's« genannt, welche er seinem Sohne Moroni zur Vollendung übergab. Moroni überlebte seine Nation für einige Jahre, und setzte die Geschichte fort, in welcher er uns bekannt macht, daß die Lamaniten so lange jene wenigen Nephiten verfolgten (welche bei der grossen und fürchterlichen Schlacht von Cumorah ent- kommen waren), bis sie sie gänzlich zerstört hatten, mit Ausnahme jener, die sich mit den Lamaniten ver- mischten. Er selbst sagt, daß er allein verlassen ward, und sich verborgen halten mußte; denn sie suchten jeden Nephiten zu vertilgen, der Christus nicht verleugnen wollte. Die Lamaniten, nicht befriedigt, die Nephiten zerstört zu haben, fingen Krieg unter ihnen selber an, und das ganze Anlitz des Landes war ein ununterbro- chener Schauplatz des Raubens, Plünderns und Blut- vergießens. Er fuhr in der Geschichte fort bis zum 420zigsten Jahre der christlichen Zeitrechnung, als ihm Gott befahl, diese Urkunden in den Berg Cumorah zu vergraben, wo sie für mehr denn 1400 Jahre ruhten am sicheren Orte. Aber der Engel des Herrn ward |
gesandt, diese verborgenen Schätze aufzudecken, wie es beschrieben ward in dem vorhergehenden Kapitel. Es scheint, daß der Prophet Isaiah den Auszug dieser Uebriggebliebenen von Jerusalem vorher gesehen habe, wenn er spricht in dem 37ten Kapitel seiner Prophezeihung am 31. und 32. Vers. »Und was von dem Hause des Juda erhalten wird, und was übrig bleibt, das wird unter sich wurzeln, und über sich Frucht tragen. Denn von Jerusalem werden die Uebrig- gebliebenen und die Erretteten vom Berge Zion aus- gehen; dieß wird der Eifer des Herrn der Heerschaaren thun.« Also in Kenntniß mit der Geschichte der Ent- deckung dieser Urkunde ist der Leser besonders ermahnt, das 29. Kapitel der nämlichen Prophezeihung (Isaiah) mit Aufmerksamkeit zu lesen. |
Ueber das Recht und die Gewalt des heiligen Priester - Amts und über die Art und Weise wie es der Kirche Jesus Christ of Latter Day Saints verliehen ward. Der Gegenstand des Priester - Amtes hat allein schon mehr Streit, Bitterkeit und Eiferung zwischen der katholischen und protestantischen Kirche veranlaßt, als alle übrigen fraglichen Punkte zusammen. In derlei Streitigkeiten ist die Kirche Jesus Christ of Latter Day Saints nicht geneigt sich einzulassen, um so we- niger, da sie keine Ursachen dazu hat. Die Definition des Priesteramtes mag auf folgende Art betrachtet werden: Macht und Gewalt ward dem Menschen durch Christus selbst verliehen, wodurch er bevollmächtigt ist, das Wort des Lebens zu predigen und zu erklären, und das Haus Gottes aufzubauen, zu organisiren und zu regieren in Sanftmuth und Rein- heit, so wie auch alle die Gebräuche, Ceremonien und Anordnungen der Kirche zu verrichten im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Wer da immer auf Erden diese Macht und Ge- walt besitzt, der ist der Vertreter des Heilandes, der |
Gesandte des Allerhöchsten; und da er an Christus Statt handelt, so sind seine amtlichen Handlungen, göttlichen gleich, anerkannt. Denn was er binden wird auf Er- den, soll auch im Himmel gebunden sein, und was er lösen wird auf Erden, soll auch im Himmel gelöset sein. Er, der glaubt zu handeln im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, ohne diese ihm gesetzmäßig verliehene Gewalt erhalten zu haben, nimmt die schreckliche Verantwortung auf sich, eher zu laufen, als er gesandt ist, und dasjenige zu thun, wozu der Himmel ihn weder bevollmächtigt, noch befähigt hat. Deßhalb wird er dem Volke von keinem Nutzen sein, sondern er wird selbes täuschen, und seine eigene Seele in die Falle bringen. Verschiedene Grade der Gewalt sind unter den Menschen verliehen, der Stellung ange- messen, welche sie in der Kirche auszufüllen berufen sind. Einige sind Apostel, andere Propheten, wieder einige Evangelisten und Hirten und Lehrer &c., jedoch alle diese Klassen oder Grade der Gewalt stehen unter dem Haupte des Priesteramtes. Im Jahre 1829, nachdem Joseph Smith und Mr. Cowdry der Schreiber und Sekretär des Ersteren die Uebersetzung des »Buches Mormon« beinahe gänz- lich vollendet hatten, erkannten sie hieraus, daß die wirkliche Art der Taufe ein Untertauchen des ganzen Körpers im Wasser bestehe. Es erwachte in ihnen daher ein heftiges Verlangen, getauft zu werden. Da sie |
aber Keinen kannten, in all den Kirchen, welche ihnen bekannt waren, der da bevollmächtigt gewesen wäre, diese Vorschrift an ihnen auszuüben, so entschlossen sie sich zum Herrn zu rufen, um Licht und Belehrung über den Weg, welchen sie einzuschlagen hätten. Sie hatten noch nicht lange mit entschlossenem Eifer fort- gefahren, als der Herr ihnen Seinen Engel sandte, der vor ihnen stund, ihnen die Hände auf ihre Häupter legte und ihnen befahl einander zu taufen, welches sie auch sogleich thaten. Ich will Mr. Cowdry's eigene Worte über diesen Gegenstand hier anführen, womit er, in einem Briefe an einen seiner vertrautesten Freunde, Richter Phelphs, die Einfachheit, Grösse und Erhaben- heit dieser Scene auf eine sehr schöne Weise beschreibt. »Niemand mit seinem gesunden Verstande »könnte jene Befehle übersetzen oder niederschreiben, »welche den Nephiten von dem Heilande selbst ge- »geben wurden, über die bestimmte Art und Weise »mit welcher Seine Kirche aufgebaut werden sollte, »wenn er nicht den Wunsch hegte, dies ausgezeich- »nete Vorrecht zu besitzen, nämlich: begraben wor- »den zu sein in dem Wasser der Taufe, um dem »Herrn in seiner Begräbniß und in seiner Aufer- »stehung nachzuahmen. Und dieß wäre um so »nothwendiger, da Verberbtheit eine gänzliche Un- »gewißheit über alle religiösen Formen und Systeme »unter die Menschenkinder brachte. |
»Nachdem wir jene Uebersetzung des »Buches »Mormon« niedergeschrieben hatten, welche den »Bericht über des Heilandes persönliche Amtsver- »richtung unter den Uebriggebliebenen des Saamens »Jakob auf diesem Kontinente (Amerika) enthielt, »so war es leicht zu sehen, »daß wie der Prophet »sagte, es sein würde, Finsterniß die Erde bedeckte, »und große Finsterniß die Völker.« Bei weiterer »Ueberlegung war auch sehr leicht zu sehen, daß »in Mitte des Streitens und Lärmens, Religion »betreffend, keiner von Gott die Vollmacht hatte, »die Verordnungen des Evangeliums zu verrichten. »Die Frage mag sich dann gestalten : haben jene »Menschen die Macht, im Namen Jesu zu admi- »nistriren, die da die Offenbarungen läugnen, da »das Zeugniß Christi doch nichts anders, als der »Geist der Weissagung, ja Seine Religion selber »ist, die da gegründet, gebaut und unterhalten ist »durch unmittelbare Offenbarungen, die in jegli- »chem Alter der Welt gegeben waren, wenn Er »ein Volk hatte, ihm zu dienen!? Waren diese »Thatsachen auch den Menschen durch jene verbor- »gen, dessen Gewerbe in Gefahr gewesen sein würde, »wenn selbe zur Kenntniß gekommen wären, so »waren sie es doch für uns nicht mehr, und wir »harrten dem Befehle entgegen: »»Stehe auf, und »»laß dich taufen!«« Nicht lange war dieser |
»Wunsch ausgesprochen, so ward er auch schon er- »erfüllt. Der Herr, welcher reich ist an Barm- »herzigkeit, und sich immer bereit findet, dem »innigen Flehen des Demüthigen zu antworten, »ließ sich herab uns Seinen Willen kund zu thun, »nachdem wir fern von den menschlichen Wohnungen »eifrig zu ihm gerufen hatten. Plötzlich, wie aus »dem Schoose der Ewigkeit sprach die Stimme des »Erlösers zu uns ; der Schleier fiel von unsern »Augen und der Engel Gottes kam hernieder, mit »Glorie bekleitet, um die nach einem Boten und »nach den Schlüsseln des Evangeliums ängstlich »Harrenden zu erlösen. Welche Freude! welches »Wunder, welches Staunen! Während die Welt »mit sich selbst zerworfen und zerfallen war, wäh- »rend Millionen gleich Blinden herumtappten um »die Maurer zu finden, und die Menschen in ganzer »Masse in Ungewißheit verharrten, da sahen unsere »Augen, da hörten unsere Ohren, gleich wie ein »Leuchten des Tages; ja mehr noch als in des »Maies Sonnen-Glanze, der dahin strahlt über »das verjüngte Antlitz der Natur! Seine Stimme »obgleich mild, drang bis in unser Inneres, und »sein Wort. »»Ich bin dein Dienstgenoße«« zer- »stäubte jegliche Furcht. Wir lauschten, staunten »und verwunderten! Es war die Stimme eines »Engels der Glorie es war ein Bote des Al- |
»lerhöchsten! Und wir hörten und erfreuten uns, »denn seine Liebe entzündete sich in unsern Seelen, »und wir waren entzückt in der Vision des All- »mächtigen. Wo war da Platz für Zweifel? Nir- »gend! Ungewißheit war entflohen, Zweifel gesun- »ken; denn Erdichtung und Täuschung waren gebannt »für immer!« »Nun, theurer Bruder! denke einen Augen- »blick weiter welche Freude füllte nicht unsere »Herzen und in welcher seligen Ueberraschung beug- »ten wir uns nicht (wer sollte seine Knie nicht »beugen bei solcher Segnung!?) als wir unter sei- »nen Händen die heilige Priesterweihe empfingen, »und er zu uns sagte: »»Euch, meinen Dienst- »»genossen verleihe ich im Namen des Heilandes »»das Priesteramt und dessen Gewalt, welches blei- »»ben soll auf Erden, damit die Söhne Levi's »»dem Herrn ein Opfer bringen in Gerechtigkeit!«« »Ich wage es nicht zu versuchen, Ihnen die »Gefühle dieses Herzens, noch die Herrlichkeit, »Schönheit und Glorie zu beschreiben, welche uns »bei dieser Gelegenheit umgab ; jedoch mögen Sie »glauben, wenn ich Ihnen sage, daß kein Sterbli- »cher im Stande wäre, besäße er auch die ganze »Macht menschlicher Beredsamkeit, diesen Gegen- »stand mit so erhabener, und gewichtiger Sprache »zu bezeichnen, als diese heilige Person es that ) |
»Nein, nimmer hat diese Erde Macht, jene Freude, »jenen Frieden, jene Weisheit zu verleihen, die in »jedem Satze enthalten waren und die da gegeben »wurden durch die Macht des heil. Geistes. Der »Mensch mag seinen Mitmenschen täuschen, Betrug »dem Betruge folgen, und die Kinder der Bosheit »mögen Macht haben, die Thoren und Ungelehrten »zu verführen, bis nichts mehr als Erdichtung »nur die Menge nährt, und die Frucht der Falsch- »heit den Schwindelnden in ihrem Strudel zum »Grabe reißt doch eine Berührung mit dem »Finger Seiner Liebe, ja ein Strahl der Glorie »von der obern Welt, oder ein Wort von dem »Munde des Erlösers, oder aus dem Schoose der »Ewigkeit und alles zerfällt in nichts, und »Versicherung, daß wir in der Gegenwart eines »Engels waren, die Gewißheit, daß wir die Stimme »Jesus hörten, und die Wahrheit unbefleckt em- »pfingen, so wie sie der Wille Gottes selbst »diktirte, dieß, mein Freund, ist für mich erha- »ben über alle Beschreibung, und ewig werde ich »auf diesen Ausdruck der Liebe des göttlichen Hei- »landes mit Dank und Verwunderung blicken, so »lange es mir erlaubt ist, hiernieden zu verwei- »len. Doch einst hoffe ich Ihn anzubeten an jener |
»Stätte, wo Vollkommenheit wohnt und Sünde »nimmer wiederkehrt, und der Tag des Lebens »niemals sich zu Ende neigt.» »Ich muß für dieß Gegenwärtige schließen ; »mein Licht ist dem Erlöschen nahe; die ganze »Natur ist in Schweigen gehüllt, und Dunkelheit »bedeckt die Erde, um jener Ruhe zu genießen, »welche diesem Leben so nothwendig ist. Jedoch »die Zeit rollt heran, wo diese Nacht endigen »wird, und jene, die würdig befunden worden, »die Stadt besitzen sollen, wo weder das Licht der »Sonne noch das des Mondes nothwendig sein »wird, da die Glorie des Herrn sie beleuchten, »und das Lamm ihr Licht sein wird für immer.« O. Cowdry.
J. N. W. Phelps Esqr.Aus den früheren Bemerkungen, so wie aus dem vorstehenden Auszuge aus dem Briefe Mr. O. Cowdry an seinen vertrauten Freund, Richter Phelps, ist leicht zu entdecken, daß unsere Kirche weder mit der katholi- schen noch mit der protestantischen, hinsichtlich ihres Ursprunges, ihres Priesteramtes und ihrer Regeln, in gar keiner Beziehung steht. Deßhalb machen wir auch keine Ansprüche, weder an die Rechte noch an die Au- torität des Priesteramtes von irgend einer dieser ge- gründeten Kirchen; denn: gleich wie die Materialien, aus denen der Tempel Salomons aufgebaut ward, von |
den rauhen Klippen des Libanons genommen, und in ein herrliches Haus verwandelt wurden, in welchem der Herr selbst zu wohnen sich würdigte, so war der Grund- stein unserer Kirche aus dem Steinbruche der Natur geholt, ohne zuvor unter dem polirenden Meißel irgend einer religiösen Sekte gelegen zu haben; und deßhalb war er fähig, jegliche Gestalt anzunehmen, welche dem grossen Baumeister ihm zu geben gefiel. Und so gefiel es dem Herrn, Seinen Engel vom Himmel zu senden mit dem Siegel der Autorität, um es den Menschen auf Erden zu übergeben »in der eilf- ten Stunde des Tages« zur Vollfüllung alles dessen, was er seinem Diener Johannes offenbarte auf der Insel Patmos; Offenb. 14, 6 und 7; »Und ich sah »einen andern Engel mitten durch den Himmel fliegen, »der hatte ein ewiges Evangelium, es zu verkündigen »den Bewohnern der Erde, und allen Völkern und »Stämmen und Sprachen und Nationen, »und sprach mit starker Stimme: Fürchtet den »Herrn, und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde sei- »nes Gerichtes ist gekommen. Betet Den an, Der »den Himmel und die Erde, das Meer und die Wasser- »quellen geschaffen hat.« Ferner noch am 7. Kap. 2. V.: »Und ich sah »einen andern Engel emporsteigen von Sonnenaufgang, »der das Zeichen des lebendigen Gottes hatte, und er »rief mit starker Stimme den vier Engeln zu, denen |
»Macht gegeben ward, zu beschädigen die Erde und »das Meer.« Und wiederum 18. Kap. 1. V.: »Darauf sah »ich einen andern Engel herabsteigen vom Himmel, »der eine grosse Macht hatte: und die Erde ward er- »leuchtet von seinem Glanze.« Aus diesen Anführungen und noch mehreren ande- ren, welche aus dem alten und neuen Testamente könn- ten angemerkt werden, ist klar zu sehen, daß der Herr selbst dazwischen trat in den Zeiten des herannahenden Endes, um die Siegel der verborgenen Geheimnisse auf- zubrechen, der Sünde ein Ende zu machen, und ewige Gerechtigkeit einzuführen, damit da viele hin- und her- laufen, und Kenntniß wachsen möge immerdar. Sieh Daniel 12, 4. Ihr weisen Männer, Beherrscher und Lehrer des Volkes, betrachtet wohl diese gewichtigen Dinge! Schon glänzt der Morgen und die Schatten fliehen Und Zions Banner ist im Wind entrollt; Die Dämmerung eines hellern Tages seh' ich ziehen Hoch über diese Welt im Strahlen - Gold. |
Ueber die von der Kirche Latter Day Saints als anerkannt unterzeichneten Glaubens - Artikel und Lehr - Punkte, die aus jenen heiligen Schriften ausgezogen worden, welche in unserm Besitze sind. Um den Wünschen mehrerer Tausenden von Freun- den in England und Amerika zu willfahren, habe ich mit fröhlichem Muthe den Entschluß gefaßt, dem deut- schen Publikum eine klare und kurze Darstellung unserer Grundsätze zu geben, mit dem festen Glauben, daß sie gewiß den Beifall jener haben werden, denen ich die Ehre habe sie vorzustellen. Möchten sie die Arbeit ihres demüthigen Dieners gehörig würdigen, und von seinen Bemühungen einige Belehrungen erndten, die gleich Saamen, in gutes Erdreich gestreut, gedeihen. Nachdem ich als ein dienstthuendes Glied eine ge- wichtige und verantwortliche Stelle in unserer Kirche seit mehreren Jahren begleitet habe, so habe ich nicht nur allein Gelegenheit gehabt, mich vollkommen mit ihren Grundsätzen bekannt zu machen, sondern meine Pflichtentledigung hat mir auch die unerläßliche Be- dinguiß gesetzt, mich mit allen ihren Vorschriften und |
ihrer Regierungsart vertraut zu machen. Ich hoffe deßhalb, daß ich fähig sein werde, dem innigsten Wunsche meines Herzens durch dieß Erzeugniß Genüge zu leisten, nämlich: dem Herrn zu gefallen, sollte ich auch die Freundschaft der Menschen dabei verlieren. Erster Artikel. Ueber die Gottheit. Jeder, der da unternehmen wollte, eine vollstän- dige Erklärung über das wunderbare und geheimnißvolle Dasein der Gottheit zu geben, der würde nur seine Schwäche und seine Thorheit an den Tag legen. Wenn wir das weite Reich der Natur überblicken, was sehen wir da, das wir völlig begreifen könnten? Nichts! Wenn nun die Natur jenen seinen Plan, nach welchem sie ihre großen Maschinerien treibt, so künstlich unserm Auge verborgen hat, was müssen wir nun von jenem Wesen denken, dessen Stimme der Natur ihr Dasein gab, und alle ihre Theile mit Leben und Bewegung füllte!? Obgleich wir die Gottheit nicht völlig begreifen können, so sind doch in der heiligen Schrift verschiedene allgemeine Anzeichen, welche es uns möglich machen, einige Züge ihres Charakters zu entdecken. Und ver- mittelst dieser Quellen aus denen wir Belehrungen schö- pfen können, ist uns folgendes Resultat durch unsere Untersuchung geworden. Es sind zwei Personen, die da die große Unver- gleichbarkeit ausmachen, die höchste, regierende Gewalt über alle Dinge, durch welche alles erschaffen ist, Sicht- bares und Unsichtbares, sei es im Himmel, auf der Erde oder unter und in derselben oder in der Unermeß- lichkeit des Raumes. Diese beiden sind der Vater und |
der Sohn. Der Vater ist eine geistige Person voll von Herrlichkeit und Macht, und im Besitze aller Voll- kommenheit. Der Sohn, der ewig in der Gegenwart des Vaters war, trägt sein vollkommenes Ebenbild und theilt alle seine Glorie, Macht und Vollkommenheit. Der Mensch ward erschaffen nach dem Bilde der Aehn- lichkeit dieser zwei Personen, und trägt deßhalb in sei- nen Gott ähnlichen Zügen die Sinnbilder der Macht und Herrschaft, und ward an die Spitze aller erschaffe- nen Wesen gestellt. Aber wie elendiglich ist der Mensch von Gott abgewichen! Und wie viele werden noch durch ihr unwürdiges Betragen dieses edle himmlische Bild entehren, welches zu tragen sie gewürdiget worden sind! Der Sohn nahm einen menschlichen Leib in den Schoose der gesegneten Jungfrau an, nachdem er in Reinheit von dem heiligen Geiste empfangen worden war. Er wurde in diese Welt geboren in Mitte der Jubeltöne der englischen Sängern, die ihre Stimmen zu den höchsten Noten anschwellten um Lob und Ehre dem Fürsten Bethlehems zu geben. »Ehre sei Gott in »der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die ei- »nes guten Willens sind.« So lautete der Chor der Sänger. Diesem himmlischen Besucher, dem Sohne des höchsten Gottes, wurden die Sünden der Welt auf- erlegt. Sanftmüthig, unterworfen den Widersprüchen der Sünder durchwandelte Er Sein wirkendes Leben unter Bekanntmachung des Willens Seines himmlischen Vaters, und unter Gutesthun an dem Leibe und an der Seele, des Menschen bis es zuletzt den Erdenkindern gefiel, Ihn für Seine Wohlthaten vor einen weltlichen Richterstuhl zu schleppen, wo Er ungerechter Weise verdammt und höchst grausam am Kreuze hingeopfert wurde. Aber nun geht er entkörpert hin zu den Geistern der Menschen, die lange in der Vorhalle weilten Er überschreitet die Gränzen ihrer finstern Wohnung macht ihnen das Evangelium kund öffnet den müden Gefangenen die Thore ihres Kerkers, und befiehlt ihren |
Thränen, nicht mehr zu fließen. O ihr Ungläubigen, die ihr nicht bereutet bei der Predigt Noa's; euere Leiden waren eurer Ungläubigkeit angemessen; doch jetzt ist ein Freund zu eurer Hilfe gekommen! Am dritten Tage erstund Er von dem Tode, und nachdem Er noch viele Belehrungen Seinen Jüngern gegeben hatte, stieg Er hinauf in Seine Heimath, mit sich bringend zu dem himmlischen Hofe die reiche Beute des Sieges über Tod, Grab und Hölle. Dort nahm Er Seinen Sitz zur Rechten des Vaters und ist nun unser Mittler und Advokat geworden; denn durch Sei- nen Tod und durch Seine Vermittlung kann der Mensch gerettet werden, wenn er Seinen Geboten gehorcht und sich unbefleckt erhält von der Welt. Durch diesen Mann soll ein gerechtes Gericht kommen über alles Fleisch, denn Er besitzt denselben Willen wie der Vater, und dieser Wille ist der heilige Geist, welcher der ausübende Geschäftsträger des Vaters und des Sohnes ist. Er ist ein glorreicher Bote der Wahrheit und des Trostes, fortgesandt von dem Vater durch den Sohn in die Her- zen aller jener, die da aufrecht vor Ihm wandeln; und diese Drei, nämlich: der Vater, der Sohn und der heilige Geist sind Eins. Deßhalb sollen alle jene, die Seine Gebote halten, von Gnade zu Gnade steigen, Er- ben des Reiches Gottes und Miterben Jesu Christi wer- den. Je mehr sie sich Gott nähern durch Gehorsam, desto mehr werden sie von ihrem eigenen Willen verlieren und von demjenigen des Herrn oder des heiligen Geistes empfangen. Sie werden wieder umgewandelt werden zu Seinem Bilde, und zu Seiner Aehnlichkeit mit Ihm, Der alles in allem füllt und werden Eins sein mit dem Sohne, wie der Sohn Eins ist mit dem Vater. O Menschen, wer immer ihr auch sein möget, betrachtet wohl, was in euer Bereich gegeben ist. Heftet die Neig- ungen euers Herzens nicht an gemeine und nutzlose Dinge, sondern gedenkt der hohen Bestimmung, welche aller jener wartet, die die Tugend zu ihrer Gefährtin, und ihr Heil zum Ziel ihrer Bemühungen machen. |
Ueber den Gebrauch und die Gütigkeit der Schriften des alten und neuen Testamentes in unserer Kirche. Dieser geheiligte Schatz ist von den Gliedern un- serer Kirche anerkannt, und wir fühlen uns verpflichtet, die darin enthaltenen gerechten und heiligen Vorschriften durch Beispiele in unserm täglichen Wandel zu erläu- tern. Indeß wünschen wir nicht, daß dabei verstanden werden möchte, als ob der heilige Geist auf jeden die- ser Sätze besonders hingewiesen hätte, oder als ob alle die Ceremonien, welche unter den alten Juden ausgeübt wurden, auch auf uns aufgebürdet worden wären. Jedoch ist kein Theil in der heiligen Schrift zu finden, der nicht irgend ein Beispiel dem demüthigen Nachfolger Christi gäbe, aus welchem er nutzvolle Belehrungen ziehen könnte. Niemand hat das Recht, diesen Schriften etwas hinzu zu fügen, und noch weniger, etwas davon hin- weg zu nehmen; auch könnte er es nicht thun, ohne das gerechte Mißfallen des göttlichen Hauptes der Kirche auf sich zu ziehen. Siehe Offenb. 22. Kap. 18. und 19. V. Sollte es aber dem Herrn selbst gefallen, eine neue Offenbarung nachträglich den Menschen zu geben, sei es nun, durch seine eigene Stimme vom Himmel, durch den Dienst eines Engels, durch den heiligen Geist, oder durch eine himmlische Vision, so würde dieß nicht die Hinzufügung, oder überhaupt das Werk der Menschen sein, sondern nur das Werk dessen, Der durch den Mund Seines Sohnes erklärt hat, daß alle verborgenen Dinge aufgedeckt, und alle Geheimnisse an den Tag gebracht werden sollen. Deßhalb haben jene, die da besitzen, fernere Ursache, noch mehr zu erwarten, denn der Apostel Jakobus hat gesagt: »Wenn jemand von »euch der Weisheit bedarf, laßt sie ihn von Gott er- »bitten, welcher allen Menschen freigebig gibt, und es »nicht vorrückt, und sie wird ihm gegeben werden.« |
Und Jesus hat weiter gesagt: »Alle Dinge, was »auch immer ihr verlangt mit festem Glauben, das »werdet ihr erhalten.« Deßhalb: »sind demjenigen der »glaubt, alle Dinge möglich« sagt das ewige Wort des Lebens. Und es ist mein beständiges Gebet und mein unwandelbarer Glaube, daß der Himmel fortfahren möge, Sein Wort uns zu offenbaren, bis die Kennt- niß und Gloria Gottes die ganze Erde erfüllen wird, und die Völker keinen Krieg mehr kennen werden. Doch der, dessen Aberglaube und Tradition ihn verleiten wird, jede neue Kundgabe der Wahrheit vom Himmel oder von der Erde zu verwerfen (siehe Psalm 85, 11) »soll gleich der Hitze der Wüste sein, und soll nimmer sehen, wenn das Gute kommt.« Derjenige, welcher weise den Erwerb irdischer Reich- thümer verfolgt, verwendet sein ganzes gegenwärtiges Vermögen zu irgend einem sichern und einträglichen Geschäfte, und sucht dann durch Gewerbfleiß und per- sönliche Bemühung dasselbe zu vermehren. So soll der Nachfolger Christi thun. Er soll den bestmöglichsten Gebrauch von dem bereits gegebenen Worte des Herrn machen, und auf dem Pfade der Selbstverläugnung, des Gebetes und des strengen Gehorsames noch mehr zu erringen suchen, denn Christus hat gesagt: »der, welcher sucht, wird finden.« Die Kinder des Lichtes sollen eben so weise sein in ihrer Zeit, wie die Kinder der Welt; aber der Herr hat gesagt, daß sie es nicht sind, und dieß ist zu beklagen. Es bleibt zu fürchten, daß viele ihr Talent in ein Buch binden und vergraben werden. Ueber den Glauben. Jener Glaube, welcher Heil uns bringt, ist die Gewißheit, mit der wir unsichtbare Dinge zu erlangen hoffen, und deßhalb ist er auch die Haupttriebfeder aller menschlichen Handlungen. Mit dieser Gewißheit pflügt und bebauet der Ackersmann sein Feld, der Seemann durchzieht das weite Meer und der Manufak- |
turist, Mechaniker und Handwerksmann verfolgt gleich- gesinnt seinen Beruf, jeder hoffend, etwas zu erlangen, das er im Augenblicke zwar nicht sieht, dessen er aber gewiß ist, nämlich Reichthümer. Sollte der Ackersmann glauben, daß sein Feld ihm eine reiche Ernte gebe, ohne es zu pflügen oder zu bebauen, würde da sein Glaube allein hinreichen, ihm die Ernte zu gewähren? Nein! Sollte der Seemann glauben, daß er durch seinen Handel zur See die Reichthümer Indiens aufhäufen könne, ohne aber dabei jemals an den Bord eines Schiffes zu gehen, um seine Segel in den Wind hinaus zu spannen würde da sein Glaube allein ihm die gewünschten Reichthümer bringen.? Nein! Oder, sollte der Handelsmann glauben, daß er sein Besitzthum durch Kauf und Verkauf vermehren könne, ohne jedoch zu kaufen und zu verkaufen würde hier sein Glaube allein hinreichen, die gewünschte Vermehrung zu verur- sachen? Nein! So ist es denn mit allen Klassen der Menschen in dem geschäftlichen Verkehre dieser Welt, und derselbe Grundsatz gilt auch in Beziehung der wah- ren Reichthümer, die uns im Himmel hinterlegt sind. Wenn jemand dieselben an sich bringen will, so muß er eben so wohl arbeiten als glauben; denn Glaube und Arbeit sind die zwei Flügel, mit welchen der Christ von der Erde zum Himmel fliegt. Nimm einen der- selben davon hinweg, und der andere ist von keinem Nutzen mehr für ihn, denn mit einem Flügel kann er nicht fliegen. Der Glaube wird erlangt durch Anhörung des Wor- tes Gottes, erklärt von einem Prediger, der nicht in jenem Worten spricht, wie die menschliche Weisheit sie lehret, sondern mit jenen Worten, wie der heilige Geist sie redet, wenn er geistige Dinge mit Geistigem vergleichet. Der ganze Umfang der Natur mit all den blühenden Reizen öffnet eine Fluth des Lichtes dem be- trachtenden Gemüthe in Bezug auf die ewige Macht und Hoheit Gottes, des unsichtbaren Schöpfers. Der |
schattige Hain, der kräftig fließende Strom, die luftigen Berge und die sich weithin dehnende Fläche verkünden das Werk einer allmächtigen Hand. Der Himmel mit ihren zahllosen Welten die gleich blinkenden Diaman- ten den nächtlich blauen Dom ausschmücken, beweisen jeden Auge das Dasein einer mehr als menschlichen Gewalt. Wer kann die Natur in ihrer ewigen Entfaltung betrachten ohne zu fragen, welche geheime Feder wohl da unter dem Vorhang verhüllt liegen mag, durch welche sich die zahllosen Körper im Weltraume mit solcher Regelmäßigkeit und Ordnung bewegen? Und all dies Wechseln und Entfalten ist einzig nur zur Bequem- lichkeit des Menschen da. Man nenne nun diese Macht, durch welche die Natur sich bewegt, durch was immer für einen Namen als man wolle, so bleibt sie doch immer berechtigt durch jeden Grundsatz der Wahrheit und Gerechtigkeit, An- sprüche an unsere aufrichtigste und demüthigste Anbetung zu machen. Denn erstens: daß sie groß ist, wird Nie- mand läugnen; und zweitens: daß sie gut ist, kann Niemand läugnen. Deßhalb verlangt das, was unend- lich groß und unendlich gut ist, einen Tribut von abhängigen Wesen, und da Gott nur ein zerknirschtes Herz und einen reuevollen Geist forderte, nebst der folg- samen Beobachtung Seiner guten und heilbringenden Gesetze, wer könnte da wohl so undankbar sein, und die- ses Opfer dem Herrn vorenthalten? Der Herr Jesus ist uns als Erlöser und als Ge- genstand unsers Glaubens gegeben worden, und kein menschliches Wesen kann zum Vater kommen, denn durch Ihn. Ihm ist ein Name gegeben worden unter dem Himmel und unter den Menschen, durch welchen wir alle gerettet werden können. Er und Er allein ist un- ser Mittler. Er hat unsern Kummer getragen, und unser Elend auf Sich genommen, und er ladet uns freundlich zu Sich, um durch Ihn gerettet zu werden. |
In dich, o Mensch! sucht der Schöpfer zu dringen mit seinem heiligen Worte, durch den Mund seiner Diener, in dich sucht er zu dringen, wenn Er dir Sein göttliches Bild in den Werken der Natur gleichsam wie durch einen Spiegel zeigt, und mit Seinem hl. Geiste will Er dich beleben, der gleich dem Winde, leichter zu fühlen, denn zu sehen ist. Solltest Du aber dein Herz nicht zu ihm wenden, ohngeachtet der Ueberredungskraft dieser sprechenden Sachwalter, so wisse, daß du verloren bist, denn der Herr selbst hat gesagt: »der welcher nicht glaubt, soll verdammt werden.« Vielleicht werden einige Personen sagen: »ich glaube mit ganzem Herzen, daß Jesus Christus der Sohn Got- tes ist, so wie auch an Seine heilige Religion, aber willst du uns auch sagen, was wir zu thun haben, um diese Religion zu genießen, und in das Reich Gottes einzugehen? Ich bin höchst erfreut, solch ein volles offenes Be- kenntniß des ersten Grundsatzes der christlichen Religion zu vernehmen, denn gerade solch ein Bekenntniß fordert das Evangelium und ich schreite mit Vergnügen vor- wärts einen zweiten Grundsatz anzudeuten. Ueber die Reue. Die Reue ist jenes Gefühl des Kummers und der Betrübniß des Herzens über begangene Beleidigungen Gottes, welches eine Person mit festem Vorsatze erfüllt, ihre Sünden und begangenen Ungerechtigkeiten zu mei- den, und ihren ganzen Lebenswandel umzuändern. Die Reue ist eine Lehre, welche nur Demuth abzielt, die Verfeinerung in ihren Folgen bringt, und nur dahin strebt, ihre Getreuen von Stolz und Hoffart abzustrei- fen und sie hinzubringen zum Fuße des Kreuzes wo der Strom der Gnade fließt, damit sie rein gewaschen werden mögen von ihrer Schuld und von ihren Befleck- |
ungen. Die Reue ist in der That gleich der Arznei des Physikers, die zwar widrig für den Geschmack, aber der Gesundheit des Körpers zuträglich ist. Der weltlich gesinnte Mensch liebt freilich nicht in seinen Bestrebungen nach Wohlstand und Größe nach- zulassen, noch will der Mann des Vergnügens sich von jenen bezaubernden Reizen trennen, die beinahe an je- dem Orte und in verschiedenen Formen und Gestalten seine Schritte abzulenken suchen von dem Pfade der Tugend und Frömmigkeit. Auch wird es dem Reichen schwer, seine Güter freigebig den Armen zu spenden, und der Stolze und Hoffärtige hat keine Lust in dem Thale der Demuth zu wandeln. Die Namen solcher Personen mögen wir in der That oft innerhalb einer Kirche auf Stein eingegraben finden; aber wenn die Worte Jesu als zuverlässige Wahrheit gelten, so wisset, daß deren Namen nicht auf der Liste der Geheiligten vorgezeichnet sind, um einst im ehrenvollen Andenken zu glänzen an jenem Tage, wo die, die durch die grosse Trübsal gegangen sind, und ihre Kleider rein und weiß gewaschen haben im Blute des Lammes, gekrönt werden mit unsterblichen Ehren zur Rechten ihres Herrn und Königs. Während dem Laufe meines Lebens bin ich durch verschiedene Gegenden gewandelt, und habe die Men- schen in verschiedenen Graden angetroffen. Ich sah den Reichen in seinem Glanze rollen, strahlend von Gold und Diamanten, gleich als ob er die breiten Falten des gestirnten Himmels um sich verschlungen hätte. Ich habe auch den Armen gesehen! Mancher war so elend, daß das Leben ihm nur eine Bürde schien, die ihm gegeben ward, sein Elend zu verewigen, damit der Kelch seiner Drangsale schon hier, auf dieser Erde gefüllt würde. Doch worauf mein Augenmerk sich mit größtem Interesse wendete, war, zu sehen, wie der starke Arm der politischen Macht einen goldenen Thronhimmel über die Kirche ausspannte. Es ziemt mir nicht, jedes Ding |
zu verdammen, welches ich nicht in die Harmonie mei- ner Gefühle bringen kann; jedoch habe ich ernstlich über die Wahrheit einer Kirche unter solchen Umstän- den nachgedacht, der es möglich ist, in ihrem Schoose Grundsätze und Verfahrungsarten zu beherbergen, die einer reinen und unbesudelten Religion entgegen gesetzt sind. Die Hand des Winters breitet einen weißen Mantel über das Anlitz der Erde, und birgt für Au- genblicke ihre Mißgestaltungen; doch wenn die Sonne kömmt, und ihre wärmenden Strahlen wieder ausgießt über die Erde, so schmilzt ihre schneeige Decke hinweg, und jede rauhe und ungeziemende Stelle erscheint dem Auge. So naht auch jetzt die Zeit heran, wo der hül- lende Vorhang, der über alle Nationen geworfen ist, entzwei gerissen wird, gleich dem Vorhange des Tem- pels bei der Kreuzigung Christi; und alles Geheime wird dem Blicke kund gegeben werden, und: »dann soll jedes Menschen-Werk erprobt werden, welcher Art es ist.« Wer immer zurückblicken will mit vorurtheilsfreiem Gemüthe zum Beginne des Christenthums, der muß bekennen, daß eine grosse Verschiedenheit in dem Zu- stande der früheren und jetzigen Kirche herrscht. Denn der grosse Gründer des christlichen Glaubens konnte in Wahrheit sagen: »Die Füchse haben ihre Höhlen und »die Vögel ihre Nester, allein des Menschen Sohn hat »nicht, worauf er Sein Haupt legen könnte.« Er sagte auch: »daß der Diener nicht über seinen Herrn ist, noch »der Schüler über seinen Meister« und ich, ich möchte noch hinzufügen, daß es höchst unnatürlich ist, daß ein Strom gegen seine Quelle anschwelle; jedoch das moderne Christenthum ist gegen seine alte Quelle aufgestanden, und hat die Wolken weltlicher Ehre um sich gezogen. Soll ich mein Urtheil über diese Ordnung der Dinge fällen? Nein! Mein Meister hat mich nicht bevoll- mächtigt, dieß zu thun. Aber er hat mich bevoll- mächtigt, zu sagen: »daß der Tag kommen wird, welcher brennt gleich einem Ofen, und daß alle die |
Stolzen und die, welche Ungerechtigkeiten üben, gleich Stoppeln sein werden. Und der Tag wird kommen, der sie hinweg brennt, Wurzel und Ast, sagt der Herr!« Wenn denn alle Stolzen, und alle die, welche Unge- rechtigkeiten üben, hinweg gebrannt werden, wer kann da gerettet werden? Hätte ich die Beredsamkeit eines Engels, und hätte ich so viele Zungen, als Hydra, ich würde sie alle anwenden, Reue zu predigen dieser Ge- neration. Doch ein Mann fragt mich, wie er an das Werk der Reue zu gehen hätte. Nüchternes Betrachten und Erwägen müssen seine ersten Schritte sein. Er möge bedenken, daß es ein gutes Wesen ist, gegen welches er gesündigt, und dessen Gesetze er übertreten hat, und das selbst Seinem Sohn nicht verweigerte, für ihn zu sterben ein Wesen, welches ihn erheben wollte in der andern Welt, und ihn scheinen machen wollte in einer Glorie, gleich der Sonne am Firmamente. Der nächste Schritt ist, daß er oft den Platz geheimen Ge- betes besuchen möge, um seine Seele auszugießen vor Gott. Er verbanne jeden eitlen Gedanken aus seinem Gemüthe und fasse den festen Entschluß, sich selbst dem Dienste und der Anbetung des Herrn zu weihen; und ich kann ihm mit Sicherheit sagen, daß er nicht lange zu warten brauche auf diesem Wege, bis ein Strahl des göttlichen Mitleides ihn erwärme, und sein eisiges Herz zu Thränen der Freude schmelze, die von einem demüthigen Geiste zeugen. Und er bringe alsdann dank- bares Lob seinem Herrn und Gott. Ist der Mensch so weit vorgeschritten in seinem Streben nach ewigem Leben, so ist er ein geeigneter Gegenstand für die Wassertaufe, denn er glaubt bereits, und hat auch aufrichtig bereut seine Sünden. |
Ueber die Taufe. Die Taufe ist der Akt des Untertauchens, oder Untersenkens des Körpers in Wasser, im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Es ist ein alter Gebrauch, dem der Herr selbst sich unter- warf, als Er hier auf Erden wandelte, um den Willen Seines Vaters zu vollfüllen, und um uns ein Beispiel zu geben, unserer Nachahmung würdig. Wie stolz mag der Jordan nicht gewesen sein, in seine umarmenden Fluthen eine Person, so erhaben wie der Sohn Gottes, aufneh- men zu dürfen. Diese heilige und feierliche Verordnung ward durch Johannes den Täufer in der Wüste Judäa's als ein Mittel zur Nachlassung der Sünden des Volkes darge- stellt. Eine Menge von Männern und Weibern erkann- ten die Richtigkeit seiner Lehre; sie bekannten aufrichtig ihre Sünden und stiegen hernach in die Gewässer Jor- dans hinab durch die Hand dieses sonderbaren aber hei- ligen Propheten Gottes. Unser gesegneter Herr lehrte nicht nur allein die Nothwendigkeit der Unterwerfung eines jeden Menschen unter diese Anordnung, sondern bestärkte sie auch in den bestimmtesten Ausdrücken. Seine eigenen Worte sind: »wenn jemand nicht wieder geboren wird aus dem Was- »ser und heiligem Geiste, so kann er in das Reich »Gottes nicht eingehen.« Und zu einer ferneren Ver- anlassung zur Taufe sagte er wieder: »der welcher glaubt »und getauft ist, wird gerettet werden, aber der welcher »nicht glaubt, wird verdammt werden.« Die Taufe ist deßhalb eine wichtige Bedingung zur Vergebung der Sünden, denn unser Herr sagte zu den Apostel Petrus: »Deren Sünden du vergibst, denen will auch Ich ver- »geben;« und Petrus, erfüllt mit dem heiligen Geiste am Pfingstfeste, und tragend die Schlüssel des Himmel- reiches, war höchst erfreut, den fragenden Juden sagen zu können: » Bereuet und lasse ein jeder sich taufen im |
Namen Jesu Christi zur Nachlaßung der Sünden, und ihr sollet empfangen die Gabe des heil. Geistes.« Wenn also Petrus unter solchen Bedingnissen dem Volke Ver- gebung der Sünden versprach, so ist kein Zweifel, daß ihnen der Herr auch unter denselben Bedingnissen vergab. Wir wünschen nicht, daß darunter verstanden wer- den möchte, als ob das Wasser allein die Kraft besäße, uns von den Flecken der Sünde zu reinigen. Ein Stück unbeschriebenes Papier ist allein von ganz geringem Werthe, wenn es aber des Banquiers Stempel Versi- cherung und Unterschrift empfangen für 500 £ so ist es grade von demselben Werthe. Das nämliche gilt mit der Wassertaufe, und des Erlösers Versicherung zu- folge, müssen wir sie als Nachlassung der Sünden er- achten, vorausgesetzt, daß sie durch eine Person verrichtet wird, welche von Gott hiezu bevollmächtigt ist. Wir taufen keinen, ausgenommen er ist zu den Jahren der Vernunft gelangt, und hat selbst erkannt, daß er gegen seinen Gott sündigte. Wir erachten diese Handlungsweise in völliger Uebereinstimmung mit dem Inhalte der Bibel; allein klarer und pünktlicher ist sie in den alten Urkunden Amerikas aus einander gesetzt, wovon wir schon, im Anfange dieses Buches geschrieben haben. Deßhalb können wir das Taufen oder vielmehr Besprengen der Kinder mit Wasser in keinem andern Lichte betrachten, sondern blos als eine menschliche An- ordnung oder vielmehr Verkehrung der alten Ausübung, die seit langem in der Kirche nun eingeführt ward, seit- dem die Lampe direkter Eingebung erlosch. Es scheint mir, daß bei dieser modernen Neuerung, mehr die Be- quemlichkeit der Ausübung als das Wort oder der Geist des wahren, lebendigen Gottes berücksichtigt wurde. Obgleich nun diese letztere Art seit langem in Aus- übung, und beinahe allgemein eingeführt worden ist, ja selbst von grossen und gelehrten Männern bestättigt wurde, so habe ich doch von einem Manne gelesen, der grösser ist, als sie alle, daß Er hinab stieg |
in den Fluß Jordan, und dort getauft ward. Hierbei bleibt zu bemerken, daß der lang ausgeübte und allge- mein eingeführte Gebrauch eines unrichtigen Grundsatzes ihn eben so wenig heilige, oder ihn in eine Wahrheit umwandle, als die Sünde durch ihre allgemeine Aus- übung geheiligt, oder in einen Grundsatz der Gerechtig- keit vor Gott verwandelt worden ist. Dieselbe Erde, welche wir bewohnen, wurde zuerst in Wasser getauft, um sie zu reinigen von Sünde und Befleckung, und einst wird sie wieder getauft wer- den, aber nicht mit Wasser, sondern mit Feuer und dem heiligen Geiste. Sie wird befreit werden von den Fol- gen ihres Falles, um wieder zu einem Paradiese zu werden, in welchem der Herr selbst wohnen will, mit allen Sanftmüthigen, wenn da keiner mehr sein wird, sie zu belästigen oder zu erschrecken. Dann werden sie empfangen das verheißene Erbe, denn: »Selig sind die Sanftmüthigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.« Die Gewässer der Fluth dienten dem Noe zu ei- ner Heerstraße, welche ihn von der alten Welt, die dem Verderben geweiht war, um ihrer Sünden und Verderbtheit willen, hinüber brachte in eine von Uebeln gereinigte und geläuterte Welt, über welche der Himmel seine Segnungen ausgoß, und ihr die Verheißung der Saat und Ernte und der Zeit des Tages und der Nacht gab. Während dieser ehrwürdige Patriarch und Vater einer neuen Welt hinaus staunte in die ihn umgebende Scenen und die wichtigen und mächtigen Thaten Je- hova's betrachtete, da erschien der Triumpfbogen in den Wolken, glänzend in all den verschiedenen Tinten des Regenbogens als ein Zeichen des Guten und als Glücks- wunsch für die Erde zu dem Empfang ihres neuen Monarchen. Der Apostel Petrus sagt hierüber: »Auf gleiche Weise macht uns die Taufe selig.« Sie führt uns hinaus von der Welt, und bringt uns in das Reich Gottes, wo die Verheißungen des ewigen Lebens um uns her sprießen und ihre himmlischen Wohlgerüche aus- |
streuen um uns zu erfrischen und zu bekräftigen auf der Reise durchs Leben. Wenn immer eine Person stirbt, so bereiten sich sogleich die Freunde des Verschiedenen, ihm den letzten Dienst ihrer Güte zu bezeigen, indem sie ihn zur Erde bestatten. Und es ist ein seltener Fall, daß der Liebe Thränen auf sein Grab fallen, ohne mit der Hoffnung gemischt zu sein, daß er nach dem Tode wieder aufer- stehe, um einen Platz der Ruhe zu empfangen zu seiner Zeit, jenseits des Grabes. So ist es mit einer Person, welche wahrhaft an Christus glaubt, und aufrichtig ihre Sünden bereut. Er mag betrachtet werden als todt, das heißt: todt für die Sünde, und der Freundschaftsdienst, den wir ihm nachher bezeigen können, ist, daß wir ihn begraben in dem Wasser der Taufe, mit der seligen Hoffnung, daß er nicht nur allein auferstehe aus diesem Wassergrabe als eine neue Kreatur, lebend in Christus, sondern daß er auch auferstehen werde von den Todten, am Aufer- stehungs-Tage der Gerechten, um mit ihnen aufgenom- men zu werden in das himmlische Paradies, wo er auf immer genießen wird die Früchte seines Gehorsams ge- gen die Befehle des Himmels. Vor einigen Jahren unternahmen einige amerika- nische Missionare, welche unter unsere westlichen Indi- aner stationirt waren, um sie, wo möglich zu unter- richten und zu cilvilisiren, einen gewissen Theil des- neuen Testamentes in ihre Sprache zu übersetzen. Meh- rere Indier glaubten daran, zufolge dessen die Priester ihnen vorschlugen, sich taufen zu lassen. Die nöthigen Vorkehrungen wurden dem gemäß gemacht, und ein Becken mit Wasser herbei geschafft. Sobald die Indi- aner es erblickten, fragten sie, zu was dieß Wasser hier wäre? Der Priester antwortete: Euch damit zu taufen. Was! sagten die armen Indianer, wollt ihr uns in dieses Becken thun? O nein! antwortete der ministrirende Priester, ich will euch nur damit bespre- gen. Sogleich holten die Indianer dieselbe Uebersetzung |
aus der heiligen Schrift hervor, und sagten zu dem Priester: »:Ihr habt uns dann das unrechte Buch ge- geben, denn dieß hier sagt, daß wir begraben werden müssen mit Christus in der Taufe.« Ich habe diese Anekdote hier blos angefügt, um den Eindruck zu zeigen, den die Schriften auf den vor- urtheilsfreien Geist dieser gebornen Söhne des Waldes machten. Und zufolge der zahlreichen Beispiele, die in den Schriften aufgezeichnet sind, wo die alten Chri- sten sich an den Ufern des Flusses Schaarenweise sam- melten, um diesen geheiligten Gebrauch auszuüben, und dahin zogen, wo viel Wasser war, und dann hinab- stiegen und im Wasser begraben wurden, so kann ich nicht begreifen, wie Personen, die da ihre Bibel gelesen haben zu einer andern Folgerung kommen, hin- sichtlich dieses Gegenstandes, als zu einer, zu welcher die armen Indianer kamen. Der heilige Paulus hat gesagt ( Röm. 6. Kap. 4. 5. V ): »Denn wir sind mit ihm durch die Taufe zum Tode begraben, damit, gleichwie Christus auferstanden ist von den Todten, durch die Herrlichkeit des Vaters, also auch wir in ei- nem neuen Leben wandeln.« »Wenn wir nämlich (mit ihm) zusammengepflanzt sind zur Aehnlichkeit seines Todes, so werden wir es auch zur Aehnlichkeit der Auferstehung sein.« Ueber die Konfirmation nach der Taufe durch Auflegung der Hände. Dieß ist eine Verordnung, welche in unsrer Kirche genau beobachtet wird, und Niemand kann als ein Glied derselben betrachtet werden, außer er ist durch Auflegung der Hände der Aeltesten konfirmirt worden. Nachdem der Kandidat getauft worden ist, so ist es des funktionirenden Priesters Pflicht, ihm den Nutzen und die eigenthümliche Beschaffenheit dieser Verordnung zu erklären, und es seinem Verstande begreiflich zu machen. Wenn dieß geschehen, dann muß er fortfah- |
ren, sich in einem feierlichen Gebete zu Gott dem All- mächtigen zu wenden und dem Kandidaten die Hände auflegen im Namen Jesu, damit er ihn so dem Dienste des Herrn weihe, und die Segnungen des heiligen Geistes über ihn bestätige. Wenn nun jedes Ding auf eine nüchterne, klare und andachtsvolle Weise geschehen ist, so haben wir Ursache, den Beifall des Himmel zu erwarten, der uns die Früchte unsrer Arbeit gnädig bewahren wird für das ewige Leben, nachdem wir treue Anhänger der Tugend und Gerechtigkeit waren. Da nun diejenigen, welche das Amt der Priesterschaft ausüben, gleichsam das verbindende Glied zwischen Christus und seinem Volke bilden, so wird uns durch Auflegung der Hände ein Theil jenes Geistes mitgetheilt, der dem Busen des höchsten Gottes entströmt. Und gleichwie die Reben am Weinstocke ihre Nahrung aus jenem Safte ziehen der von der Wurzel aufsteigt, und Leben und Frische bis an ihre äußersten Ende bringt, so führt auch der Geist Gottes, der aus der ewigen Quelle fließt, durch den Kanal des Priesterthums, Leben, Gesundheit und Freude zu allen Gliedern, und theilt ihnen jene Ge- fühle mit, die eine glorreiche und himmlische Verbin- dung unter ihnen und mit ihrem ewigen Haupte erzeu- gen, wo sie auf diese Weise eins werden mit Christus, so wie Christus Eins ist mit dem Vater. Denn wenn ein Glied leidet, so leiden sie alle, und wenn ein Glied geehrt wird, so erfreuen sie sich insgesammt. Christus sagt hierüber zu seinen Jüngern: »Der, welcher euch »aufnimmt, nimmt mich auf, und der mich aufnimmt, »nimmt den Vater auf, welcher mich gesandt hat. Und »jene, welche euch verachten, verachten mich, und in- »dem sie mich verachten, verachten sie auch Ihn, der »mich gesandt hat.« Dann sagte er wiederum: »Was »ihr immer einem von den Geringsten aus meinen Brü- »dern gethan habt, das habt ihr mit gethan.« |
Ueber das Sakrament des Brodes und Weines. Diese erhabene Einsetzung wurde durch unsern Herrn selbst eingeführt, gerade vorher, ehe Er litt am Kreuze, in der Absicht, damit es immer unter uns verbleibe, und in seiner Kirche verewigt werde, bis Er kommen wird in seiner Glorie, um auf Erden zu herrschen, zu welcher Zeit er versprochen hat, wiederum Wein zu trinken mit seinen Kindern in seines Vaters Reiche. Eine Absicht dieser Einsetzung in der Kirche war, daß durch dieselbe immer die vielgewichtige Wahrheit in dem Andenken ihrer Glieder bleiben möge: daß der Leib Christi zerbrochen ward für ihre Sünden, und sein Blut vergossen wurde, um ihre Verbrechen abzuwaschen. In unsrer Kirche ist dieß Sakrament an jedem ersten Tage der Woche gespendet, welcher gegenwärtig unser Sabbath ist. Im Anfange jedoch war der siebente Tag der Sabbath; und wir vermuthen, daß der erste wieder der letzte sein wird, und der letzte gleich wie der erste. Anstatt daß dieß Sakrament durch öftern Gebrauch an Feierlichkeit und Gewichtigkeit in der Meinung des Volkes verliere (so wie Manche vermu- then), so hat uns bereits die Erfahrung das Gegentheil gelehrt. Denn der öftere Empfang derselben fordert auch ein öfteres Bekenntniß von allen jenen, die da Böses thun; und diesem Bekenntnisse folgt gewöhnlich ein Vorwurf, der der Natur der Uebertretungen ange- messen ist. Dieser Tadel, welcher von dem Geiste des Herrn durch seine Diener an dem Sünder geübt wird, kann dem schuldigen Gewissen wirklich nicht angenehm sein, denn er ist mächtig durchdringend und gebietend, und darauf berechnet, den Geist der Nachsicht für die Sünde, zu demüthigen und niederzudrücken, und ihn endlich zu zwingen, gleich einem unwillkommenen Gaste, von seiner Wohnung zu fliehen. Jene, die am öftesten tugendhafte Handlungen ausüben, lieben auch die Tugend am meisten, und für |
sie verliert sie niemals ihre Gewichtigkeit. Jene aber, welche nur selten ihre Huldigungen auf ihrem Altare niederlegen, können als keine grossen Günstlinge an ih- rem Hofe betrachtet werden. »An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen,« sagte Einer, der weiser war, denn ich. Die Organisation unserer Kirche ist von solcher Natur, daß alle diese Pflichten mit der größten Leich- tigkeit und mit ganz geringem Zeitaufwand vollzogen werden können. Brod und Wein werden von dem vorstehenden Priester gesegnet, und durch die Aeltesten an alle Glie- der vertheilt. Nachdem Brod und Wein so gesegnet und geweiht worden sind, so betrachten wir beide, als ob sie der Kraft und Wesenheit nach, wirklich das Fleisch und Blut unsers Herrn Jesus wären, welcher für uns starb, obgleich es nicht Sein wirkliches Fleisch und Sein wirkliches Blut ist. Um diesen Gegenstand klarer zu machen, will ich hier ein Beispiel anführen. Der Herr befahl dem Ab- raham, ihm seinen Sohn Isaak als Brand-Opfer zu schlachten, und Abraham, der dem göttlichen Befehle zu gehorchen sogleich bereit war, machte die Zubereit- ungen zu demselben. Als alles in Ordnung stand, nahm Abraham das Messer, um seinem Sohne den Todes- Streich zu geben; allein die Stimme eines Engels vom Himmel hielt seine Hand inne, und der Herr nahm den Widder anstatt des Sohnes der Verheißung zum Brandopfer an. So ward Isaak sinnbildlich, jedoch in Kraft und Wirkung nach (selbst) geopfert, und Gott sah immer auf Abraham, als ob er Ihm seinen Sohn wirklich geschlachtet hätte, obgleich der Widder an seiner Statt am Altare geopfert wurde. So verhält es sich mit dem heil. Sakramente. Gott sieht auf uns, als ob wir wirklich das Fleisch und Blut seines Sohnes genössen, obgleich wir es nur im Sinnbilde empfangen. Jedoch durch die Gebete und Segnungen des Priesters empfangen Brod und Wein jene Kraft von Gott, welche nicht mit profanem Auge |
zu sehen ist, sondern nur von demüthigen Herzen em- pfunden wird. Jene, welche an diesem Sakramente mit Glauben und Reinheit Theil nehmen, empfangen geistige Kräfte und göttlichen Trost. Die öftere Wiederholung dieser göttlichen Anordnung betrachten wir als unausweichlich nothwendig, um die Kirche im beständigen gesunden Zu- stande und Wachsthume zu erhalten. Doch geistiger Tod trifft jenen, welcher sich diesem heiligen Mahle mit unreinem Geiste, oder mit Haß gegen seinen Bruder nähert. Ueber das Sündenbekenntniß und die Behandlung gesetzwidriger Glieder. Wenn immer ein Glied unserer Kirche sich ein Vergehen gegen die Regeln derselben, oder ein unmora- lisches Betragen zu Schulden kommen läßt, so wird von seiner Seite ein Bekenntniß nothwendig, so wie auch ein aufrichtiges Versprechen der Besserung, um sein Recht der Gemeinschaft zu erhalten. War das Vergehen ein geheimes, so muß er er es im Stillen vor seinem Gott bekennen, und vor jenen Personen, die dadurch beleidigt wurden; war aber sein Vergehen ein öffent- liches, so muß er öffentlich bekennen, oder in die Vorschrif- ten der Kirche sich zu fügen, so wird sie aus derselben verwiesen, und ihr Name aus dem Buche gestrichen werden. Die Kirche mit einem vorsitzenden Aeltesten ist ein befugtes Tribunal, alle Streitigkeiten und Beschwerden, die sich unter gewöhnlichen Umständen erheben mögen, auszugleichen. Doch haben wir auch ein höheres Tribu- nal, vor welchem die wichtigen Fälle verhandelt werden, und dieß besteht aus zwölf Hohenpriestern, welche alle Männer von Erfahrung und hohem, moralischen Werthe |
sein müssen. Sollten diese Zwölfe in irgend einem Falle ihre Meinung nicht verläugnen können, so wird die fragliche Sache dem Präsidenten dieses Rathes vor- gelegt, der die Gabe der Prophezeihung besitzen muß. Dieser nun stellt es dem Herrn im feierlichen Gebete dar, und fleht ihn an um Erleuchtung und Belehrung. Und das auf diese Art empfangene Wort des Herrn macht allen Streitigkeiten ein Ende. Eine Person, welche von der Gemeinschaft unserer Kirche ausgeschlossen worden ist, kann nicht eher mehr in selbe zurückkehren, als bis sie öffentlich ihre Uebel- thaten bekannt, um derowillen sie verbannt wurde. Dann muß sie aber wieder getauft und konfirmirt werden, ehe sie wieder als theilnehmendes Glied anerkannt werden kann. Behandlung der Kinder in Bezug auf die Kirche. Es ist eine unerläßliche Pflicht der Eltern, die ih- nen die strengsten Bande der Natur und durch das ausdrückliche Wort des Herrn auferlegt worden ist, ihre Kinder in Tugend und Gerechtigkeit zu erziehen, und ihren zarten Gemüthern die wahren Grundsätze der Frömmigkeit und Religion einzuflößen. Alle Eltern in unserer Kirche, welche diese Pflichten an ihren Kin- dern vernachlässigen, sind als gesetzwidrige Glieder be- trachtet und werden demgemäß ermahnt und behandelt. Alle Kinder, welche gehörig erzogen und unterrich- tet worden sind, und so ihr achtes Jahr erreicht haben, werden zu dieser Zeit betrachtet, daß sie zur Kenntniß des Guten und Bösen gelangt sind, und daher fähig sind, Glauben auszuüben, so wie auch Reue über ihre Sünden. Deßhalb werden sie in diesem Alter getauft, und als Glieder der Kirche konfirmirt; nicht eher. Alle jene Kinder, welche unter acht Jahren alt sind, und dessen Eltern zu unserer Gemeinde gehören, müssen zu unserer Kirche gebracht werden, wo ihnen die |
Aeltesten die Hände auflegen und sie segnen im Namen des Herrn, und sie weihen dem Dienste des Allerhöch- sten. (Aber kein Besprengen mit Wasser findet statt.) Da die Kreatur nur für jene wirklichen Uebertre- tungen verantwortlich geachtet wird, die sie selbst began- gen, und da Sünde nur da beigemessen wird, wo ein Gesetz gegeben wurde so hat ein kleines gedankenloses Kind, das für kein Gesetz empfänglich ist, durch das Verdienst des Todes unsers Erlösers vollen Anspruch auf Unsterblichkeit, und auf ewiges Leben, (»denn für solche, sagt Christus, ist das Himmelreich.) Und dieses Recht kann nur durch die Uebertretung eines gekannten Gesetzes verwirkt werden, wenn sie die Jahre der Ver- nunft erreicht haben, und eine solche Uebertretung des genannten Gesetzes macht Reue und Taufe nothwendig zur Nachlassung der Sünden. Ueber die Offenbarungen und Befehle, welche Gott seiner Kirche gab, seit sie organisirt wurde. (1830.) Die Ideen, daß der Herr in jetzigen Zeiten seinem Volke eine Offenbarung oder Befehl gegeben hat, ist von dem Glauben des größten Theils der religiösen Welt so weit entfernt, als Loth von Sodoma an ihrem bösen Tag war. Doch wir haben längst erfahren, daß die Ungläubigkeit einer umnachteten Welt uns zu keinem Führer dienen kann, und da wir mit ihr nicht die gleiche Meinung haben, so werden wir von ihr als Betrüger, Heuchler und Gotteslästerer betrachtet. Und unter die- sen Vorurtheile hatten wir nicht nur allein die Falsch- heit und den Mißbrauch ihrer Zungen; sondern auch ihre Marterwerkzeuge und Grausamkeiten, ja selbst den Tod zu erdulden. Das Blut unserer Martyrer dampft von dem Opfer-Altare zum Himmel empor und verfechtet dort vor dem Richterstuhl der Gnade mit so Mächtiger Beredsamkeit unsere Sache, daß Jehova's Mitgefühl er- |
weckt wird, und Er Licht und Erkenntniß auf uns he- rab sendet, gleich erquickenden Schauern, ja gleich bal- samischem Thaue. Seit der Organisation unserer Kirche hat es dem Herrn gefallen, uns verschiedene Offenbarungen und Be- fehle durch sein heiliges Priesterthum zu geben, wodurch uns viele Stellen in den Schriften angezeigt und klar wurden, die früher dunkel und geheimnißvoll für uns waren. Kurz es scheint, daß der Finger göttlicher Ein- gebungen jede dunkle Stelle in der Bibel berührt habe, damit die Wahrheit derselben in unsere Herzen leuchte gleich dem erhellenden Glanze einer Lampe an dunklem Orte. Ich kann nicht unterlassen, hier eine Bemerkung über die Verschiedenheit des Volkes Gottes in früheren Tagen, und über die Verschiedenheit derjenigen zu ma- chen, die sich in heutigen Tagen sein Volk nennen. In den alten Tagen betrachteten diese ihren Zustand höchst beklagenswerth, wenn der Herr nicht zu ihnen redete, in den heutigen Tagen aber gilt es ihnen als höchste An- massung oder Narrheit, selbst auch nur die Möglichkeit anzunehmen, daß der Herr wieder einmal zu ihnen spre- chen wolle. Die Alten blickten auf Träume, Prophe- zeihungen und Visionen, gleichwie eine Dame auf ihre Diamanten blickt; doch unsere Modernen betrachten solche Begünstigungen, gleich wie ein Schwein auf eine Perle sieht. Hätte ich nicht zu oft erfahren, wie häufig man geneigt ist, solche Dinge mit Füßen zu treten, so würde ich es nicht gewagt haben, so zu sprechen, als ich that. Und wäre es dem lichten Seraphen gegeben, die dem Throne des Höchsten sich nähern, und sich in dem Strahle der Unsterblichkeit sonnen, über den Mangel des Glau- bens, und über die Unvernunft der Sterblichen zu wei- nen, so müßte die Erde mit himmlischen Thränen be- thauet werden. Wir glauben an Prophezeihungen, wir glauben an Offenbarungen; denn nicht allein den Alten waren sie gegeben, sondern auch uns. Wir glauben an Visionen, |
und wir glauben auch, daß Gott sein Volk durch Träume warnt und ermahnt. Wir glauben auch an wirksame Gebete für unsere Kranken, und salben sie mit dem geweihten Oele im Namen des Herrn. Wir legen ihnen unsre Hände auf, und der Herr erhört unser Gebet. Er heilt unsere Kranken, und macht die Lahmen hüpfen in Freude. Ueber den Unterhalt und die Lebensweise unserer Priester. In unsrer Kirche gibt es keinen Priester, der eine Besoldung für sein Predigen bekäme, sondern sie sind alle von der Großmuth des Volkes abhängig, unter denen sie arbeiten. Wir tragen unsere Kleidung nicht in einer gewissen Weise, und in der Absicht, dadurch vor andern Mitbürgern ausgezeichnet zu sein, sondern wir versehen uns nur mit solcher, die gut und anstän- dig ist, und sich am wenigsten vor dem Volke aus- zeichnet. Wir glauben ferner, daß es gesetzmäßig und recht ist, wenn ein Priester sich entschließt, ein Weib zu nehmen; jedoch kann er kein zweites sich wählen, so lange das erste am Leben ist. Ist dieses aber todt, so hat er völlige Freiheit, wieder zu heirathen. Wir be- trachten dieß als ehrbar und lobenswerth vor Gott und den Menschen, denn es scheint uns, daß der Mann einst verantwortlich sein dürfte für diesen grossen und besondern Zweck seiner Erschaffung. Der Gebrauch des Tabacks ist in unsrer Kirche nicht erlaubt, besonders nicht den Priestern. Obgleich diese Gewohnheit beinahe überall herrschend ist, so kön- nen wir sie nur als eine sehr unflätige betrachten, die da eine Pflanze zu einem Gebrauche verwendet, für welchen sie wahrlich nicht erschaffen wurde. Man wird sich erinnern, daß in einem vorherge- henden Artikel über die mancherlei Offenbarungen und Befehle gesprochen wurde, die der Herr uns seit der |
Organisation unsrer Kirche gegeben hat. Und um hie- bei noch bestimmter die Art unsers Unterhaltes anzu- zeigen, will ich hier einige wenige Auszüge aus den- selben einrücken. »Und wiederum sage ich zu euch, meine Freunde »(denn von nun an will ich euch meine Freunde nennen), »es ist auch dienlich, daß ich euch diesen Befehl gebe, »damit ihr so werdet, wie meine Freunde, in den »Tagen, als ich mit ihnen zog, das Evangelium in »meiner Kraft zu predigen. Ich dulde ihnen nicht, »einen Beutel, einen Bündel, oder auch nur zwei Klei- »der mit sich zu führen. Seht! ich sende euch aus, die »Welt zu prüfen, und jeder Arbeiter ist seines Lohnes »werth. Und Jeder, der hinaus gehen wird, das »Evangelium des Reiches Gottes zu predigen, und der »nicht ermangeln wird, glaubensvoll in allen Dingen »zu verfahren, der soll weder verfinstert noch müde an »Geist, Körper, noch Gliedern werden, und kein Haar »von seinem Haupte wird unbeachtet zur Erde fallen.« »Deßhalb laßt Keinen unter euch von dieser Stunde »an einen Beutel noch Bündel mitnehmen, wenn er »hinaus geht, das Evangelium des Reiches Gottes zu »verkünden. Denn seht! ich sende euch, die Welt zu »tadeln um ihrer ungerechten Thaten willen, und ihr »ein Gericht zu verkünden, das über sie kommen wird. »Und wer immer euch empfängt, da werde auch ich »sein« denn: »Ich werde zu eurer rechten Hand sein, und zu »eurer linken, und mein Geist wird in euren Herzen »wohnen, und meine Engel werden um euch her sein, »euch zu stützen.« »Wer immer euch aufnimmt, nimmt mich auf, »und der, welcher euch nährt, oder kleidet, oder mit »Geld versieht, wird auf keine Weise seinen Lohn ver- »lieren. Wer aber diese Dinge nicht thut, der kann »mein Jünger nicht sein; denn daran werdet ihr meine »Jünger erkennen. Wenn irgend Jemand euch einen »Rock oder ein ganzes Kleid gibt, so nehmt das alte |
»und werft es unter die Armen, und geht eure Wege »fröhlich weiter. Wenn einer euch nicht empfängt, so »geht hinweg von ihm, allein mit euch selber, und rei- »nigt eure Füsse, selbst mit Wasser, mit reinem Wasser, »in Hitze oder in Kälte, und gebt Zeugniß gegen ihn »bei eurem himmlischen Vater, und kehrt nicht mehr »zu ihm zurück. Und in welches Dorf, oder in welche »Stadt ihr eintretet, thut deßgleichen. Dessen ohnge- »achtet suchet fleißig und zögert nicht; und wehe dem »Hause, dem Dorfe oder der Stadt, welches euch ver- »stößt, oder eure Worte oder mein Zeugniß. Ja wehe »über die Stadt, das Dorf und das Haus, das euch, »oder eure Worte oder mein Zeugniß verstößt, denn ich »der Allmächtige habe meine Hände über die Nationen »ausgestreckt, um sie zu geißeln für ihre Gottlosigkeit.« Ueber die Taufe für die Todten. Wir haben über diesen Gegenstand das Wort des Herrn empfangen, das uns zu unserer höchsten Befrie- digung, dessen Natur und Eigenschaft erklärt. Obgleich die Schriften über diesen Kirchengebrauch beinahe gänz- lich schweigen, so gibt es doch in demselben hinlängliche Anspielungen, die uns aufmerksam machen, daß dieser Gebrauch in der alten Kirche, weder ungekannt, noch unberücksichtigt war. Hätte es aber dem Herrn in Sei- ner großen Güte nicht gefallen, uns die treffenden Son- derheiten dieses Gegenstandes klar anzuzeigen, so wür- den wir niemals dessen Schönheit durch den schwachen Schimmer der Schriften, die selbe auf ihn werfen, ent- deckt haben. Es gibt viele die gestorben sind, ohne jemals eine Gelegenheit gehabt zu haben, in geeigneter Weise ge- tauft zu werden, (untergetaucht) während ihrer Lebens- zeit, durch irgend einen Bevollmächtigten, den der Herr anerkannt hatte. Deßhalb hat es unserm himmlischen Vater gefallen, den Gliedern der Kirche das ausgezeich- |
nete Vorrecht zu gewähren, daß sie getauft werden kön- nen, für ihre verstorbene Freunde, mit denen sie per- sönlich bekannt waren vor ihrem Tode. Hierbei bleibt aber voraus gesetzt, daß selbe nie Gelegenheit hatten, unsere Lehre kennen zu lernen, und sie zu befolgen vor ihrem Tode, und es nicht gethan haben dann kön- nen wir nicht für sie getauft werden. Was nun bei dieser Handlungsweise gewonnen wird ist Folgendes. Wenn das Evangelium den Geistern der Menschen in der Vorhölle gepredigt werden wird, die während ihres Lebens den Befehlen Gottes unge- horsam waren, und wenn sie dann geneigt sind, zu be- reuen und zu glauben, dann können jene, die für sie ge- tauft worden sind, am Tage des Gerichtes hervor treten, und sie als Erben des Reiches Gottes in Anspruch neh- men, um mit ihnen vereint eine Glorie, gleich der Sonne zu genießen. Auf diese Art können wir Erretter der Menschen werden, dahingegen, wenn niemand für diese Abgeschiedenen getauft worden wäre, aller Wahrschein- lichkeit nach ihre Leiden verlängert würden, und sie einst eine andere Wohnung erben würden, deren Glorie ge- ringer ist, gleich dem schwachen Schimmer eines fernen Sternes. Wie muß ein solcher Mensch am Tage des Gerich- tes fühlen, dem die Gelegenheit gegeben war, in seinem Leben so viel Gutes zu stiften sowohl für ihn, als ihr andere, und es nicht gethan zu haben?! Wer wird so einfältig sein, so langsam im Begreifen, und so an- hänglich an die Traditionen der Väter, daß er nicht aufstehen wolle bei dem Rufe der Menschenfreundlichkeit und sich aufgeweckt zeige zu den zarten Gefühlen der Sympathie und Wohlthätigkeit sowohl für ihn als für andere! Der heil. Apostel Paulus hat gesagt 1. Brief Corinth. 15. K. &c.: »Was thäten sonst die, welche »um der Todten willen sich taufen lassen, wenn es gewiß »ist, daß die Todten nicht auferstehen? Warum lassen »sie sich für dieselben taufen?« |
Ueber das Beten und über die Art der Anbetung. Das Gebet ist eine der hauptsächlichsten Pflichten des Christen, und er ist bei jeglicher Erwägung, die seine Ehrbegierde anfachen, oder ihm einflößen könnte, darauf angewiesen, denn es ist gleichmäßig nothwendig zu seinem Wachsthum und Gedeihen, so wie der Regen dem Felde. Wo immer aber diese Pflicht vernachlässigt wird, da kann der Geist des Herrn wohnen. Der Herr oder die Frau eines jeden Hauses, oder einer jeden Familie in unserer Kirche ist verpflichtet, alle ihre Untergebenen zu einer geeigneten Stunde des Mor- gens und des Abends jeden Tag zusammen zu rufen, wo sie gemeinsam vor dem Herrn knieen und Ihm ihre innigen Wünsche im Namen Jesus darbringen. Einer spricht bei dem Gebete, und am Schlusse desselben ant- worten alle vereint: Amen. Wir haben keine eigenen Gebetes-Formen, aus- genommen das Gebet des Herrn: »Vater unser, der Du bist in dem Himmel« &c., denn ein jeder muß für sich selbst um jene Dinge bitten, deren er bedarf, und wir glauben, daß die einfache, ungezierte Sprache des Herzens, von unsern Bedürfnissen geleitet, angenehmer ist vor Gott, als alle gelehrte Beredsamkeit der Weisen dieser Welt zusammengenommen. Alle Glieder unserer Kirche, sowohl alt als jung, sind aufgefordert, ihre Gebete täglich dem Herrn in der Einsamkeit als auch in Gemeinschaft darzubringen, und wer immer diese Pflicht unter uns vernachlässigt, hat Rechenschaft zu geben hierüber bei den Bevollmächtigten unserer Kirche. Unser Gottesdienst fängt gewöhnlich Sonntags Morgens zehn Uhr an. Gebet und Gesang bilden den Eingang, und dann wird eine Rede dem Volke gehal- ten; worauf vielleicht einige Exhortationen folgen. Meh- rere Gesänge werden nach diesem angestimmt und somit der vormittägige Gottesdienst um zwölf Uhr beschlossen. |
Der Nachmittag wird mit Gesängen, Exortatio- nen, und mit Spendung der heiligen Sakramente, als Beicht, Abendmahl und Konfirmation, so wie auch mit Segnung der Kinder, und andern, den Umständen an- gemessenen Verrichtungen zugebracht. Ueber die Feiertage. Das amerikanische Gouvernement ist weder direkt noch indirekt mit irgend einer Religion verbunden. Es gewährt Toleranz und Schutz allen Religionen, jedoch zeigt es keiner irgend eine vorzugweise Gunst. Es werden übrigens aber von unsern Gouverneurs gewisse Tage des Fastens und des Gebetes, so wie auch öffent- licher Danksagung bestimmt und bekannt gemacht, und das Volk zur Beobachtung derselben aufgefordert. Dieß ist jedoch kein Gesetz, und es bleibt dem Willen des Volkes überlassen, das aber immer Achtung genug für seine Gesetzgeber besitzt, um mit deren Wünschen und Bekanntmachungen überein zu stimmen, so wie jedes Volk in Dingen thun sollte, die ihm gut und nützlich sind. Diesen Tagen werden noch andere von Zeit zu Zeit durch unsern vorsitzenden Aeltesten hinzugefügt, so wie es die Umstände veranlassen, wo denn unter Fasten und Beten dem allmächtigen Herrn Dank dargebracht wird, für Seine uns überflüssig erwiesene Güte. Am ersten Tage in der Woche, nämlich Sonntag, wird keine Arbeit vorgenommen. Die Kaufmannsläden werden Samstag Abends geschlossen, und nicht wieder geöffnet, bis Montag Morgens. Besuche machen, oder Gesellschaften bilden, ist am Sabbath-Tage, so wie es in Europa der Brauch ist, in Amerika durch populären Einfluß nicht erlaubt. Deßhalb scheint es einem Amerikaner sehr sonder- bar, den Sabbath meistens nur dem Vergnügen und der Erholung gewidmet zu sehen, da es doch der Tag |
des Herrn ist, und er sieht sich genöthigt, diese Er- scheinung unter jene neuen Dinge zu zählen, die er in fremden Ländern sieht. Ueber die Fußwaschung. Dieß ist eine Verordnung in unserer Kirche, welche durch die dienstleistenden Glieder derselben ausgeübt wird. Sie wird auch von andern Gliedern ausgeübt, jedoch nicht als eine kirchliche Verordnung, sondern als ein Beispiel der Demuth und Herablassung in kleinen religiösen Zirkeln und Familien. Gleich wie Christus Seinen Jüngern die Füsse wusch, so waschen auch sie dieselben unter einander. Nachdem unsere Priester berufen und ordinirt wor- den sind, müssen sie auch sogleich ihren Standpunkt einnehmen. Ist ihnen befohlen, zu reisen und zu predi- gen, so müssen sie gehen, sind sie aber lokal bestimmt, so müssen sie bleiben. Haben sie im Verlaufe von zwei oder drei Jahren sich getreu in der Erfüllung der ihnen auferlegten Berufspflichten gezeigt, und sind sie von Gott und der Kirche als gut befunden worden, dann werden sie einberufen zu einer feierlichen Versammlung. Und unter gemeinsamen Beten und Fasten umgürtet sich der Präsident der Kirche mit einem Tuche, und wäscht und trocknet ihnen ihre Füsse, und hierauf wird ihr Haupt und Körper mit dem heiligen Oele gesalbt. Dieses Waschen ist ein Zeichen, daß sie ihre Kleider gereinigt haben von den Seelen der Menschen; und sie sind dann anerkannt als Bürger des Herrn, nachdem sie sich aller der Pflichten entledigt hatten, unter wel- chen sie zu der Welt standen. Und immer hernach müssen wir dem Herrn dienen in aller Reinheit und Gerechtigkeit in was immer für einem Amte Er uns berufen hat, entweder zu reisen und zu predigen, oder den Kirchen vorzustehen. |
Ueber patriarchalische Segnung und ein Wort über Ehe. Es ist ein Gesetz unserer Kirche, daß jeder Vater seine Kinder zu irgend einer gelegenen Zeit zusammen rufe, um ihnen seine Hände aufzulegen und sie zu seg- nen, ehe er sterbe. Wenn sich nun der Fall ereignet, daß in unserer Kirche Personen sind, deren Väter todt, oder nicht un- sers Glaubens sind, so haben wir einen Patriarchen, dessen Geschäft es ist, solchen seine Hände aufzulegen, und sie an Vaters Statt zu segnen, damit keiner ohne Vaters Segen bleibe, der in unserer Kirche als sehr wichtig betrachtet wird. Allen Personen in unserer Kirche ist es erlaubt, zu heirathen, sobald sie das gehörige Alter erreicht ha- ben, vorausgesetzt, daß sie in keiner nahen Verwandt- schaft stehen. Es ist den Gliedern unserer Kirche sehr ernstlich enbefohlen, (jedoch nicht gänzlich verboten) keine Person von einer andern Religion zu heirathen. Jene, welche so thun, werden als unweise und als schwach im Glauben betrachtet. |
«·» Den Zeichen der Zeit und den weissagenden Worten eines alt-jüdischen Propheten gemäß ist die Welt am Vorabende der Wunder; ja, seltsame und gewichtige Veränderungen stehen uns nahe. Das große Werk der Vorbereitung zu Christus zweiter Ankunft hat bereits begonnen, und obgleich es noch im Kinderschritte ein- herwankt, so fängt es doch schon schnell an, Kraft zu gewinnen, und mit freudigem Vorgefühle blicken wir hin auf jenen Tag, wo ein glorreicher und ehrenvoller Sieg unsere Bemühungen krönen wird, und uns die Stimme des Herrn zurufen wird: »Ihr habt wohl gethan meine guten und gläubigen Diener, deßhalb soll auch grosser Lohn euern Bemühungen werden.« Da aber in den jetzigen Tagen die Meinung all- gemein vorherrscht: daß Gott in unsern Zeiten nicht mehr mit den Menschen sprechen will, daß die Engel längst ihr Werk beschlossen haben und heimgegangen sind zum Himmel, um nicht wieder zu kommen bis zum Tag des Gerichts daß die Visionen die Men- schen nicht mehr beglücken, daß die Prophezeihungen mangeln und die Begeisterung von der Erde wich so ist es moralisch unmöglich für die Welt, sie mit der Zeit und Weise der Heimsuchung bekannt zu ma- chen, denn ihr Unglauben verschloß jeden Kanal, durch welchen ihr der Herr Belehrung zuführen wollte; deß- halb »wird der Tag des Herrn über diese Welt herein brechen, wie ein Dieb in der Nacht.« Obgleich convulsivisches Zittern die Erde rüttelt wie einen gichtbrüchigen Greis, und verzehrende Flam- men Städte und Dörfer in Asche legen, während die |
Diener Gottes, die zur eilften Stunde des Tages in den Weinberg berufen wurden, hingehen, um zu verkünden: daß die Stunde Seines Gerichtes gekommen ist so kann doch alles nicht den Unglauben der Men- schen überwinden. Denn sie werden fortfahren an den abergläubischen Traditionen ihrer Väter mit aller jener Heftigkeit zu hangen, mit der der sterbende Geizhals an seinen schimmlichten Schätzen hängt, und sie werden in ihrem Unglauben verharren, bis der Pfeil des Ge- richtes ihr Herz durchbohren, und ihrer irdischen Lauf- bahn ein Ende setzen wird. Noe ward mit einer eigenen Botschaft von dem Herrn zu den Völkern vor der Sündfluth gesandt; allein diese glaubten ihm nicht, und sie kamen in ihren Sünden um. Es ward ihnen gesagt, was da kommen würde, und sie wurden auf eine glaubenswerthe Art über ihre Gefahr gewarnt, allein sie betrachteten dieses nur als einen betrüglichen Traum. Sie hatten Augen und sahen nicht, sie hatten Ohren und hörten nicht, und sie hatten Herzen, aber sie glaubten und verstanden nicht. Deßhalb brach die Sündfluth unerwartet über sie ein, obgleich sie darob gewarnt wurden. Nothwendig ist es deßhalb, daß da einige voraus- gehen mit einer Botschaft vor der zweiten Ankunft des Erlösers; denn Er hat gesagt: »Stehet auf und gehet dem Bräutigam entgegen.« Es bedarf hier wohl nicht bemerkt zu werden, daß die Mitternacht eine Zeit grosser Dunkelheit ist, nämlich eine Zeit, wo die Sinne des größten Theils der Menschheit in tiefen und festen Schlaf versunken, unempfindlich für ihre Lage sind, und die herannahende Gefahr nicht gewahren. Wem immer Gott die Ehre erweisen wird, ihn auszusuchen, um der Träger einer direkten Botschaft von Ihm an dieses sorglose Geschlecht zu werden, so wie Noe es für seine Zeitgenossen war, so muß er Spott, Hohn und Verachtung des größten Theils der Menschen auf sich nehmen. Man wird ihn einen |
Fanatiker, einen Betrüger, einen falschen Propheten, einen Enthusiasten, einen Narren, einen Ketzer, einen Gotteslästerer und einen Wolf in Schafskleidern nennen. Man wird ihn nicht nur allein mit Mahomet, sondern auch mit jedem fliegenden Meteore vergleichen, welches den religiösen Horizont seit seinen Tagen durchkreuzte. Wer hat da Willen genug, die mächtige Strömung des schmutzigen Wassers zu dämmen, welches aus ver- unreinigten Quellen fließt?! Wer will aus freiem Antriebe dem Herrn seine Dienste weihen, um Sein Zeugniß zu verkünden im Angesichte eines eben so strengen als tiefgewurzelten Vorurtheils, welches je eine Generation charakterisirte? Was mich betrifft, so ant- worte ich: Der Herr ist mein Helfer; ich will Seinem Befehle gehorchend hingehen, und Seinen Willen be- kannt machen, so wie Er ihn mir bekannt machte, un- ter allen Menschen, sollten sie auch deßhalb meine Feinde werden, und mich mit Tadel, Schimpf und Schande überhäufen, weil ich der Entledigung meiner Pflicht getreu geblieben. Der Herr, dem ich diene, wird mir diese Schmach in einen blickenden Diamant verwandeln, um meine Krone an jenem Tage damit zu schmücken, wo mir gesagt werden wird; »Du bist getreu gewesen in wenig Dingen, daher will ich dich über Vieles setzen.« Möge doch keiner die Sache verachten, weil sie nicht in den Zirkeln der Grossen und an den Höfen der Könige entsprungen ist. Gott kann Licht aus Fin- sterniß hervorbringen! Denn als einst Finsterniß ihren dunklen Mantel über das Chaos dieser Erde am Mor- gen der Schöpfung gebreitet hatte, da rief er: »Es werde Licht!« und sogleich brach Licht hervor aus der Dunkelheit und rollte seine glorreichen Fluthen über das Anlitz einer neugebornen Welt; so plötzlich und hell, als je ein Funke dem Stahl und Kiesel entsprang! Die Zeit wird bald beweisen, welche Aufnahme dieses kleine Werk erfahren soll, und wie das Volk in Beziehung dessen handeln will. Meines Erachtens nach |
ist es jedoch von solcher Natur, daß Niemand es mit gänzlicher Gleichgültigkeit vorüber gehen lassen wird. Ja gewiß; es muß irgend ein Gefühl erwecken! und wie ich auch beurtheilt werden mag, es geschrieben und bekannt gemacht zu haben; jene, die es lesen, werden es gewißlich billigen. Ja ich bekenne offen, daß die Sache, welche ich verfechte, eine Sache ist, für die allein ich nur zu leben wünsche, und für die ich auch bereit bin zu sterben. Nicht Augenblicke religiöser Aufwallung, bestimmten mich zu diesem Zeugnisse, nein, sondern zehn Jahre, reich an Erfahrungen, während welchen Wohlstand und Trübsal abwechselnd meine Gefährten waren. Ich fühle mich manchmal gleich einem kleinen Schiffe (seit ich abwesend bin von meinem Vaterlande), das auf frem- den und unbekannten Gewässern segelt, unter deren Oberfläche vielleicht manche Klippe für den fremden Schifffahrer verborgen steckt. Und sollte ich auch Schiff- bruch leiden unter feindlichen Stürmen an einer frem- den Küste, so bangt mir nicht, denn meine Ladung (die Seele) ist nach ihrem vollen Werthe versichert in den Wohnungen des Himmels. Deßhalb habe ich nichts zu fürchten als nur Ihn, Der tödten und wieder le- bendig machen kann! Früh schon ward ich als Waise zurück gelassen kein väterliches Auge blickte auf mich, kein Mutterherz schlug mehr für mich. Die Hand, die meine Kindesthränen stillte, war regungslos, und die Brust, die mich einst nährte, war erkaltet im Tode. Für zwanzig lange Jahre kannte ich nicht Einen, in dessen Adern Freundes-Blut für mich geflossen wäre. Deßhalb genoß ich auch nicht jene Vortheile einer geregelten Erziehung, die so Viele besitzen, und die so wünschenswerth sind. Aber da es nur wenige Menschen gibt, die, so geringe auch ihre erworbenen Fähigkeiten sein mögen, beim Anblicke des in Feuer stehenden Hauses ihres Nachbars, nicht den Inwohnern desselben zurufen würden, die Flucht zu er- greifen, um sich zu retten gerade so zu thun fühle ich, |
wenn ich durch das Glas der heiligen Schrift auf die Welt hinblicke und sie so blindlings dem Rande eines schmählichen Abgrundes entgegen strömen sehe, während Revolutionen, Umwälzungen, Blutvergießungen und Flammen verzehrenden Feuers bereit stehen, dem un- rühmlichen Reiche des Satans ein Ende zu machen, unter dessen drückender Tyranei die Erde für beinahe 6000 Jahre geseufzt hat ja da fühle ich einen Geist in meiner Brust erstehen, der über jede Schwachheit meiner Natur triumphirt. Und würde ich vernachlässi- gen, allen Klassen, Graden und Professionen der Män- ner und Weiber Buße und Bekehrung zuzurufen, so weit mir Macht und Gelegenheit gegeben ist; »würden die Steine rufen« an meiner Statt. Die Anordnungen des Hauses Gottes sind verändert, Seine Gesetze sind übertreten, und der Bund zwischen Ihm und Seinem Volke ist gebrochen worden, deßhalb brennt das Miß- vergnügen des Herrn gegen diese Generation, dessen künf- tige Geschichte theilweise in dem 24. Kapitel des Pro- pheten Isaias zu lesen ist. Und ich fühle mich bevoll- mächtigt zu sagen: daß es gut stehen wird mit jedem Manne, Weibe oder Kinde, das in die Jahre der Ver- nunft gekommmen, wenn sie bereuen und sich demüthigen vor dem Herrn, und wenn sie getauft sind im Wasser zur Nachlassung ihrer Sünden, damit sie den heili- gen Geist empfangen mögen, zur Nachlassung ihrer Sünden. Auf diese Weise muß ein Volk versammelt werden in Glauben, Tugend und Gerechtigkeit, da- mit, wenn die erste Auferstehung statt findet (welche den Worten des Engels zufolge in dieser Generation sich ereignen wird) sie verändert und werden entrückt wer- den mögen in den Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft, um so immer bei Ihm zu sein« wie Paulus er- klärt hat Thessal. 4. Kap. 16 und 17. Vers. Noe ward in der Arche auf den schwellenden Flu- then des Wassers, über die Oberfläche der Erde empor- gehoben, bis sie gereinigt und abgewaschen war von den Gottlosen, und worauf er wohlbehalten auf den Gebirgen |
Arrarat's anlandete. Er sah wie die Gewässer hin- weg fielen, und der trockene Grund zum Vorschein kam, und er blickte um sich, und fand sich als den ein- zigen Erben und Monarchen einer neuen Welt, denn da war keiner mehr übrig geblieben, der seine Ansprüche hätte anstreiten können. So wird es auch mit den äch- ten Schaafen des guten Hirten sein, die da lebend auf der Erde verweilen, bis zur Zeit der zweiten Ankunft Christi, wo sie entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in der Luft. Dann wird die Phiole des Zornes Gottes ausgegossen werden über die Gottlosen, ohne Mischung der Gnade, denn das Salz ist von ihnen ge- nommen worden durch den Erlöser, und nichts ist mehr übrig gelassen, die Welt zu retten. Unser gesegneter Herr warf selbst einst die Frage auf, bezüglich Seiner zweiten Ankunft als Er auf Er- den noch im Fleische wandelte: »Wenn der Sohn des Menschen kommet, wird Er Glauben finden auf Erden?« Er beantwortete diese Frage nicht, allein er wußte wohl, daß jene, welche im Besitze des Glaubens wären, um diese Zeit von der Erde entrücket würden um Ihm zu begegnen in der Luft und daß dann folglich kein Glaube mehr auf Erden mehr sein würde. Wenn aber die Erde gereinigt sein wird durch den Geist des Gerich- tes, oder wenn sie getauft sein wird mit dem Feuer und dem heil. Geiste; wenn Satan gebunden und die Quellen der Bosheit verschlossen sein werden, dann, dann wird der Herr herabsteigen mit seinem Volke, während die weite Arche des Himmels wiederhallen wird von dem triumphirenden Jauchzen der Erlösten. Bewun- dernde Engel werden mit deren Freudentönen lauschen, die gleich den glänzenden Tropfen des Morgens auf zarten Blumen, von ihren Lippen gleiten. In ihrem Chorus werden die Worte erschallen: »Du hast uns er- löst für Gott durch Dein Blut aus allen Nationen, Völkern, Stämmen und Zungen, und hast uns vor Gott zu Königen und Priestern gemacht, um zu regieren auf Erden. |
Alsdann werden sie die Verheißung, die vor mehr denn 1800 Jahren gemacht wurde, an ihnen erfüllt sehen: »Selig sind die Sanftmüthigen, denn sie sollen das Erdreich besitzen.« Da wird keiner mehr sein, der ihre Ansprüche streitig macht, denn sie werden gleich Noe die Erde besitzen, ungestört und unerschreckt. Nachdem unsere ersten Aeltern das Gebot des Herrn durch Theilung der Frucht übertreten hatten, da wurde die Erde verflucht um des Menschen willen. Jene, welche die meisten irdischen Reichthümer besitzen, haben deßhalb auch den grössern Antheil an diesem Fluche, besonders, wenn sie dieselben zu ihrer eigenen Vergrös- serung anwenden, und nicht den Ermahnungen der Barm- herzigkeit und des Mitleides gemäß damit handeln. Deshalb sagte unser Erlöser: »Es gehet leichter ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in den Himmel.« »Wenn du vollkommen sein willst,« sagte Er fer- ner, so gehe hin, verkaufe alles was du hast, und gib es den Armen, und nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach, und du wirst Schätze im Himmel er- langen.« Diese Lehre ist in unsern Zeiten gerade so unpo- pulär, als sie es war in den Tagen, wo der Herr sie zum ersten Male lehrte. Der Reiche wandte sich ab, und ging hinweg und so werden sie auch jetzt thun. Deßhalb sind nicht viele Reiche und Grosse, und Ge- lehrte und Weise nach dem Urtheile dieser Welt beru- fen, denn Gott hat die Armen dieser Erde ausgesucht, die da reich an Glauben sind, die Erben Seines Reiches zu werden. Jene, welche in goldenen Triumphwägen, und über die Blumenbeete des Wohlstandes zum Himmel fahren wollen, diese werden all ihren Scharfsinn und all ihre Geschicklichkeit aufbieten, dieser Lehre eine andere Aus- legung zu geben, um daß ihr Gewissen ungestört in Schlaf gelullt werden möge in der Wiege des Reichthums. Allein diese können kein Haar schwarz noch weiß machen; |
so sagte Er, Der nicht lügen kann. Deßhalb ist mein Rath für die Reichen: »sich Freunde zu machen mit dem Mammon der Ungerechtigkeit, damit, wenn sie von der Erde scheiden, sie aufgenommen werden mögen in die ewigen Wohnungen.« Ich meines Theils betrachte die Güter dieser Welt, so wie ein Baumeister das Gerüste betrachtet, welches seine Arbeitsleute trägt, während selbe die Mauern sei- nes Palastes aufführen. Er hat kein anderes Vergnü- gen an dem Gerüste als nur in so ferne es beiträgt, seine Wohnung zur Vollendung zu bringen. Und so habe auch ich nicht das leiseste Verlangen nach den Reichthümern dieser Welt als nur in so ferne sie bei- tragen mögen zur Aufbauung der Sache meines Meisters und zur Unterstützung bis ich das Werk vollendet habe, welches mir zu thun gegeben ward. Alsdann aber hoffe ich durch die Gnade Gottes, Ruhe zu finden in jenem Tempel, welcher nicht von Menschenhänden erbaut, sondern erleuchtet ist mit der Glorie Dessen, welcher starb, um mich zu retten und welcher nun wieder lebt um meine Sache zu verfechten bei dem Richter über die Lebendigen und über die Todten. Ich habe Jenen keine persönliche Einwendung zu machen, die sich da so viele Reichthümer aufhäufen, als sie sich nur immer sammeln, oder wünschen können; auch beneide ich nicht den Zustand solcher Personen, Ich wiederhole hier nur jene Grundsätze, die uns unser Erlöser gelehrt hatte, und welche ich als den heilbrin- gendsten und besten Rath, der je in meiner Macht stand, solchen Personen zu geben vermag. Der Wunsch, mich der, von meinem Meister mir auferlegten Pflicht zu entledigen, bewog mich, diese Be- merkung zu machen, und diesem Triebe gemäß will ich noch ein Ding anführen, und dann Jedem es seinem eigenen Gutdünken überlassen, wie er über diesen Punkt zu handeln gedenkt. Wenn die Grossen dieser Erde freigebiger gegen die Armen sein würden, und von ihrem Stolze abließen, oder doch einen guten Theil desselben |
fahren ließen, so würden sie viel seltener um Beihilfe zur Ausgleichung jener Verlurste aufgefordert werden, die durch Feuer, Erdbeben oder Sturm so häufig sich ereignen. Die Zeit wird kommen, wenn der Fluch von der Erde genommen werden wird, unter welchem sie seit beinahe 6000 Jahren seufzet. Wenn ein König, oder irgend ein Grosser einem seiner besonderen Freunde ein Geschenk machen will, so wählt er hiezu gewiß nichts Geringes, sondern irgend etwas Charakteristisches jener edlen Großmuth, welche Achtung gebietet und Bewun- derung einflößt. So auch will der Herr den Fluch tadeln, welcher auf der Erde lag, und sie wieder mit dem frischen Grün des Edens bekleiden; ja Er wird den Baum des Lebens wieder zurück bringen, und ihn seinem Volke geben. Aber, so lange sie noch unter dem Fluche schmach- ten, ist Er nicht geneigt ihn ihnen zu gewähren, denn sie würden ihn nur benützen, wie ein gedankenloses Kind ein Rasirmesser (zu ihrer eigenen Verletzung). Erhebet deßhalb euere Häupter, ihr tugendhaften und demüthi- gen Armen, die ihr nicht über euere Lage murret, und die Gebote des Herrn haltet, denn zu euch ist dieses Wort des Heils gesandt. Die Reichen können auch ihren Antheil haben an diesem grossen Erbe, wenn sie die geeigneten Maaßregeln hiezu ergreifen. Nein, Keiner ist ausgeschlossen, wenn er in gerechter Weise darnach trachtet. In jenen Urkunden, welche in Amerika gefunden wurden, und die ich schon früher beschrieben habe, war auch eine Prophezeihung niedergeschrieben von der Hand eiesn heiligen Mannes, der der Nation der Nephiten angehörte. Dieselbe lautete: daß in den letzten Tagen, wenn diese Urkunden aufgefunden und zur Kenntniß der Völker gebracht werden sollen, eine grosse Stadt ebaut werden wird in diesem Lande (Amerika) durch jenes Volk, welches an diese Urkunden glauben wird. |
In dieser Stadt werden sich Menschen aus allen Nationen unter dem Himmel versammeln. Dieser Pro- phezeihung gemäß wurde, nachdem unsere Kirche zu wachsen und an Wichtigkeit zuzunehmen begann, eine schöne Gegend ausgewählt, die zum Sammelplatze der Völker, so wie zum Gründungsplatze der Stadt be- stimmt ward. Diese Gegend lag in den westlichen Sek- tionen der Vereinigten Staaten, wo sich nur wenige Einwohner befanden und deren Grund und Boden größ- tentheils dem Gouvernemente angehörte, weßhalb er auch sehr wohlfeil angekauft werden konnte. Die Gegend war neu und größtentheils unkultivirt. Eine Strecke Landes ward daselbst von unserm Gouverneur verhan- delt, und die Auswanderung begann. Hunderte, und bald nachher Tausende wurden auf diesen Boden sogleich angesiedelt, bis daß der größte Theil von drei Graf- schaften von unsern Leuten in Besitz genommen war. Der Gouverneur des Staates, in welchem diese Graf- schaften lagen, sowie seine Coadjutoren, denen politi- scher Einfluß mehr als Menschen Rechte galt, wurden durch unsern schnellen Wachsthum beunruhigt. Das amerikanische Gouvernement ist ein elektives, und die Stimmen-Mehrheit des Volkes bestimmt den Mann welcher in's Amt zu treten hat. Diese Männer fürch- teten deshalb, daß, wenn sie unser Vorschreiten unge- gestört billigen würden, wir bald im Besitze der Ma- jorität des Staates uns befänden, und die Zügel der politischen Macht in unsere Hände bekämen. Gesetzt auch wir hätten so gethan, hätten wir mehr als unser konstitutionelles Recht genommen? Viele der bedeutendsten Männer von Missouri (dies war der Name des Staates) wünschten deßhalb, daß wir außer ihre Gränzen ziehen möchten, doch sie konn- ten nicht einig werden, wie sie uns hiezu veranlassen wollten. Denn um keinen Preis würden sie zugegeben haben, daß die Welt erfahre, wie sehr sie unsere wach- sende Zahl und durch sie, den Verlurst ihrer politischen |
Stellung fürchteten. Endlich gelangten sie zu einem Plane, welchen sie auch ausführten. Da die meisten unserer Leute von den östlichen und nördlichen Staaten, welche frei sind, d. h. wo keine Sklaverei erlaubt ist, nach dem Missouri-Staate wanderten, welcher ein Sklaven-Staat ist, so verbreiteten diese Männer das Gerücht: daß unser Volk sich mit ihren Schwarzen eingelassen hätte, um den Saamen des Mißvergnügens unter denselben auszustreuen. Obgleich diese Aussage gänzlich auf Falschheit beruhte, so waren doch die dämonischen Furien der Mißgunst eifrig und betriebsam, derselben bei dem Volke Eingang zu ver- schaffen, und populären Unwillen gegen uns anzuregen. Dieß geschah um so leichter, da andere religiöse Sekten im Hasse gegen uns aufstanden, als sie Tausende von ihren Gliedern zu unserer Kirche übergehen, und ihre Priester von den unsrigen überwunden sahen, so oft dieselben uns zu öffentlichen Debatten herausforderten. Aber anstatt daß das Gewicht unserer Argumente sie zur Ueberzeugung gebracht hätte, so geriethen sie dar- über in Wuth und beinahe in Wahnsinn, und beide Partheien, sowohl religiöse als politische, waren in die- ser Zeit so sehr gegen uns erbittert, daß sie jeden Vor- wand als Deckmantel ergriffen, unter welchem sie ihre Rache an den Opfern ihrer Wuth auszuüben suchten. Von diesem Zeitpunkte fingen sie uns zu hetzen an. Sie schossen unsere Pferde und unser Hornvieh in den Feldern, brannten die Häuser mehrerer an ihren Gränzen angesiedelter Familien nieder und schlugen mit unmenschlicher Grausamkeit unsere Männer, sobald sie dieselben finden konnten, wo ihre Zahl der unsern über- legen war. Jeder, der seine Religion nicht verläugnen- wollte, mußte dulden, was deren wilde Raserei ihm auf- bürdete, wenn er so unglücklich war, in ihre Hände zu fallen. Ich will hier von den vielen nur ein Beispiel ih- res Betragens gegen uns anführen, welches aus den Schriften eines Augenzeugen gezogen ist. |
Diese schreckliche Scene ging am Nachmittag des 30. Oktober 1838 in einer kleinen Gränz-Ansiedlung un- sers Volkes vor. »Am 6. Tage verflossenen Juli's verließ ich mit »meiner Familie Kirtland in dem Staate Ohio um »den obern Theil des Staates Missouri in die Graf- »schaft Caldwell zu ziehen. Als ich am 13. Okt. über »den Missisippi in der Nähe der kleinen Stadt Lousia- »nia schiffte, erfuhr ich auf diesem Platze die unbestimmte »Nachricht, daß Aufruhr in den obern Gegenden aus- »gebrochen wäre allein ich konnte diesem Gerüchte »noch keinen Glauben beimessen. Ich setzte meinen Weg »westwärts fort bis zu Campton's Ueberfahrts-Platze, »wo ich den Grandfluß überschritt und zum erstenmale »mit Bestimmtheit erfuhr, daß ich in Gefahr wäre von »einer Compagnie bewaffneter Männer aufgehalten zu »werden, wenn ich meine Reise weiter fortsetzte. Allein »so lange ich den vaterländischen Boden unter meinen »Füssen hatte, war ich nicht geneigt, meine vorgefaßte »Idee aufzugeben, nämlich mit meiner Familie in eine »schöne und gesunde Gegend zu ziehen, um dort die Ge- »sellschaft unserer Freunde und Verwandten zu genießen. »Folglich reisten wir weiter, und gelangten so zu Whit- »neys Mühlen, die an einem seichten Flusse in der »Grafschaft Caldwell gelegen waren. Nachdem wir den »Fluß überschritten, und so beiläufig drei Meilen zurück »gelegt hatten, begegneten wir einer Compagnie von vier- »hundert Mann zu Pferde, die mit Büchsen bewaffnet »waren. Diese gaben uns sogleich zu erkennen, daß wir »westwärts nicht weiter vorschreiten könnten, und droh- »ten uns auch nebenbei mit augenblicklichem Tode, wenn »wir Versuche hiezu machen wollten. Ich fragte sie um »die Ursache dieses Verbotes, worauf sie uns antworte- »ten: dieß geschähe, weil wir Mormonen, oder Latter »Day Saints wären. Sie fügten auch noch ferner bei: »daß alle jene, welche unsrer Religion anhingen, binnen »zehn Tagen den Staat verlassen oder ihrem Glau- »ben entsagen müßten. Auf diese Art waren wir dann |
»genöthigt zu den obengenannten Mühlen zurück zu keh- »ren. Hier verweilten wir drei Tage, den 26ten Frei- »tags überschifften wir abermals den kleinen Fluß und »zogen an dessen Ufer aufwärts eines andern Weges, wo »durch wir glücklich dem nachsetzenden Haufen entgingen, »und bald die Wohnung eines Freundes in Myrre's »Nachbarschaft erreichten. Am 28. Okt. gelangten wir zu »den Mühlen Hahns, und fanden dort eine Zahl unse- »rer Freunde versammelt, die Rath hielten, welche Mit- »tel sie zu ergreifen hätten um sich gegen den anrü- »ckenden Haufen zu vertheidigen, der unter dem Befehle »des Obersten Jennings aus der Grafschaft Livingston, »ihnen mit Tod und Einäscherung ihrer Häuser drohte. »Sie kamen zu dem Beschlusse, sich auf die bestmöglichste »Weise zu bewaffnen, und bald darauf stunden achtund- »zwanzig unserer Männer bereit, sich und ihre Familien »gegen jeden Angriff irgend einer mässigen Zahl zu ver- »theidigen, die auf uns einstürmen würde. »Dienstag den 30ten Oktober ging jene blutige »Tragödie vor sich, deren grausame Scenen ich nie ver- »gessen will. Mehr als drei Viertheile dieses schrecken- »vollen Tages waren in Ruhe verflossen, alles war still, »Keiner aus uns vermuthete das unglückliche und plötz- »lich über uns einbrechende Schicksal, welches, gleich »einem überschwemmenden Strome die Lage, die Ge- »fühle und die Umstände von beiläufig dreißig Familien »änderte. Die Ufer des Shoal-Flusses waren mit scher- »zenden und spielenden Kindern bedeckt, während die »Mütter den häuslichen Verrichtungen oblagen, und »die Väter in den Mühlen, oder anderwärts, so wie »auch mit dem Einsammeln der Feldfrüchte für den »Winterbedarf beschäftigt waren. Das Wetter war sehr »schön die Sonne schien klar alles war ruhig, »und in keiner Brust regte sich die Ahnung jener fürch- »terlichen Krisis, die uns so nahe, ja die vor unsern »Thüren war.« »Es war beinahe vier Uhr Nachmittags, als ich »in meiner Hütte sitzend, mein Kind im Arme und |
»mein Weib zur Seite, einen Blick auf das entgegen- »gesetzte Ufer des Shoal-Flusses warf. Ich erblickte »eine grosse Compagnie bewaffneter Männer zu Pferde, »die mit größter Eile den Mühlen zusprengten. Und »als sie so unter den Bäumen herankamen, welche den »Rand der Wiesen begränzten (denn es war eine neue »und meist unbebaute Gegend), so bildeten sie einen »Dreiangel und rückten in geschlossener Ordnung vor- »wärts. David Evans erblickte sie gleichzeitig, und »die Ueberlegenheit ihrer Zahl erkennend (es waren »ihrer 240 Mann, ihrem eigenen Bericht zufolge), »schwang er seinen Hut und rief nach Frieden. Dieß »ward aber von ihnen nicht berücksichtigt, sondern sie »rückten immer näher, und ihr Anführer, Mr. Cum- »stock, feuerte (der erste) sein Gewehr ab, worauf, »nach einer feierlichen Pause von zehn oder zwölf Se- »kunden, beiläufig hunderte von ihnen auf einmal los- »brannten, und hiebei auf eines Grobschmiedes Werk- »stätte zielten, wohin sich unsere Freunde zur Sicher- »heit geflüchtet hatten. Jedoch die Angreifenden dran- »gen so weit zur Werkstätte vor, daß sie ganz bequem »durch die Lücken der übereinander gelegten Blöcke hin- »durch, wovon die Schmiede aufgeführt war, auf die »Körper jener zielen konnten, die sich zum Schutze vor »ihren Mördern dahin geflüchtet hatten. Etwas weiter »entfernt, im Hintergrunde der Schmiede, lebten ver- »schiedene Familien in Zelten, deren Leben preisgegeben »war; und in Mitte des Kugelregens, der ihnen nach- »gesandt wurde, flohen sie in verschiedenen Richtungen »dem Gehölze zu. Nachdem ich einige Minuten re- »gungslos auf diese blutige Scene blickte, und gewahr »wurde, daß ich selbst in der größten Gefahr schwebte »(indem die Kugeln bereits schon das Haus erreichten, »worin wir waren), so empfahlen wir uns alle dem »Schutze des Höchsten, und verließen das Haus an dessen »Hinterseite. Ich verbarg meine Familie so gut als »ich konnte; und folgte dann dreien unserer Brüder, »die aus der Werkstätte entsprungen, den Hügel hinauf |
»rannten. Während wir so aufwärts flüchteten, wur- »den wir von dem nachsetzenden Haufen entdeckt, der »uns so lange Kugeln nachsandte, bis wir den Gipfel »erreicht hatten. Beim Hinabsteigen des Hügels ver- »barg ich mich in ein Dickicht, woselbst ich bis Abends »acht Uhr lag. In der Dämmerung hörte ich eine »weibliche Stimme, welche mich beim Namen rief und »mir im leisen Tone sagte, daß die Verfolger abgezo- »gen seien, und nun alles vorüber wäre. Ich verließ »sogleich mein Versteck und eilte dem Hause Benjamin »Lewis zu, wo ich meine Familie in Sicherheit, jedoch »zwei meiner Freunde tödtlich verwundet fand, wovon »der eine noch vor dem kommenden Morgen starb.« »Hier brachten wir denn diese Schreckensnacht im »tiefen und schmerzlichen Nachdenken über die Scenen »des verlebten Abends zu. Sobald der Tag anbrach, »eilten ich und noch andere vier Männer, die mit dem »Leben aus diesem Blutbade entkommen waren, den »Mühlen zu, um den Zustand unsrer Freunde zu er- »fahren, deren Schicksal wir leider nur zu gut ahnten. »Als wir an das Haus des Mr. Hahn's kamen, fan- »den wir an der Hinterseite desselben, den entseelten »Körper Mr. Merik's, und an der Vorderseite den »des Mr. Mc.Brides, der vom Kopf bis zu den Füssen »im buchstäblichen Sinne des Wortes zerhauen und »zerstückelt war. Miß Rebecca Judd, welche Augen- »zeuge gewesen war, erzählte uns nachher, daß er mit »seinem eigenen Gewehr erschossen wurde, nachdem er »es abgegeben hatte, und daß Mr. Rogers, aus der »Grafschaft Davies, welcher eine Fährte an dem Grand- »Flusse besitzt, ihn hierauf mit seiner Sense so grausam »zurichtete; der überdieß noch mit dieser seiner That »von wilder Barbarei prahlte. In dem Hause selber »fanden wir Mr. Yorks Körper, von wo aus wir, »nachdem wir ihn betrachtet hatten, der Werkstätte des »Grobschmiedes zueilten. Hier fanden wir acht unserer »Brüder bereits verschieden; der neunte, Mr. Cox von »Indiana lag im Todeskampfe, und starb bald darauf. |
»Wir schickten uns sogleich an, sie alle zu einem Be- »gräbnißplatze zu bringen; jedoch konnte dieser letzte »Freundschaftsdienst, welchen wir den Reliquien unserer »hingeschiedenen Freunde schuldig waren, nur in der »größten Hast und ohne die gewohnten Ceremonien des »Anstandes verrichtet werden, indem wir alle Augenblicke »in Gefahr waren, von unsern Verfolgern erschossen zu »werden. Wir vermutheten sie im Hinterhalte auf eine »Gelegenheit lauernd, um jene wenigen Uebiggebliebenen »noch gänzlich zu vernichten, die durch Hülfe der Vor- »sehung dem Gemetzel des verflossenen Tages entrannen. »Wir konnten aber doch ohne Störung dieses mühe- »volle Werk verrichten. Der Begräbniß-Platz war ein »Gewölbe in der Erde, welches früher für einen Brun- »nen bestimmt war, und dahinein mußten wir rück- »sichtslos die Körper unserer Brüder werfen. »Unter den Erschlagenen will ich Sardins Smith's »erwähnen. Er war der Sohn des Warren Smith »und beiläufig neun Jahre alt. Dieser kroch aus Furcht »vor den Verfolgern in den Blasebalg der Schmiede »und hielt sich dort so lange versteckt bis das Blutbad »vorüber war. Hernach aber wurde er von Mr. Glaze »aus der Grafschaft Caroll entdeckt, der seine Büchse an »des Knaben Kopf haltend, losdrückte und ihm den »Obertheil desselben zerschmetterte. Mr. Stanley von »Carroll sagte mir später, daß Glaze sich groß gemacht »habe, einen jungen Zweig vom Baume »Mormone« »abgerissen zu haben.« »Die Zahl der Erschlagenen und tödtlich Verwun- »deten an jenem Abende des Blutvergießens waren »achtzehn oder neunzehn; ihre Namen sind folgende: »Thomas Mr. Bride Levi Merrick Elias Benner Josiah Fuller Benjamin Lewis Alexander »Campbell Warren Smith Sardins Smith »George Richards Mr. Napier Mr. Harmer »Mr. Cox Mr. Abbot Mr. York Wm. Merrick, »ein Knabe von acht oder neun Jahren, und noch drei »oder vier andere, deren Namen ich mich nicht erinnere, |
»weil sie Fremde für mich waren. Unter den Verwun- »deten, welche wieder geheilt wurden, befand sich auch »Isaak Laney, der mit sechs Kugeln durchschossen wurde. »Zwei empfing er durch den Leib, eine durch jeden Arm, »und die anderen zwei durch seine Hüften. Nathan »Knight ward ebenfalls durch den Leib geschossen, und »Mr. Yokum, der an vielen Theilen zerhauen und zer- »quetscht war, empfing ebenfalls eine Kugel durch den »Kopf. Jacob Myres, Mr. Diyres, Tarleton Lewis, »Mr. Hahn und noch mehrere andere waren gefährlich »verwundet. Miß Mary Studwell ward, während sie »floh, durch die Hand geschossen, wobei sie ohnmächtig »über einen erhöhten Block hinabfiel, in welchem mehr »denn zwanzig Kugeln stecken blieben, die sie ihr nach- »gesandt hatten. »Um ihr Zerstörungs-Werk noch vollends zu ver- »richten, beraubte diese Bande von Mördern, welche aus »lauter Männern einer Sektion der obern Gegend be- »stand, und von den Bedeutenderen der Grafschaften »Davies, Livingston, Ray, Caldwell angeführt wurden, »auch noch unsere Häuser und Gezelte und Wägen, die »mit Betten und Kleidern und anderen Bedürfnissen »beladen waren. Sie trieben unsere Pferde und Wägen »fort, ohne der Hülflosigkeit der Witwen mit ihren »Kindern zu achten, die sie so des Nothwendigsten des »Lebens beraubten; ja sie zogen sogar die besseren Klei- »dungsstücke von den Körpern der Erschlagenen. »Diese Schilderung des oben erwähnten Blutbades »bestättige ich als eine treue Darstellung von That- »sachen, die sich in dieser traurigen Epoche ereigneten.« Joseph Young.
Bald nach diesem wurden wir auf Befehl des Gou-verneurs mit militärischer Macht in kalter Winterszeit aus dem Staate verwiesen, und wir mußten unser Korn und unsere verschiedenen Vorräthe, welche für eine doppelte Bevölkerung, gleich der unsrigen, hinreichend gewesen wäre, zurücklassen. Auch unser Grund und Boden, sowie unsere Häuser wurden eine Beute unserer |
Verfolger, die uns seither nicht eines Guldens Werth Entschädigung für das Ganze boten. Ich will es gar nicht versuchen, die Lage unserer Freunde und besonders die der verlassenen Weiber und Kinder zu schildern, welche bisher den Wohlstand des Lebens genossen hatten es ist genug, wenn ich hierüber sage, daß wir mit Drangsalen jeglicher Art bekannt gemacht worden sind. Den schmerzlichsten Verlust erlitten wir durch den Tod unserer Brüder, denn ihre Gesellschaft war uns theuer und werth. Allein stünde es auch in unserer Macht, sie wieder zu erwecken, so würden wir sie doch nimmer zurückrufen in diese Welt des Elendes. Nein! Ihre Treue blieb standhaft dem Feinde gegenüber, sie überstanden die grausamsten Behandlungen, und kamen glorreich aus der blutigen Prüfung mit errungenem unsterblichem Siege hervor, und flogen als unsterbliche Geister ihrer himmlischen Heimath zu, wo sie sich nun sonnen in dem Lächeln ihres Heilandes, und sich schmücken mit den ewigen Lorbeeren, die sie sich durch ihren Mar- tyrer-Tod errangen. Wenn eine Person den Sinn des Gehörs verliert, so wird gewöhnlich der Sinn des Gesichtes schärfer und lebhafter so gab denn nun auf dieselbe Art der Tod unsrer Brüder den Herzen der Zurückgebliebenen ver- mehrte Kraft! Allein nach Allem diesem blieb doch eine wunde Stelle zurück. Wer ist wohl gesinnt, einen neuen Dorn in selbe zu drücken; oder gleich dem barm- herzigen Samariten Oel und Wein hineinzugießen und sie zu verbinden? Unsere Nachbarn, die nicht unserer Religion ange- hörten, wandten alle vorhergehenden Dinge gleichsam als Mittel an, um uns von unserer Ketzerei, so wie von den Vorzügen und hohen Tugenden ihrer Religion zu überzeugen; allein es gelang ihnen nicht, uns zu be- reden, daß ihre Religion gut, oder die unsere falsch wäre. Der Gouverneur des Nachbarstaates, wohin wir verwiesen wurden, durchwanderte inkognito die Scenen unserer Verfolgung, und sah unsere Lage; und er und |
die Bürger seines Staates (Illinois) empfingen uns mit der größten Güte. Sie räumten uns Häuser ein und versahen uns mit Nahrungsmitteln, bis daß wir uns sie selbst verschaffen konnten. Ja, wir können in Wahrheit von ihnen sagen: »wir waren Fremdlinge und sie nahmen uns auf; wir waren hungrig und sie speisten uns!« Und ob ich gleich jetzt ferne bin, so ruft mein Herz für sie zum Herrn: »Gott, Du Allgütiger, segne sie!« Wir erfuhren unter diesen Umständen die Wahr- heit des alten Spruches: »Das Blut der Märtyrer ist der Saamen der Kirche,« denn nicht so bald waren wir in Illinois angelangt, so fingen wir an, in den Häusern, und wenn es das Wetter erlaubte, unter freiem Himmel, auf offenem Felde und unter Baumgruppen zu predigen; und es war nicht selten zu sehen, daß fünfzig bis hundert Personen an einem Tage getauft wurden, um unserer Kirche einverleibt zu werden. Unter diesen war ein Mann, welcher 25,000 Acker Landes besaß, und die er uns, den Acker zu zwei Thaler, ver- kaufte, wofür wir ihm das Geld nach zwanzig Jahren ohne Interesse zu bezahlen gehabt hätten. Allein seit- dem hat er großmüthig eine Verzichtsleistung auf das Ganze unterzeichnet. Das gesetzgebende Gouvernement des Staates gab uns einen Freiheitsbrief, eine grosse Stadt zu bauen mit den Privilegien, deren Gränzen so weit auszudehnen, als es uns beliebe. In Folge un- sers schnellen Wachsthums fürchtete das Volk von Missouri, daß, wenn wir zu Kräften gekommen wären, wir zurückkehren würden, um sie zu züchtigen, und unser Land wieder in Besitz zu nehmen. Deßhalb drohten sie uns, über uns herzufallen und uns weiter zu trei- ben. Hierauf wurden Petitionen um Schutz an unsern Gouverneur gerichtet; und er organisirte uns alle mili- tärisch, schickte uns Kanonen und kleine Geschütze, sorgte, daß wir alle regelmäßig bewaffnet wurden, und befahl uns zuletzt, uns selbst zu vertheidigen. |
Da sich nun unsere Männer dem gemäß exerzirten und einübten und eine geraume Zeit hindurch Waffen- Uebungen vornahmen, so sind einige großmüthig gewesen, uns in ihren Zeitungen als eine fechtende und kriegerische Kirche darzustellen. In der That, ich habe selbst sogar in einem Regensburger Tagblatte einen falschen Bericht gelesen, welcher vermuthlich aus einem englischen oder amerikanischen Blatte übersetzt worden war. Der Name der neu gegründeten Stadt ist Nauvoa. Sie liegt am östlichen Ufer des Mississippi-Flußes, 40° nördlicher Breite, im Staate Illinois. In diese Stadt und deren angränzenden Umgebungen wanderte unser Volk aus allen Theilen der vereinigten Staaten ein. Beiläufig 1500 kamen von England, und erst kürzlich habe ich einen Brief von einem meiner Freunde in Eng- land erhalten, worin er mir anzeigt, daß nahe an 10,000 mehr auswandern werden, sobald sie die nöthigen Vor- kehrungen hiezu werden getroffen haben. Ein Theil der- selben wird noch diesen Herbst gehen und die andern wahrscheinlich im nächsten Frühjahre. Die Zeit ist nicht mehr ferne, wo in jeder Nation viele sich zu unserer Sache bekehren, und sich hier (Amerika) versammeln wer- den, gleichwie der Landmann seinen Weizen sammelt zur Zeit der Erndte, oder gleich dem Fischmann, wenn er sein Netze ans Land zieht. Denn wenn der Mitter- nachts-Ruf gehört wird: »komme aus von ihr mein Volk« dann werden sie nicht länger mehr schlafen. Deßhalb wünschen wir, daß die Regierer und Gro- ßen der Erde, so wie überhaupt jedermann erfahren möge, daß Gott Sein Reich errichtet, und Seine Fahne erhoben habe, und daß Seine Stimme weit hin gehört werden wird, bis an die Enden der Erde. So hat Er Seinem Diener dem Propheten Mr. Smith erklärt: daß Er mit Feuer und Sturm und Erdbeben streiten will, mit dieser Generation, und daß Er die Gottlosen hinwegräumen will, durch Heinsuchungen jeglicher Pla- gen und Strafen. Der Weinstock der Erde muß beschnit- ten werden, denn seine Trauben sind völlig reif. Aber |
schon ist eine Zufluchts-Stätte bereitet worden und die Könige werden gewißlich darnach suchen. Zions Ban- ner ist entfaltet, und ladet den Gläubigen jedes Him- melsstriches ein zu kommen, um unter seinen Schatten zu ruhen. Jerusalem wird aufstehen, denn ein Wort der Gnade ist gesprochen worden, und obgleich nicht zu Gunsten derer, die sie unterdrücken oder deren Pri- vilegien einschränken, weil sie Juden sind. Ich bin kein Jude, auch nicht der Sohn eines Juden; aber ich bin ein Freund der Juden; denn das Heil der christlichen Religion verursacht ihnen Betrübniß. Wenn Christus nicht gekreuzigt, und Sein Blut nicht vergossen worden wäre, so hätte er die Menschen nicht erlösen können; es mußte Ihn Jemand tödten, denn dafür kam er ja in diese Welt wer Ihn aber tödtete, der hatte Schläge und Leiden aller Art zu dulden. Die Juden traten vor, und verursachten Seinen Tod und seither haben sie unter der Geißel gelegen, damit Heil über die Völker käme. Wie undankbar muß deßhalb nicht ein Christ, sein, der einen Juden verachtet! Die guten Eigenschaften einer Person können am besten nach der Zahl der Leiden und Entbehrungen berechnet werden, denen sie sich unter- zieht, um anderen Gutes zu thun. Was größeres Gu- tes konnte nun den Völkern widerfahren, als daß das Christenthum sein Licht über sie verbreitete? Wahrlich kein größeres! Und wer von uns hat wohl am meisten gelitten, solchen Segen für die Welt zu verursachen? Die Juden und sie leiden dafür noch bis auf diesen Tag. Es scheint, daß sie gleichsam einem blinden Schicksale überlassen wurden, so zu thun, als sie thaten; und die Zukunft wird zeigen, ob sie nicht, nach allem, die größten Wohlthäter der Welt gewesen sind und ob es nicht in dem ewigen Plane des unsichtbaren Gottes lag, diese grossen Ereignisse geschehen zu lassen. Zum Schluße dieser gesammelten Gedanken möge es mir erlaubt sein zu sagen, daß ich die größte Verbindlichkeit für die, mir von dem allmächtigen Gott erwiesene Güte fühle. Fürs |
Erste hat Er mir gewährt in dieser Zeit zu leben, wo ich Sein Licht schauen kann, das Er zu scheinen ver- anlaßte zur Kenntniß der Völker zweitens hat Er mich gewürdigt Seinen Namen hinzutragen vor die Welt und die frohe Botschaft dieser Latter Day's in vier Weltheilen zu verkünden. Drittens hat Er mich durch Gebete eines Seiner Diener und durch An- wendung des heiligen Oeles in Seinem Namen vollkom- men von einem Uebel befreit, dessen Heilung viele Aerzte vergebens versuchten. Obgleich da viele sagten, daß ich auch ohne diese Anwendung hätte geheilt werden können, so kann ich doch ihren Worten keinen Glauben beimessen, denn mir ist es zur Ueberzeugung geworden, daß ich im Namen des Herrn von meinem Uebel befreit ward. Ich bin nun bald drei Jahre von meinen Freun- den und meiner Familie entfernt gewesen, und die Zeit meiner Heimkehr rückt schnell heran. Wenn ich so der Stunde entgegenblicke, wenn ich diesen Platz verlassen werde, so erhebt sich in meiner Brust das Gefühl der Zärtlichkeit für meine Brüder in Amerika. Obgleich mir die Bekanntschaften, die ich während meines Auf- enthalts in Regensburg gemacht habe, mir sehr werth gewesen sind, so ist doch mein Herz voll Freude über die Aussicht bald Jenen zu begegnen, die grössere An- sprüche auf meine Zuneigung haben. So werden auch meine Gefühle sein, wenn die Stunde heranrückt, wo ich diese Welt verlassen werde. Ja, mit gleicher Bereitwilligkeit hoffe ich hinzugehen, um mich jener triumphirenden Versammlung der Hei- ligen anzuschließen, die da oben im Himmelslichte be- kleidet sind mit dem Gewande der Unsterblichkeit. Als ich von Syrien, Palästina und Egypten im verflossenen Februar zurückkehrte, fand ich es geeignet, während einer oder zwei Jahreszeiten mich in dieser Gegend aufzuhalten, um mich an den Blumen der deutschen Literatur zu ergötzen, nachdem ich verschiedene |
Monate unter den Dornen und Disteln einer uncivi- lisirten Welt gewandelt hatte. Um meine müssigen Stunden nützlich auszufüllen, habe ich einige englische Lektionen gegeben, und durch Mitwirkung eines meiner Schüler ist es mir zuletzt möglich geworden, dieses kleine Werk in der deutschen Sprache zu bearbeiten. Obgleich ich meine Heimath verließ, ohne auf diese grosse Reise weder eines Guldens Werth an Geld, noch ein Oberkleid, einen Stock oder Schirm mitzunehmen, so hat es mir doch an nichts gemangelt. Ich habe immer genug für mich selbst, und auch noch etwas für Jene übrig gehabt, die dürftiger waren als ich. Mein Vertrauen hat seitdem nicht im Geringsten abgenom- men, denn ich glaube, daß Der, Welcher zu mir redete in den Visionen der Nacht, und Dessen Stimme ich hörte am Mittage in den Wäldern Amerika's, mich auch noch ferner erhalten wird in jeder Prüfung, und mich stützen will mit den Flügeln Seiner Güte, bis ich mein Werk vollbracht habe. O allmächtiger Vater! ich bitte Dich im Namen meines Heilands Jesu Christi, bewahre mich vor jedem Uebel, leite mich durch Deinen Geist und erhalte mich aufrecht durch deine Macht, bis der Tod mich abruft, und meine Seele alsdann ihrer sterblichen Wohnung enteilt. Dann, o dann nimm mich gnädig bei Dir auf, und gib mir einen Platz in Deinem Reiche, wo die Gottlosen aufhören uns zu belästigen, und wo der Müde eingeht zur ewigen Ruhe. Es möchte vielleicht dem Leser dieses kleinen Werkes nicht unangenehm sein, wenn ich hier eine Abschrift jenes Certifikates beifüge, das ich von der Hand des Amerikanischen Konsuls in Rotterdam empfing. Als ich von London daselbst anlandete, hatte |
ich Gelegenheit, ihm meine Pässe und andere Papiere vorzulegen, damit er sich überzeugen konnte, ob alles in gehöriger Ordnung wäre. der Vereinigten Staaten zu Rotterdam. Staaten von Amerika für den Hafen von Rotter- dam, bezeuge : daß ich die Beglaubigungs- und Empfehlungs-Schreiben des Revd. Orson Hyde, Prediger des Evangeliums, und Bürger der Ver- einigten Staaten von Amerika, durchsucht und sie als gut und von unbezweifelter Quelle gefunden habe. Der Gouverneur von Illinois (einer der ver- einigten nordamerikanischen Staaten) so wie meh- rere hochgestellte Personen haben sich in den ach- tungsvollsten Ausdrücken über Mr. Hyde ausge- sprochen, der mit geeigneten Pässen von dem Staats-Sekretär der Vereinigten Staaten Ame- rika's, so wie auch von dem Minister des genann- ten Staates am Hofe St. James versehen ist. In Zeugniß dessen habe ich hier meinen Namen unterschrieben, und das Siegel des Kon- sulates der Vereinigten Staaten zu Rotterdam aufgedrückt. Rotterdam, den 24. Juni 1841. (L.S.) J. Wambersie.
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«·» burg geschrieben, und der Verfasser hatte die Gesinnung es daselbst heraus zu geben; allein nachdem das Manuscript hievon dem Censor, so wie auch dem Stadt- Commissär vorgelegt worden war, um Erlaubniß hiezu zu erlangen, erhielt ich zur Antwort: daß in Folge der darin enthaltenen Grundsätze, die so verschieden von denen der in diesem Lande eingeführten Religion wären, mir die Erlaubniß, dasselbe alldort heraus zugeben, nicht bewilligt werden könne, da es nur Aufregung und Un- ruhe unter dem Volke veranlassen würde. Sollte ich es indeß doch wagen, es dort zu verbreiten, so würde die ganze Ausgabe in Beschlag genommen werden, und ich, (so wie mir durch eine dritte Person gesagt wurde) mich einer Geldstrafe oder auch dem Einsperren zu unterziehen haben. Um der Sache der Tugend und Religion willen eine Geldstrafe zu zahlen, oder eingesperrt zu werden, ist kein Schrecken für mich; allein meine Mühe und mein Geld, das ich zum Besten meiner Mitmenschen anzuwenden gedachte, ohne Aussicht zur Vollendung ei- ner so wünschenswerthen Sache vergeuden zu müssen, dieß mag mich hinlänglich entschuldigen, wenn ich den guten Samen in ein freundlicheres Erdreich streue, wo die Vögel unter dem Himmel nicht so zahlreich sind, um ihn hinweg zu holen, ehe er noch Zeit hatte, Wurzel zu fassen. |
Im Jahre 1837 ward ich in Gesellschaft mit an- dern in einer Mission nach England gesandt, um unsere Kirche alldort einzuführen. Wir landeten in Liverpool den 18. Juli desselben Jahres und verweilten in Eng- land bis zum 20ten April des folgenden Jahres; folg- lich 9 Monate und zwei Tage in diesem Lande, wo wir 8 Monate in großer Thätigkeit zubrachten. Unsere Lehre verbreitete sich in einer Schnelligkeit, die unsere eigene Erwartung überstieg. Die Straßen, die Marktplätze und Kirchen (wenn wir solche haben konnten) waren das Feld unsrer Arbeiten, und so auch arbeiteten wir von Haus zu Haus. Eine Menge Volkes drängte sich Tag und Nacht um uns. Manchmal wurden wir von einem halben Dutzend Priestern anderer Religionen auf einmal wider- sprochen, allein, da es der Herr so haben wollte, daß jeder Widerspruch, welchem wir begegneten, unsrer Sache neue Schwungkraft verlieh, so kamen unsere Widersacher bald zur Ueberzeugung, daß sie unfähig wären, unsere Fortschritte durch gewöhnliche, rechtliche Mittel zu hemmen. Diese faßten daher den boshaften Entschluß, ihren Ein- fluß dahin zu benutzen, daß jeder, der da unsern Lehrsätzen anhinge, außer Beschäftigung gesetzt, und bei Noth und Bedürfniß dahin gezwungen würde, dasjenige zu verlassen, was sie Ketzerei nannten. Viele wurden außer Beschäfti- gung gesetzt und ihre Oberherrn verweigerten ihnen Empfeh- lungs-Schreiben, wodurch sie anderwärts unterkommen können. Dieß war eine Zeit der Versuchung! Sie ka- men häufig, uns um Rath zu fragen indem sie sagten: »Was sollen wir thun? Unsere Existenz hängt von un- »serer Arbeit ab, und wenn wir keine Beschäftigung »erhalten, müssen wir und unsere Familien darben.« Wir fragten sie, ob sie vielleicht ihren Oberherrn nicht treu gewesen wären bei der Erfüllung ihrer Berufsgeschäfte sowohl in Zeit als Arbeit, und vielleicht deßhalb ent- lassen wurden? Sie aber sagten nein, nicht wegen Vernach- lässigung ihrer Arbeit und Pflicht, sondern in Folge |
ihrer Religion. Wir gaben ihnen nicht selten den letzten Schilling, welchen wir hatten, damit sie sich Brod kau- fen konnten. Bei einer Gelegenheit in der Stadt Preston in der Grafschaft Lancashire hielt ich eine Anrede an eine zahl- reiche Versammlung im Theater. Unter anderm berührte ich auch den Gegenstand der grausamen und fühllosen Weise mit welcher sie sich der Botschaft widersetzten, welche Gott zu ihnen durch uns gesandt hatte. Nach- dem ich über diesen Punkt gesprochen und ihnen das Un- geeignete und Unmenschliche ihrer Verfahrungsart von Augen gestellt hatte, sagte ich ihnen im feierlichen Tone folgendes: »Der Jahre sind nur wenige, und der Monate nicht »viele, wo ihr dasselbe zu leiden haben werdet, welches »ihr nun über meine Brüder zu verhängen sucht. Euer »Land wird trauern, und ihr werdet Euer Brod von »Thür zu Thür betteln und dennoch hungrig sein.« Als ich diese Worte geendigt hatte, stund ein Mann in der Versammlung auf und sagte mit bos- hafter Freude: »Sie haben uns hier harte Dinge ge- »sagt, mein Herr! jedoch bezeichneten Sie uns nicht »bestimmt die Zeit, wann wir diese schönen Tage ha- »ben sollen, wovon Sie sprechen. Wollen Sie wohl »die Güte haben, mein Herr! uns dieselben zu be- »stimmen.« Meine Antwort war: »Ehe Sie noch darauf vor- bereitet sein werden.« Um dieser und noch anderer Reden willen, von gleichem Sinne, (welche glücklicher Weise um jene Zeit einen Weg in verschiedene öffentliche Journale fanden) wurde ich als ein Gotteslästerer betrachtet, der sich eine Macht und Gewalt anmaßte, welche kein Mensch in dieser Zeit mehr besitzen kann. Ich beugte mich jedoch willig unter ihre Vorwürfe, bei dem Bewußtsein meines eigenen Herzens, daß ich recht hatte; und seit dieser Zeit sind dieselben und ähnlichen Dinge durch die Priester unserer Kirche in beinahe jeder Stadt Eng- |
lands, Schottlands und Wales wiederholt verkündiget worden. Es geschieht nicht selten, daß jene Mittel, welche selbstsüchtige und stolze Völker zu ihrem Wohlbehagen und zu ihrer Sicherheit anwenden, nur einen desto schnelleren und völligeren Umsturz über dieselben her- beirufen. Es thut mir wirklich leid, daß ich nicht die Er- laubniß erhalten konnte, dieß Werk in Regensburg herauszugeben und zu verbreiten. Ich will auch we- der den Stadt-Kommissär noch irgend eine einzelne Person hierüber tadeln, denn so wie ich vermuthe, ver- bieten es die Gesetze des Landes; allein dieß ist ein Unglück, mit welchem es jene Folgen zu erdulden hat, die aus dem Wesen seiner Regierungsform entspringen, welche da nicht duldet, daß seine Religion auf ihren eigenen Verdiensten bestände, sondern welche es zu Schutz und Vertheidigung mit dem starken Bollwerke menschlicher Gesetze umzogen hat. Und indem sie so thaten, haben sie jeden Zugang gegen das Eindringen eines jeglichen Grundsatzes ge- schlossen, welcher auf irgend eine Weise, gegen ihre Gewohnheiten, ihre Traditionen und ihren Ritus an- streiten möchte, würde auch ein Engel zu ihnen reden. Obgleich viele Personen in Regensburg sind, für welche ich hohe Achtung habe, und deren Namen ich stets mit Dank in mein Gedächtniß zurückrufen werde, so regt sich doch ein Gefühl der Pflicht in mir, wel- ches mir die traurige Verbindlichkeit auflegt, dem Volke jenes Landes sagen zu müssen, daß, wenn sie sich noch ferner weigern, diese Religion zu dulden, sie nur ein vermeintliches Uebel zurückweisen, um einem wirklichen dafür Aufnahme zu gewähren; und daß: wenn sie in dieser Beziehung nicht schnell ihre Gesetze reformiren, damit diese Religion unter ihnen verbreitet werden möge, sie heimgesucht werden von einem Boten, |
welchem ihre Gesetze weder den Eingang verwehren, noch den ihre Armeen bemeistern können. Sie werden nicht nur allein genöthigt sein, seine Botschaft zu hören, sondern auch zu fühlen, so lange diese Schranken nicht gehoben werden; und in Zukunft wird es sich zeigen, ob diese Worte die Frucht eines boshaften Her- zens waren, oder ob sie eingegeben wurden von dem Geiste der Billigkeit und Wahrheit. Möge es doch niemanden einfallen, gegen die in diesem Werke dargestellten Grundlehren zu spotten, oder sie lächerlich zu machen, denn es wird weder ihm noch seinen Hörern Segen bringen. Ich sage nicht, daß dieß Werk vollkommen in seinem Mechanismus ist: ich ver- stehe die deutsche Sprache nicht vollkommen, allein in Mitte der düstern Blicke der öffentlichen Meinung, die man gegen uns in den Spalten aller Journale oft in der fälschlichsten und schimpflichsten Sprache aus- streute, sondern auch ohngeachtet Verbannung, Schwert und Tod dasjenige freimüthig zu erklären, was uns Gott mitgetheilet hatte; so werden wir gleich unserm Meister als Gotteslästerer und Usurpatoren einer Macht betrachtet, welche keinem Menschen zukömmt. Allein die öffentliche Meinung ist nicht unser Führer. Wir haben nur einen Gegenstand zu vollfüllen, und dieser Gegen- stand ist: die Botschaft, welche Gott uns gegeben hat, in allen Nationen unter dem Himmel zu verbreiten. Und wenn immer auch ein Hinderniß unserm Wirken entgegen tritt, so wird dasselbe entweder durch unsere eigenen Gesuche, oder durch mittel- oder unmittelbares Dazwischentreten einer allvermögenden Gewalt gewißlich gehoben. Wir lehren nicht, daß wir Engel, sondern Men- schen sind, auch nennen wir uns nicht vollkommen; wir fühlen aber unsere Abhängigkeit von Gott unsers Lebens und Heiles wegen, und wir glauben, daß, nachdem |
wir hier unser Werk vollbracht haben, wir auf dieselbe Weise vollkommen werden, wie unser Meister, nämlich: durch Leiden. Indeß ist es uns bei weitem lieber, diejenigen zu sein, welche für diese Sache zu leiden haben, als diejenigen, welche uns deßhalb Leiden verur- sachen. Wer da immer suchen wird, diese Lehre mit Freund- schaft und gutem Willen zu verbreiten, um dadurch dem Herrn in Reinheit und Gerechtigkeit zu dienen, wird himmlischen Frieden bei diesem Wirken finden; wer aber immer sie zu unterdrücken, oder sich derselben zu widersetzen sucht, der wird unfruchtbar am Geiste, und jenes Friedens beraubt sein, welchen unser Hei- land Seinen Jüngern gab, als Er zu ihnen sagte: »Meinen Frieden gebe ich euch, meinen Frieden hinter- lasse ich euch.« Jeder möge deßhalb sein eigenes Betragen in Bezug auf diese Sache vor dem Richter- stuhle seines eigenen Gewissens in der Gegenwart Got- tes bringen und bei sich selber die Wahrheit dessen beurtheilen, was ich gesagt habe. Wir haben mehrere Prediger in Amerika, welche Deutsche von Geburt und Erziehung sind. Einige der- selben werden wahrscheinlich bald nach Deutschland ge- sandt werden, und wenn der Herr will, so werde auch ich wieder zurückkehren, nachdem ich die Vereinigten Staaten Amerika's besucht haben werde. |