Anmerkungen zur offiziellen Präsentation der Kirche
Diese seichte Selbstdarstellung konnte ich dem europäischen
Kirchenhauptquartier 1997 abgewinnen.
Das ist Informationspolitik à la Kirche vom Feinsten. Da sie mir
nun einmal vorliegt möchte ich sie mit Euch teilen. Denn sie zeigt,
wie die Kirche heute gern gesehen wird. Natürlich kann ich das Ganze
nicht völlig unkommentiert lassen.
Gleich zu Anfang fällt es auf und
es zieht sich bis zum Schluß: die Mitglieder wurden
für ihre Religion verfolgt und mußten auswandern. Die geschilderten
Umstände treffen aber ganz und gar nicht zu und sollen nur die Tränendrüsen
drücken. Einige Tage im Gefängnis verbrachten lediglich Missionare,
wenn sie gegen das strenge polizeiliche Melderecht verstießen und
dabei erwischt wurden. Die Mitglieder konnten ihre Versammlungen fast immer
ungestört abhalten und hatten es damit wesentlich leichter als so
manche politische oder Sportgruppe. Nichts deutet auf besondere Repressalien
gegen die Mormonen hin, wie man uns hier weiß machen will. Daß
die Dinge damals etwas schwerer waren, ist doch allgemein bekannt. Die
Auswanderung nach Utah wurde von der Kirchenführung gepredigt und
von den Missionaren sehr in den Mittelpunkt gerückt. Die Kirche unterhielt
sogar einen Auswanderungsfond von erheblichem Umfang, um neuen Mitgliedern
die Überfahrt zu ermöglichen. Vielfach wurde den Menschen kostenloses
Land versprochen. Aber die Realität holte sie bald ein, als sie dann
für Hungerlöhne schuften durften. Viele wollten wieder nach Deutschland
zurück, hatten aber kein Geld mehr dafür. Somit halfen sie also
tatsächlich, Utah aufblühen zu lassen.
Viele deutsche Mitglieder waren
begeisterte Anhänger der Nationalsozialisten. Kein Wunder, denn alle
Mitglieder warten auf das Zweite Kommen Christi, doch zuvor müssen
die Zeichen der letzten Zeit erfüllt werden. Kurz vor seinem Kommen
werden alle Unrechtschaffenen zerstört und die Menschheit gereinigt,
was liegt da näher als ein System zu unterstützen, das alle Verbrecher,
Juden, Homosexuelle, Behinderte und anderweitig Unwürdige einfach
vernichtet und einen neuen Menschen erschafft. Wahrlich, jetzt kann es
bis zum Zweiten Kommen nicht mehr weit sein. Heute will man das natürlich
alles nicht mehr wahr haben. Man brüstet sich mit Helmut Hübener,
der, obwohl Mitglied, Widerstand geleistet hat und dafür hingerichtet
wurde. Verschwiegen und verdrängt wird der Umstand, daß die
Kirche immer den Staat unterstützt, auch einen nationalsozialistischen,
und daß man Helmut Hübener nach seiner Verhaftung ganz schnell
vor seiner Hinrichtung aus der Kirche ausschloß und sich so von ihm
lossagte. Ja, das sind genau die Mitglieder, die die Unterstützung der
Kirchenzentrale brauchen, damit sie nicht hungern müssen.
Diese ständigen Bemühungen mit
der DDR-Regierung lösten selbst unter den Mitgliedern in der DDR großes
Unverständnis aus. Da arrangierte man sich mit Stalinisten, brachte
Devisen und verlängerte so den Bestand der DDR. Die Eröffnung
des Tempels brachte für die Mitglieder einen weiteren Schock. Plötzlich
sahen sie sich einer Kirche gegenüber, wie sie sie noch gar nicht
kannten. Zum Glück war der äußere Druck so stark, daß
nicht alle einfach die Kirche verließen. Einige hatten dennoch den
Mut, darunter sogar ein Bischof - was für ein Schock ... Die Treue
zum Staat ging sogar so weit, daß 1989 vor einer Teilnahme an den
Montagsdemonstrationen gewarnt wurde, denn die Kirche betätige sich
nicht politisch (was natürlich auch Blödsinn ist). Wie gut, daß
ich mich über derartige Ermahnungen hinweggesetzt habe.
Es ist richtig, Missionare bekommen keine
besondere Ausbildung vor ihrer Mission, von der jahrelangen Indoktrinierung
einmal abgesehen. Doch dann kommt die "Sprachenschule", offiziell ein Missionarstrainingszentrum,
und da wird die Sprache anhand der haarklein ausgearbeiteten Diskussionen
gelehrt. Eigentlich kann ein Missionar nach den zwei Monaten Intensivstkurs
nicht sehr viel sprechen, aber die ersten beiden (von sechs) Lektionen
kann er fast auswendig. Nicht zu vergessen das intensive Training, das
Missionare täglich durchführen. Dabei liegen ihnen von Marketingexperten
gut ausgearbeitete Schulungsmaterialien vor. Trainiert werden Ansprechweisen,
Körpersprache, eben alles, was es braucht, um jemanden von seinem
Standpunkt überzeugen zu können. Damit ist die Ausbildung wesentlich
solider als bei jedem Versicherungsvertreter. Gemeinsam mit dem detaillierten
Programm, den engen Kontrollen und dem Enthusiasmus junger, gutgläubiger
Menschen ergibt sich ein sehr effektives System zum Anwerben von neuen
Mitgliedern. Ein Glück, daß Mitteleuropäer von vornherein
reservierter und besser informiert sind als Amerikaner, denn wer durch
eine kurze Schwäche diese Missionare an sich heranläßt,
hat auch gute Chancen, als Mitglied zu enden.
Mormonen - das ist der Spitzname. Doch
warum scheut sich die Kirche so vor diesem Begriff, der allen bekannt ist?
Na klar, alle verbinden das sofort mit Vielweiberei, wenn man sonst schon
nichts darüber weiß. Und so was schadet nun mal dem Image. Da wurde
es vor über hundert Jahren verboten, praktiziert es bestimmt schon
70 Jahre nicht mehr, und die Leute wissen es trotzdem noch. Und dann die
vielen Gemeinschaften des Restorationismus, die sich alle Mormonen nennen
und auf Joseph Smith berufen, mit so was kann man sich doch nicht auf eine
Stufe stellen. Da ist es schon besser, man bricht sich die Zunge bei dem
langen Namen und niemand kann etwas damit anfangen. Außerdem umgeht
man die anfängliche Abneigung gegen das Verbot von Alkohol, Tabak,
Kaffee, Tee und Sex vor der Ehe, denn es gibt doch tatsächlich noch
Leute, denen sogar das bekannt ist. Und nicht zu vergessen: auch der Anti-Christ
benutzt das Wort ganz unverblümt. Da muß man es als gläubiger
Mensch doch zum Unwort stempeln.
Die Kirche und ihre Mitgliederzahlen.
Man ist so stolz darauf. Verschwiegen wird, daß sich ein Viertel
davon glatt kaputtlachen würde, wenn sie wüßten, daß
sie noch als Mitglied geführt werden. Ein weiteres Viertel will mit
der Kirche schon lange nicht mehr tun haben und von dem Rest sind auch
nicht gerade alle hyperaktiv in der Kirche. Aber wen interessiert das schon.
Es ist ja so schön, mit den Millionen zu prahlen. Und wer kann schon
Rücksicht auf Einzelschicksale nehmen.
Die Erfahrung zeigt weiterhin, daß
in Mormonenfamilien weder ein besseres noch ein schlechteres Familienleben
herrscht als anderswo. Das gibt man natürlich nicht gern zu, weil
man ja eine so superiore Lehre hat, daß sich die Statistiken überschlagen
müßten. Tun sie aber nicht. Mormone oder nicht tut nichts zur
Sache, es gibt so und so gute und schlechte Familien. Also warum wird da
so ein Wirbel gemacht? Man unterstreicht halt, daß man der Beste
sein will.
Warum Tempel? Zum Glück gibt's auch Orte, wo man
Informationen bekommt. Außerdem versucht man immer darzustellen,
daß man für seine Vorfahren durch den Tempel geht. Aber das
ist die große Ausnahme. Meist empfängt man die Verordnungen
für die Vorfahren von irgend jemandem. Und "Liebe zu den Vorfahren"
könnte man auch durch "ständigen Druck durch Ermahnungen und
Schuldgefühle" ersetzen. Aber darauf basiert ja alles in der Kirche,
also warum extra erwähnen.
Erstaunlich, daß die Alleinstehenden
überhaupt Erwähnung finden. Wer unverheiratet und über 30
ist, wird in der Kirche ohnehin wie ein Ausgestoßener behandelt.
Denn es gibt keinen Platz für Singles in der angestrebten ewigen Erhöhung.
Und da bewahrheitet es sich wieder - die Familie steht im Vordergrund.
Aber eigentlich ist es ja gut so. Denn wer Familie hat, hat nicht mehr
so viel Zeit zum Denken und Studieren.
Ja, man erwähnt besser nicht, daß
Marketing das Hauptbetätigungsfeld von Gordon war, sonst wird noch
klar, warum er die Kirche so gut verkaufen kann. Mit jahrelanger Erfahrung
beim Kirchen PR ist das auch kein Wunder.
Die Mormonen-Institutionen schlagen sich förmlich
darum, Generalautoritäten Ehrentitel verleihen zu dürfen. Wen
wundert's da, daß die GA's mit derartigen Titeln überladen sind.
Waren vielleicht auch Geschichtsbücher unter den
von ihm editierten Büchern? Verwundern würde es nicht.
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